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Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Titel: Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
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kerzengerade hin. »Soll das heißen«, fragte er, »daß Sie hinter der Maske der geistigen Verwirrung die Situation – nicht daß ich sie im einzelnen verstünde – im Griff haben?«
    »So ist es. Der Schäfer macht mir Sorgen: der hat Sie gesehen. Aber wer weiß, vielleicht ist er ein echter Schäfer. In dem Falle würden die anderen gar nicht erfahren, daß Sie mit Ihrer Geschichte zu mir vorgedrungen sind. Dann glauben sie, sie können in Ruhe weiter warten. Gestern abend ging mir auf, was hier geschieht, und als ich am frühen Morgen einen Landstreicher traf, habe ich ihn mit einer Botschaft losgeschickt. Unser Entsatz – so kann man es wohl nennen – dürfte bis zum Abend hier sein. Bis dahin müssen wir Sie beide hier in der Hütte verbergen, und von Zeit zu Zeit mache ich einen Spaziergang und spiele den Irren. Ich hoffe übrigens, Sie verzeihen mir, daß ich Sie als Versuchskaninchen benutzt habe. Ich wünschte, Sie könnten mir vom Fenster aus zusehen, aber das können wir nicht riskieren. Ich laufe verzweifelt auf und ab und raufe mir die Haare. Der Inbegriff des fanatischen Wissenschaftlers, der mit seiner Arbeit nicht weiterkommt.« Orchard füllte den kleinen Raum mit einem tiefen, hohlen Lachen, das, fand Sheila, nicht ganz nach geistiger Gesundheit klang. Wie immer man die Worte des Mannes deuten wollte – daß er unter beträchtlichem Druck stand, war nicht zu übersehen.
    »Verstehe ich recht …« begann Hetherton.
    Aber Orchard hob die Hand. »Hören Sie, es ist zwar nicht wahrscheinlich, daß jemand nachsehen kommt. Aber trotzdem sind wir ein wenig leichtsinnig. Wir sollten still sein. Setzen Sie sich an den Kamin, nehmen Sie ein Buch, wenn Sie wollen, und ich mache uns inzwischen etwas Richtiges zu essen. Mein kleiner Spaziergang kann warten.«
    Sie frühstückten schweigend. Sheila, zunehmend schläfriger, versuchte den Überblick zu behalten. Der Feind wollte etwas in seinen Besitz bringen, das dieser exzentrische Wissenschaftler im Kopf hatte – oder besser gesagt das jetzt auf einem Umschlag auf dem Kaminsims über ihr stand. Und der Mann hatte eine merkwürdige Technik entwickelt, mit der er sie hinhielt. Und hatte nach Hilfe geschickt. Aber wenn sie erfuhren, daß es ihr und Hetherton gelungen war, sich zu ihrem Opfer durchzuschlagen? Dann würden sie doch gewiß … Sie blickte hinüber zu Orchard; er saß da und rauchte seine Pfeife, angespannt, doch scheinbar unbeteiligt. Ihr Blick wanderte zu Hetherton, der versonnen ins Feuer sah; vielleicht hatte sein Verstand die Flaute im dramatischen Geschehen genutzt und war zu den Überschwemmungen in Dabdab zurückgekehrt … Irgendwo im Cottage tickte eine Uhr – tickte, wie Uhren ticken, wenn sie untätige Zeit ausmessen. Belamy Mannering und der falsche Alaster: wie nahe waren sie? Von weit draußen im Moor kam der Ruf eines einsamen Vogels.
    Orchard sprang auf. »So«, sagte er, »ich mache mich auf den Weg. Und ich denke mir, es wäre kein schlechter Gedanke, wenn wir das Cottage sozusagen offen zur Inspektion ließen.« Er nahm den Umschlag vom Kamin und steckte ihn achtlos in die Tasche. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn Sie für ein Weilchen auf den Dachboden gingen? Hier steht die Leiter, und dort drüben ist die Falltür. Wenn Sie die Leiter mit nach oben nehmen und die Tür hinter sich schließen, wird jeder, der sich hier oberflächlich umsieht, die Hütte für leer halten. Und ich müsste es in einer Viertelstunde geschafft haben.«
    Sie stiegen auf den Dachboden und holten dann unter einigen Mühen die Leiter herauf. Es war nur ein niedriger Raum unter dem Strohdach und kühl nach der Wärme unten. Sheila hoffte nur, daß Orchard sich nicht von der Schönheit der Umstände gefesselt mehr Zeit als nötig ließ. Hetherton setzte sich und schwieg philosophisch; Sheila fand eine Lücke im Dach nahe der Traufe und spähte hinaus.
    Orchard war vor der Hütte stehengeblieben und stand im milden Morgenlicht, als könne er sich nicht für eine Richtung entscheiden, dann spazierte er in Schlängellinie davon. Sheila sah, wie er den Umschlag aus der Tasche nahm und, den Bleistift in der Hand, im Gehen darüber brütete. Einmal, noch einmal, blieb er stehen, dann ging er weiter; plötzlich zerknüllte er in seiner Verzweiflung den Umschlag, warf ihn in die Luft, fing ihn auf und steckte ihn wieder ein; er marschierte weiter, ein Bild des Jammers, und schwand aus ihrem Blickfeld.
    Gründlich … Sheila reckte ihre Glieder, die

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