Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen

Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen

Titel: Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
Vom Netzwerk:
leeren, r e signierten Augen. »Versucht nicht gar so fröhlich dreinzublicken. Das ist ni e derschmetternd.«
    Eine Staubschicht hat sich auf den Bildern niedergela s sen. Ich wische sie mit kreisenden Bewegungen meiner Finger k uppe fort und lege die körnigen G e sichter bloß. Sie schauen in eine Zukunft, die ihre Geheimnisse nicht prei s gibt. Sind sie je nachts in den dunklen Wald geschlichen? Haben sie Whiskey g e trunken und auf Dinge gehofft, die sie nicht in Worte fassen konnten? Haben sie Freundscha f ten und Feindschaften geschlossen, ihre Mütter betrauert, Dinge gesehen und gefühlt, über die sie keine Ko n trolle hatten?
    Zwei von ihnen haben es getan, so viel weiß ich. Sarah und Mary. Warum habe ich bisher nie daran gedacht, sie an dieser Wand zu suchen? Sie müssen hier sein. Schnell überfliege ich die am unteren Rand der Bilder gekritzelten Daten: 1870, 1872,1873, 1874 …
    Es gibt kein Klassenfoto aus dem Jahr 1871.
     

     
    Ich finde die anderen im Speisesaal. Nach diesem aufr e genden Nachmittag hat sich Mrs Nightwing u n ser erbarmt und der Köchin auftragen lassen, einen zweiten Vanill e pudding zuzubereiten. Gierig schlinge ich die süße, crem i ge Nachspeise hinunter.
    »Du meine Güte«, mahnt Mrs Nightwing. »Wir sind nicht beim Wettrennen, Miss Doyle. Bitte essen Sie lan g samer.«
    »Ja, Mrs Nightwing«, sage ich kleinlaut.
    »Nun, worüber wollen wir uns unterhalten?«, fragt Mrs Nightwing im milden Ton einer Großmutter, die die N a men unserer Lieblingspuppen erfahren möc h te.
    »Stimmt es, dass wir nächste Woche Lady Wellstones spiritistische Vorstellung besuchen werden?«, fragt Mar t ha.
    »Ja, das ist richtig. Auf der Einladung steht, dass es ein echtes Medium geben wird – eine Madame Romanoff.«
    »Meine Mutter hat an einer spiritistischen Seance teilg e nommen«, sagt Cecily. »Das ist jetzt sehr m o dern. Sogar Königin Viktoria glaubt daran.«
    »Meine Cousine Lucy, das heißt Lady Thomton«, b e richtigt sich Martha selbst, um uns daran zu eri n nern, was für eine namhafte Verwandtschaft sie hat, »erzählte mir von einer Vorstellung, die sie besucht hat, wo sich ein Glas vom Tisch erhob, als würde es jemand in der Hand ha l ten ! « Sie gibt den letzten Worten einen geheimnisvollen Unterton, um die ric h tige Dramatik zu erzielen.
    Felicity rollt mit den Augen. »Warum gehen sie nicht einfach zu den Zigeunern, um sich wahrsagen zu lassen?«
    »Die Zigeuner sind schmutzige Diebe, die nur auf dein Geld aus sind – wenn nicht Schlimmeres ! «, sagt Martha verächtlich.
    Elizabeth beugt sich zu ihr, falls noch pikantere Einze l heiten nachkommen sollten. Mrs Nightwing stellt ihre Ta s se etwas heftig nieder und wirft Martha einen warnenden Blick zu. »Miss Hawthorne, bitte mäßigen Sie sich.«
    »Ich meinte nur, dass die Zigeuner nichts anderes als Schwindler und Betrüger sind. Wohingegen Sp i ritismus eine echte Wissenschaft ist, die von ehre n werten Personen ausgeübt wird.«
    »Es ist eine vorübergehende Modeerscheinung, die schon im Abklingen ist. Nichts weiter«, sagt Felicity gä h nend.
    »Ich bin sicher, es wird ein sehr unterhaltsamer Abend«, sagt Mrs Nightwing versöhnlich. »Auch wenn ich für so l chen Unsinn ehrlich gesagt nichts übrig habe, ist Lady Wellstone in der Tat eine Frau von untadeligem Charakter und eine der größten Wohltäterinnen von Spence, und ich habe keinen Zweifel daran, dass Ihr Ausflug mit Mademo i selle LeFarge in gewisser Weise … der Wohltätigkeit di e nen wird.«
    Eine Weile nippen wir schweigend an unserem Tee. Die meisten der jüngeren Mädchen sind schon flüsternd und kichernd hinaus geschwärmt. Ich kann das anschwellende Gesumm ihrer Stimmen von u n ten aus dem Marmorsaal hören. Cecily und ihre Clique entschuldigen sich gelan g weilt und lassen uns allein mit Mrs Nightwing zurück.
    »Mrs Nightwing.« Ich mache eine Pause, all me i nen Mut zusammennehmend. »Es ist merkwürdig … auf dem Flur gibt es kein Klassenfoto aus dem Jahr 1871.«
    »Nein, es gibt keines«, sagt sie in ihrer üblichen knappen Art.
    »Ich habe mich gefragt, warum wohl.« Ich bem ü he mich, harmlos zu klingen, aber mein Herz klopft mir bis zum Hals.
    Mrs Nightwing sieht mich nicht an. »Das war das Jahr des großen Feuers im Ostflügel. Es gab keine Fotografie. Aus Respekt vor den Toten.«
    »Den Toten?«, frage ich.
    »Die zwei Mädchen, die im Feuer umgekommen sind.« Sie schaut mich an, als sei ich nicht ganz hell im Kopf.
    Wir sitzen

Weitere Kostenlose Bücher