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Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Titel: Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
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steif und noch immer müde waren. »Meinen Sie«, fragte sie, »es kommt wirklich jemand und sieht sich hier um?«
    »Psst!«
    Hetherton warnte sie gerade noch rechtzeitig, denn von unten kam ein Klicken, der Riegel der Tür, den jemand vorsichtig hob. Dann Schritte – leicht, zielstrebig, kompetent. Die Schritte von jemandem, der den Raum durchsuchte und der wußte, was er wollte. Eine Energie, die man selbst aus den gedämpften Lauten noch spürte, die durch die Decke kamen – eine seltsam beunruhigende Erfahrung. Und wer so tüchtig war, würde doch gewiß auch den Dachboden nicht übersehen? War es nicht in solchen Situationen üblich, daß jemand ein Husten oder Niesen nicht unterdrücken konnte? Sheila atmete mit äußerster Vorsicht … Und dann wieder das Klicken. Der Besucher war fort. Er konnte wohl nicht damit rechnen, daß Orchard lange fortblieb.
    Doch eine halbe Stunde verging, und Orchard war noch immer nicht zurück. Inzwischen war es unter dem Dach ein wenig wärmer geworden, aber man konnte nur mit Mühe seine Glieder recken. Wie lange hatten sie bei ihrem gemächlichen Frühstück gesessen? Lange, dachte Sheila, und vermutlich war es schon später Vormittag; ihre Uhr war stehengeblieben, und sie konnte nur raten. Aber es war ja gut, wenn die Zeit verging; sie mußten warten bis zum Abend, bis der Entsatz, den Orchard versprochen hatte, kam. Ein Landstreicher, hatte er gesagt; er hatte einen Landstreicher mit einer Botschaft ausgeschickt. Aber wohin? Es hatte vage geklungen …
    Sheilas Gedanken wurden von Stimmen unterbrochen, die von unten heraufkamen; zunächst leise, doch aufgeregte Stimmen, die sich bis zur Vehemenz steigerten, als die Haustür sich hinter ihnen geschlossen hatte. Jemand sagte etwas Unverständliches; dann kam Orchards Stimme. »Sie können sein, wer Sie wollen. Tatsache ist, daß Sie schon das zweite Dummkopfduo sind, das heute hier hereingestolpert kommt und mir meinen Tag durcheinanderbringt. Oben sind ein alter Mann und ein Mädchen. Und jetzt Sie. Aber nur zwei! Was hilft uns das? Begreifen Sie nicht, was für ein Esel ich war, als ich hier heraufgekommen bin? Daß diese Leute sich so viel von mir versprechen, daß sie eine kleine Armee hier draußen haben? Ich habe eine Botschaft nach Inverness geschickt. Was wir hier brauchen, ist ein Trupp Soldaten und ein Flugzeug am Himmel. Statt dessen schicken sie zwei Polizisten! He, ihr beiden« – er hob die Stimme zur Decke, das hieß, es galt wohl dem Dachboden –, »ihr könnt jetzt runterkommen.«
    Und hinunter kamen sie, zuerst Sheila. Sie sah einen jungen Mann, der sich die Hände am Feuer wärmte. » Ich bin kein Polizist«, sagte er gerade in freundlichsten Tönen. »Aber Appleby, der schon.«
    »Appleby!« rief Hetherton von hinten. »Ich habe mir doch gedacht, daß der arme Philip Ploss Sie noch hier heraus bringen wird. Wir haben den geheimnisvollen Garten gefunden – der Garten ist Mr.   Orchard.« Hetherton hielt inne. »Und Sie sehen selbst, er ist ein lieblich Ding, weiß Gott.«
    Auf das Dichterwort folgte verlegenes Schweigen. Der Mann, der offenbar Appleby war, brach es. »Wir sollten uns zusammensetzen«, sagte er, »und in Ruhe reden.« Er wandte sich an Sheila. »Sie sind Miss Grant? Ich bin von Scotland Yard. Sie waren wunderbar. Und mit etwas Glück haben wir es fast überstanden.« Sheila sah, daß sein Blick schon zu Hetherton weitergewandert war, als wäre er in Gedanken bei etwas, das sie beide betraf. »Mackintosh und ich«, sagte er, »sind zwar kein Trupp Soldaten. Aber wir sind doch immerhin etwas.«
    »Na, wenigstens sind Sie ungesehen hergekommen«, sagte Orchard. »Wir müssen nur abwarten, das gilt auch weiterhin.« Er holte den zerknüllten Umschlag aus der Tasche, strich ihn glatt und stellte ihn wieder an seinen Platz auf dem Kaminsims. »Wir bleiben hier sitzen und passen auf die Formel auf – und warten, bis entweder Ihre Leute kommen oder meine aus Inverness. Ich wüßte ja gern, wie Sie vier mich gefunden haben.« Er wandte sich an Appleby. »Sie wußten auf Anhieb, wer ich war – was hat Sie darauf gebracht?«
    Appleby hatte sich in dem Zimmer umgesehen, mit einem Blick, der Sheila faszinierte; doch als er jetzt auflickte, waren seine Augen, was sie beunruhigend fand, ausdruckslos. »Wie ich Sie erkannt habe, Mr.   Orchard? Oh, nach dem Foto, nur nach dem Foto.«
    »Also ich finde das alles reichlich merkwürdig. Ich denke, wir sollten wirklich unsere Geschichten erzählen.

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