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Der Geheimnistraeger

Der Geheimnistraeger

Titel: Der Geheimnistraeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kanger
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haben Schlösser mit Zahlencode.«
     
    Zehn Minuten später stand Møller auf der Straße vor dem Hotel. Er hatte noch mehrere Fragen über Rocca gestellt. Sie hatte alles klar und deutlich beantwortet. Møller nahm sich vor, sich nie mehr über junge Menschen zu ärgern, die Kaugummi kauten.

    Er blieb eine Weile stehen und erwog, wieder zurückzugehen. Irgendetwas an der Geschichte stimmte nicht. Er bezweifelte nicht, dass das Mädchen in jeder Hinsicht die Wahrheit gesagt hatte, aber irgendetwas stimmte nicht. Er kam nur nicht drauf, was.
    Ich fange schon an, abergläubisch zu werden, dachte er. Intuition und Mutmaßungen waren nicht sein Stil. Er schob den Gedanken beiseite, drehte sich um und ging zu seinem Auto zurück.
     
    Dreißig Kilometer nördlich von Malmö verließ ein Mann mit kurzgeschnittenem Haar mit einer Tasche sein Haus. Er schloss die Tür des Wohnhauses hinter sich ab. Die Tasche warf er in den Kofferraum seines alten Opels. Dann ging er zum Taubenschlag und öffnete alle Klappen. Zwei der Tauben kamen durch die Öffnungen. Der Mann folgte ihnen mit dem Blick. Sie flogen über einen Flachsacker Richtung Süden.
    Er setzte seine Sonnenbrille auf und stieg ins Auto. Eine Staubwolke wurde aufgewirbelt, als er den Bauernhof verließ.

60. Kapitel
    Immer mehr Menschen kehrten nach Korsør und in ihre Häuser zurück. Die Gemeindeverwaltung versuchte Tatkraft zu demonstrieren, indem sie Krisenberatungsstellen in Schulen und Kirchen einrichten ließ. Die Läden in der Fußgängerzone hatten wieder geöffnet. Hier unterhielt man sich leise oder lautstark über das, was der Bevölkerung widerfahren war. Alle hatten eine Meinung, aber die Fragen nach Schuld und Verantwortung ließen sich nicht durch einfache Zuweisungen beantworten. Die Terroristen waren böse, aber warum hatte sich das Böse ausgerechnet gegen die Menschen in Korsør gerichtet? Ein Abgrund hatte sich zwischen ihrem gewohnten Leben und der Zukunft aufgetan.
    Manche Leute blieben in ihren provisorischen Flüchtlingsunterkünften. Die Stadt kam ihnen noch nicht sicher vor. Vielleicht würde sie nie mehr sicher werden.
     
    Vincent Paulsen schaute auf den Tisch. Die Anschuldigungen schienen in die Platte geritzt zu sein. So fühlt man sich also dabei, dachte er. Aber bin ich schuldig?
    Ihm gegenüber saßen Terfig und einer seiner Kollegen vom PET. Derselbe große Mann, der Paulsen bereits zuvor befragt hatte. Terfig beugte sich vor und schaltete ein Tonbandgerät ein.
»Das hier ist kein formelles Ermittlungsverfahren, Paulsen«, sagte er. »Aber wir müssen herausfinden, worin Ihre Kontakte zu Lydia Tamaradze bestehen.«
    Vincent schaute die beiden Männer an.
    »Dazu ist nicht mehr zu sagen als das, was ich bereits gesagt habe«, antwortete er. »Sie ist eine Freundin meiner Schwester Karoline. Ich wusste nicht einmal, wie Lydia mit Nachnamen heißt. Sie wohnte eine Zeitlang in dem Sommerhaus, das wir gemeinsam besitzen, da sie keine Wohnung hatte. Dann ist sie nach Korsør gezogen. Ich habe sie nur einige wenige Male getroffen und einige wenige Male mit ihr telefoniert.«
    »Wussten Sie, dass sie sich illegal im Land aufhält?«
    »Das ist mir nach einiger Zeit klargeworden. Das war auch der Grund, warum sie aus dem Sommerhaus ausgezogen ist.«
    »Warum haben Sie diese Straftat nicht angezeigt?«, fragte Terfig.
    »Ich glaubte und hoffte, dass sie das Land verlassen würde«, erwiderte Vincent.
    »Glaubte?«
    »Karoline …«, sagte Vincent und starrte wieder auf die Tischplatte. »Ich wollte meine eigene Schwester nicht anzeigen. «
    Terfig nickte. »Das könnte Probleme geben, Paulsen.«
    Vincent antwortete nicht.
    »Sie behaupten also, dass Sie nicht wussten, dass sie sich in Korsør aufhielt?«, sagte Terfig.
    »Ich wusste nicht, wo sie sich befand. Das habe ich erst erfahren, als sie es mir am Telefon erzählt hat«, sagte Vincent. »Das war an demselben Morgen, an dem die Besetzung begann.«
    Er merkte, dass ihm die Lüge auf der Zunge brannte. Er bekam einen ganz trockenen Mund. Er musste um ein Glas Wasser bitten.

    »Warum haben Sie sie ausgerechnet an diesem Morgen aus Italien angerufen?«
    »Das war reiner Zufall.«
    Die beiden PET-Leute beugten sich gleichzeitig vor.
    »Verscheißern können wir uns selbst, Paulsen«, sagte Terfig. »Lydia Tamaradze befand sich in Korsør, in einer Stadt, die von Terroristen eingenommen worden war. Sie riefen sie an, weil Sie wussten, dass sie sich dort befand.«
    »Nein«, sagte

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