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Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen

Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen

Titel: Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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Worte verächtlich betonend. Will heißen: Vergiss nicht, dass du nicht derse l ben Klasse ang e hörst und demnach nicht erwarten kannst, gleich b e handelt zu werden. »Du wurdest gewarnt.«
    »Schön, Sie kennengelernt zu haben, Miss Doll «, sagt sie, während sie sich bei der Brünetten einhängt, die im Vorbeigehen gegen meine Schulter stößt.
    »Tut mir schrecklich leid«, sagt diese und biegt sich vor Lachen. Wenn ich ein Mann wäre, würde ich sie verpr ü geln. Aber ich bin kein Mann. Ich bin hier, um eine feine Dame zu werden. Egal, wie sehr es mich schon anwidert.
    »Komm«, sagt Ann mit zitternder Stimme, sobald sie weg sind. »Zeit zu beten.« Ich weiß nicht, ob sie das auf die Situation bezieht oder in erster Linie auf sich selbst.
     

     
    Wir treten in die stille, dunkle Kapelle ein und ste u ern auf die Bänke zu. Unsere Schritte hallen auf dem Marmorb o den. Das Deckengewölbe aus Holzbalken ragt gut fünf M e ter hoch über uns auf. Kandelaber reihen sich an den Se i tenwänden des Innenraums a n einander und werfen lange Schatten auf die hölzernen Kirchenstühle. Bunte Glasfen s ter filtern das Licht, farbenprächtige Anpreisungen Gottes, ländliche Szenen mit Engeln, die Dinge tun, wie E n gel sie eben tun –Dorfleute besuchen, ihnen gute Nachric h ten überbringen, Schafe hätscheln, Babys wiegen. Ein selts a mes Tafelbild zeigt ein abgetrenntes Gorgonenhaupt, n e ben dem ein gepanzerter Engel steht und ein bluttri e fendes Schwert schwingt. Ich kann mich nicht erinnern, diese merkwürdige Bibelgeschichte schon einmal gehört zu h a ben –und ich bin auch nicht wirklich darauf erpicht. Es ist ziemlich grausig, also we n de ich meine Aufmerksamkeit dem Altar zu, wo ein Pfarrer steht, lang und dünn wie eine Vogelscheuche.
    Der Pfarrer, Reverend Waite, spricht Gebete, die alle mit »O Herr« beginnen und damit enden, dass wir irgendwie nicht würdig sind –Sünder, die immer Sünder gewesen sind und immer Sünder bleiben werden, bis wir sterben. Nicht gerade die optimi s tischste Aussicht. Aber immerhin werden wir erm u tigt, in unseren Anstrengungen nicht nachzulassen.
    Ich muss Ann und die anderen beobachten, um zu wi s sen, wann ich niederknien und wann ich wieder aufstehen soll und wann ich zum Lobgesang den Mund zu bewegen habe. Meine Familie ist auch an g likanisch, aber in Indien sind wir nur selten in die Kirche gegangen. An den Son n tagen nahm mich meine Mutter zu Picknicks unter dem glühenden, wolkenlosen Himmel mit. Wir saßen auf D e cken und lauschten dem Wind, der über das trockene Land fe g te und uns um die Ohren pfiff.
    »Dies ist unsere Kirche«, pflegte meine Mutter zu sagen, während sie mit den Fingern mein Haar durchkämmte.
    Mein Herz schlägt ungerührt in meiner Brust, während meine Lippen Worte formen, die ich nicht empfinde. Mu t t er sagte immer, die meisten Englä n der beteten nur dann mit Herz und Seele, wenn sie von Gott etwas wollten. Was ich mir von Gott am meisten wünsche, ist, dass meine Mu t ter zu mir z u rückkommt. Das ist nicht möglich. Wenn es das w ä re, würde ich Tag und Nacht beten, zu welchem Gott auch immer.
    Der Pfarrer setzt sich und Mrs Nightwing erhebt sich. Ann stöhnt leise, kaum hörbar. »O nein. Sie wird eine Rede halten.«
    »Macht sie das bei jeder Abendandacht?«, frage ich.
    »Nein«, sagt Ann und wirft mir von der Seite e i nen Blick zu. »Sie tut das deinetwegen.«
    Plötzlich fühle ich sämtliche Augenpaare auf mich g e richtet. Fein, das wird mich bei allen auf Anhieb beliebt machen.
    »Meine Damen«, beginnt Mrs Nightwing. »Wie Sie wi s sen, genießt Spence seit zwanzig Jahren den Ruf als eines der besten Mädchenpensionate von England. Während es unsere Aufgabe ist, Sie die n ö tigen Kenntnisse zu lehren, um Englands zukünftige Ehefrauen und Mütter zu werden, ist es an Ihnen, Ihre Seelen zu stärken und sich Grazie, Charme und Schönheit zu erwerben. Denn dies ist das Mo t to von Spence: Grazie, Charme und Schönheit. Wir wollen uns erheben und es alle gemeinsam sagen.«
    Es knistert und raschelt, als fünfzig Mädchen stram m stehen und das Gelübde sprechen. »Danke. Sie können sich wieder setzen. Diejenigen von I h nen, die dieses Jahr zu uns zurückgekehrt sind, sollen beispielgebend für die anderen sein. Von jenen, die neu zu uns gekommen sind« –Mrs Nightwing l ässt ihren Adlerblick durch die Kapelle wa n dern, bis sie mich neben Ann erspäht –»erwarten wir nichts w e niger, als dass sie ihr

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