Der geheime Zirkel 02 - Circes Rueckkehr
Geräusch und Bewegung. Das Geraschel der ste i fen Röcke der Damen verfließt mit den Grün- , Blau- , Silber-und Rottönen ihrer juwelengeschmückten Leiber. Sie biegen sich schwankend ihren Herren entgegen , wie Spiegelbilder , die sich küssen und zerplatzen , sich küssen und zerplatzen.
Meine Augen fühlen sich feucht und schön an. Mein Mund ist reif wie eine Sommerfrucht und ich kann nicht anders , als allwissend zu lächeln , ohne auch nur ein bisschen dieses Wi s sens festhalten zu können. Simon findet mich. Ich höre mich einwilligen , mit ihm zu tanzen. Wir mischen uns unter die sich drehenden Paare. Ich schw e be. Simon Middleton ist der bezauberndste Mann , den ich je gekannt habe. Ich möchte ihm das sagen , aber es kommt kein Wort heraus. Alles ve r schwimmt vor meinen Augen , der Ballsaal hat sich in einen mystischen Reigen tanzender Derwische verwa n delt , deren weiße Kittel wirbeln wie der erste Schnee im Winter , während die hohen roten Hüte auf ihren anm u tig kreisenden Köpfen der Fliehkraft trotzen. Aber ich weiß , dass ich das nicht sehen kann.
Mit Mühe schließe ich meine Augen , um Klarheit zu g e winnen. Als ich sie wieder öffne , sind da die Tanzpa a re , deren Hände sich federleicht im Walzer zusamme n fügen. Über ihre daunenweißen Schultern hinweg ve r ständigen sich die Damen durch leises Nicken und stumme Blicke –»Das Thetford-Mädchen und der Junge von den Roberts sind ein ausgezeic h netes Paar , finden Sie nicht?« So werden im Dreivierteltakt Schicksale besi e gelt , Weichen für die Zukunft gestellt , im zauberischen Glanz des Kronleuchters , der diamantharte Prismen aus Licht wirft und alles in einen Widerschein von kalter Schönheit taucht.
Der Tanz ist zu Ende , Simon führt mich von der Tanzfl ä che. Mir ist schwindlig und ich taumle leicht. Meine Hand sucht nach irgendeinem Halt und findet die breite Fläche von Simons Brust. Meine Finger krallen sich um die weißen Bl ü tenblätter der Rose an seinem Aufschlag.
»Ganz ruhig , Miss Doyle. Was ist mit Ihnen? Sind Sie in Ordnung?«
Ich lächle. Oh ja , d urchaus. Ich kann nicht sprechen und spüre meinen Körper nicht , a ber ich fühle mich absolut wu n derbar. Bitte lassen Sie mich hier. Ich lächle. Blüte n blätter lösen sich , kreiseln in sanftem Reigen zu Boden. Mein Han d schuh ist von den klebrigen Resten der Rose befleckt. Mir ist nicht ganz klar , wie das passiert ist oder was ich jetzt tun soll. Ich finde das alles so unbeschreiblich komisch , dass ich l a chen muss.
»Ganz ruhig …«, sagt Simon und verstärkt ein wenig den Druck um mein Handgelenk. Der Schmerz bringt mich wieder etwas zur Besinnung. Simon führt mich an den großen Far n pflanzen in der Nähe der Eingangstür vorbei und hinter einen dekorativen zusammenklappb a ren Wandschirm. Durch die Rillen kann ich Bruchstücke des Ballsaals vorüberfliegen sehen. Hier sind wir vorerst verborgen , könnten jedoch jede r zeit entdeckt werden. Ich sollte beunruhigt sein , bin es aber nicht. Es kümmert mich nicht.
»Gemma« , sagt Simon. Seine Lippen streifen mich knapp unter meinem Ohrläppchen. Sie ziehen eine feuchte Spur zu meinem Halsausschnitt hinunter. Mein Kopf ist warm und schwer. Alles in mir fühlt sich reif bis zum Zerplatzen an. Der Raum führt noch immer seinen wirbelnden Lichtertanz auf , aber die Geräusche des Fe s tes sind gedämpft und weit weg. Simons Stimme ist es , die in mich einsickert.
»Gemma , Gemma , du bist ein Zaubertrank.«
Er presst sich an mich. Ich weiß nicht , ist es der Absinth oder etwas Stärkeres , irgendetwas , was ich nicht beschreiben kann , aber in mir versinkt etwas und ich möchte nicht , dass es aufhört.
»Komm« , flüstert er. Seine Stimme hallt in meinem Kopf wider. Er nimmt meinen Arm und zieht mich mit sich , als gingen wir zum Tanzen. Stattdessen führt er mich aus dem Ballsaal und die Treppe hinauf , fort vom Fest. Er bringt mich in eine kleine Dachkammer , das Dienstmädchenzimmer , de n ke ich. Der Raum ist zie m lich dunkel , nur von einer Kerze erhellt. Es ist , als hätte ich keinen eigenen Willen. Ich sinke a uf das Bett und wundere mich , wie meine Hände im Kerze n licht auss e hen , irgendwie so , als gehörten sie mir nicht. Simon sieht mich auf meine Hände starren. Er beginnt meinen Han d schuh aufzuknöpfen. An der Öffnung küsst er die pulsiere n den blauen Äderchen.
Ich will ihm sagen , er soll aufhören. Der Absinthnebel lic h tet sich ein wenig. Ich bin
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