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Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen

Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen

Titel: Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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Richtige für eine Nachzüglerin wie mich, die im allerletzten Moment in die Namensliste eingetragen wurde.
    Mrs Nightwing streicht mit einem Finger über die Schreibtischplatte und runzelt missbilligend die Stirn, als sie den Staub darauf entdeckt. »Natürlich geben wir jenen Mädchen den Vorzug, die schon lange bei uns sind«, sagt sie gewissermaßen entschuldigend in Bezug auf mein ne u es Zuhause. »Aber ich bin sicher, Sie werden Ihr Zimmer heiter und zweckdienlich finden. Vom Fenster hier hat man einen herrlichen Blick.«
    Sie hat recht. Ich trete ans Fenster und sehe den vom Mondlicht überfluteten Rasen, die Gärten, die Kapelle auf dem Hügel und einen Wall von Bäumen.
    »Die Aussicht ist wunderschön«, sage ich und ve r suche, sowohl heiter als auch zweckdienlich zu kli n gen.
    Das gefällt Mrs Nightwing und entlockt ihr ein Lächeln. »Sie teilen das Zimmer mit Ann Bradshaw. Ann ist sehr hilfsbereit. Sie ist eine unserer Stipend i atinnen.«
    Stipendiatin – das ist eine hübsche Umschreibung für »Wohltätigkeitsempfängerin«, ein armes Mä d chen, das von einem entfernten Verwandten ins I n ternat gesteckt wurde oder von einem der Gönner des Instituts ein Stipendium erhalten hat. Anns Steppd e cke ist fest gespannt und glatt wie Glas und ich frage mich, aus was für Verhältnissen sie stammt und ob wir uns gut genug verstehen werden, dass sie mir d a von erzählen will.
    Der Kleiderschrank steht offen. Eine Uniform hängt da r in –ein geraffter weißer Rock; eine weiße Bluse mit Spi t zeneinsätzen entlang der Verschlus s kante und Puffärmeln, die sich zu den angesetzten Manschetten hin verjüngen; weiße Schnürstiefel; ein dunkelblaues Samtcape mit Kap u ze.
    »Sie können sich jetzt für die Abendandacht umziehen. Ich lasse Ihnen einen Augenblick Zeit.« Sie macht die Tür zu und ich schlüpfe in die Uniform und schließe die vielen kleinen Knöpfe. Der Rock ist zu kurz, aber sonst passt sie.
    Mrs Nightwing betrachtet missbilligend die klaffende Lücke unter dem Saum. »Sie sind ziemlich groß.« Genau das, woran ein Mädchen gern erinnert wird. »Wir werden Brigid bitten, eine Rüsche dra n zunähen.« Sie wendet sich um und ich folge ihr hi n aus.
    »Wohin führt diese Tür dort?«, frage ich und zeige auf den im Dunkeln liegenden Teil auf der anderen Seite, wo zwei schwere, durch ein großes Schloss gesicherte Türfl ü gel zu erkennen sind. Es ist die Art von Schloss, um Leute am Eintreten zu hindern. Oder um etwas dahinter zu ve r bergen.
    Mrs Nightwings Brauen ziehen sich zusammen, ihre Lippen werden schmal. »Das ist der Ostflügel. Er wurde vor Jahren durch ein Feuer zerstört. Wir benutzen ihn nicht mehr und sperren ihn deshalb ab. Um Heizkosten zu sp a ren. Kommen Sie weiter.«
    Sie rauscht an mir vorbei. Ich will ihr folgen, doch dann s chaue ich noch einmal zurück, mein Blick fällt auf den Spalt am Boden der versperrten Tür, wo ein schmaler Lichtschein blitzt. Mag sein, dass es an der späten Stunde liegt und an der langen Reise oder der Tatsache, dass ich mich daran gewöhne, Dinge zu sehen, doch ich könnte schwören, dass ich unter der Tür einen Schatten wahrne h me, der sich bewegt.
    Nein. Fort mit dir.
    Ich muss mich in den Griff bekommen. Also schließe ich die Augen und rede mir selbst beschw ö rend zu.
    Da ist nichts. Ich bin müde. Ich werde die Augen aufm a chen und da ist nichts weiter als eine Tür.
    Ich schaue dorthin und da ist nichts.

5. Kapitel
     
    I m Marmorsaal sind ungefähr fünfzig Mädchen versa m melt, alle in ihren Samt capes. Stimmen gemurmel, unte r brochen durch gelegentliches Gekicher oder Gelächter, hallt von der hohen Decke wider. Glockengeläut verkündet, dass es Zeit ist, das Schulgebä u de zu verlassen und den Hügel hinauf zur Kapelle zu g e hen.
    Ich blicke mich verstohlen um, ob ich ein paar Schül e rinnen in meinem Alter entdecke. Ganz vorne in der Schlange ist eine kleine Gruppe von Mädchen, die wie sechzehn oder siebzehn aussehen. Sie st e cken die Köpfe zusammen und lachen. Eine von i h nen ist unglaublich schön, mit dunkelbraunem Haar und einem elfenbeinfarb e nen Gesicht. Sie ist wohl das schönste Mädchen, das ich je gesehen habe. Da sind noch drei andere, die sich irgendwie gleichen –alle sehr gepflegt, mit aristokratischen Nasen, jede von ihnen trägt einen kostbaren Kamm oder eine Br o sche, um trotz der Schuluniform ihren Stand zu betonen.
    Eins der Mädchen fällt mir besonders auf. Sie scheint anders zu sein. Ihr

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