Der geheime Zirkel 02 - Circes Rueckkehr
trinken. Mit Mrs Bowles im Schlepptau machen wir uns auf den Weg , untergehakt und aufgeregt flüsternd.
»… und dann sagte sie , ich sei viel zu jung , um ein Kleid mit einem so tiefen Ausschnitt zu tragen , und wenn sie g e wusst hätte , dass ich sie in aller Öffentlichkeit so beschämen würde , hätte sie mir gar nicht erlaubt zu kommen , und das blaue Kleid ist ruiniert …«, sprudelt Felicity heraus.
»Sie ist nicht böse auf mich , oder?« , fragt Ann mit sorge n voller Miene. »Hast du ihr gesagt , dass ich versucht habe , es dir auszureden?«
»Keine Angst. Auf dich fällt kein Schatten. Außerdem hat Vater mich verteidigt und Mutter hat sofort klein beigegeben. Sie würde es nie mit ihm aufnehmen …«
Vom Ballsaal führt eine weit geöffnete Tür in einen Raum , in dem Erfrischungen serviert werden. Wir schlü r fen unsere Limonade , die angenehm kühl ist. Trotz der winterlichen Kä l te ist uns warm vom Tanzen und vor Aufregung. Ann wirft ängstliche Blicke in den Saal. Als die Musik wieder einsetzt , sucht sie nervös nach ihrer Tanzkarte.
»Ist das die Quadrille?«
»Nein« , sage ich. »Es hört sich nach einem weiteren Wa l zer an.«
»Oh , Gott sei Dank. Tom hat mich um die Quadrille geb e ten. Ich will sie nicht verpassen.«
Felicity ist einen Moment sprachlos. »Tom?«
Ann strahlt. »Ja. Er hat gesagt , er möchte alles über meinen Onkel und über meine adelige Herkunft erfa h ren. Oh Gemma , glaubst du , dass er mich gernhat?«
Was haben wir getan? Was passiert , wenn der Schwindel auffliegt? Mir wird mulmig bei dem Gedanken. »Hast du ihn richtig gern?«
»Sehr. Er ist so … anständig.«
Ich verschlucke mich fast an der Limonade.
»Wie steht ’ s mit dir und Mr Middleton?« , fragt Felicity.
»Er ist ein sehr guter Tänzer« , sage ich. Ich muss sie ei n fach auf die Folter spannen.
Felicity schnippt neckisch mit ihrer Tanzkarte. »Das ist a l les , was du zu sagen hast? Dass er ein guter Tänzer ist?«
»Erzähl« , drängt Ann. Mrs Bowles hat uns entdeckt. Jetzt schleicht sie sich an , in der Hoffnung , etwas von unserem Gespräch , einen Hauch von Skandal aufz u schnappen.
»Oje , ich habe einen Riss in meinem Kleid« , sage ich.
Ann verbiegt sich , um meinen Rock von allen Seiten zu b e trachten. »Wo? Ich sehe keinen.«
Felicity hat begriffen. »Oh ja. Wir müssen sofort in die Garderobe. Eins von den Dienstmädchen kann es richten. Entschuldigen Sie uns , Mrs Bowles!«
Bevor unsere Anstandsdame ein Wort sagen kann , en t führt uns Felicity eine Treppenflucht hinunter in einen kleinen Wintergarten.
»Also?«
»Er ist reizend. Es ist , als würde ich ihn schon mein ganzes Leben lang kennen« , sage ich.
»Aus mir macht er sich nicht viel« , sagt Felicity.
Weiß sie , was er über sie gesagt hat? Ich werde schamrot bei dem Gedanken , um wie viel energischer ich sie hätte ve r teidigen können. »Warum sagst du das?«
»Er wollte mir den Hof machen. Letztes Jahr habe ich ihm einen Korb gegeben und das hat er mir nie verzi e hen.«
Mir ist , als hätte ich einen Tritt bekommen. »Ich hab g e dacht , du interessierst dich nicht für Simon?«
»Ja , genau. Ich empfinde nichts für ihn. Du hast mich nicht gefragt , ob er sich etwas aus mir macht.«
Meine hochgestimmten Gefühle sind auf den Grund meines Magens gesunken , wie Konfetti , das über eine Tanzfläche verstreut ist. Hat Simon sich die ganze Zeit nur deshalb um mich bemüht , um Felicity eins auszuw i schen? Oder macht er sich wirklich etwas aus mir?
»Ich glaube , wir sollten in den Ballsaal zurückkehren« , sage ich und mache mich auf den Weg in den ersten Stock. Ich gehe schneller als nötig , hauptsächlich um einen A b stand zwischen Felicity und mich zu legen. Ich habe keine Lust , mich gleich unter die fröhliche Menge zu mischen. Ich brauche einen M o ment , um mich zu sammeln. Am anderen Ende des Saales b e finden sich zwei französische Türen , die auf einen kleinen Ba l kon führen. Ich schlüpfe hinaus und starre in die Weite des H y de Parks. In den kahlen Bäumen sehe ich Felicity , verführ e risch in ihrem tief ausgeschnittenen Kleid , und mich , das hoch aufg e schossene Ding , das versucht , sich herauszuputzen; das Mä d chen , das von Visionen geplagt wird. Fel i city und Simon. Sie könnten zusammen ein unkompliziertes Leben führen. Sie w ä ren schön und elegant und wü r den auf Reisen gehen. Würde sie seine hintergründigen Späße verstehen? Würde er überhaupt so
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