Der Geheimnistraeger
genug.«
»Das stimmt«, sagte Terfig. »Es gibt aber noch etwas.« Er wandte sich an Skov, als wolle er ihm das Wort erteilen.
»Kennst du Vincent Paulsen?«, sagte Skov. »Einen meiner Ermittler?«
»Ich weiß, wer das ist«, erwiderte der Reichspolizeichef.
»Gestern Morgen hat jemand von dem Telefon, das in Lydia Tamaradzes Wohnung steht, bei Paulsen angerufen. Das fiel den Leuten auf, die die Telefongespräche aus Korsør überwachten. «
»Lydia Tamaradze hatte Kontakt zu Paulsen ?«, rief Henning. »Zu unserem Paulsen? Könnte ihn nicht jemand anderes angerufen haben?«
»Wir haben ihn gefragt. Er sagte, es sei eine Freundin seiner Schwester gewesen. Und dass sie Lydia heiße.«
»Was …?« Thord Henning erhob sich von seinem Stuhl und begann, in seinem Büro auf und ab zu gehen.
»Wir haben überprüft, welche Nummern Vincent Paulsen von seinem Diensthandy aus angerufen hat«, sagte Terfig. »Es zeigt sich, dass er mehrmals ein Handy angerufen hat, das in Tamaradzes Wohnung gefunden wurde. Die Gespräche fanden
statt, bevor die Terroristen die Stadt angegriffen hatten, und liefen über einen Sendemast in Korsør. Es besteht also kein Zweifel daran, dass er sie kennt und dass sie sich seit mindestens zwei Monaten in der Stadt aufgehalten hat.«
»Das wird ja immer verrückter«, sagte Henning. »Paulsen hatte also Kontakt zu Lydia Tamaradze wenige Stunden nachdem der Panzerwagen zerstört wurde und nachdem sie einen der Terroristen erschossen hatte, wenn diese Angaben stimmen. Hatte er Kenntnis von dem, was sie tat?«
»Das wissen wir nicht«, sagte Skov. »Er sagt nur, dass er sie kaum kennt. Ausführlichere Erklärungen haben wir nicht erhalten. «
»Was noch schlimmer ist«, sagte Terfig, »ist, dass Paulsen Lydia Tamaradze am Samstag aus Italien anrief, wenige Stunden, nachdem die Besetzung begonnen hatte.«
»Und das war, kurz nachdem es ihm geglückt war, Paolo Rocca als das Mordopfer vom Rådhuspladsen zu identifizieren«, ergänzte Skov.
»Kannst du bitte aus all dem eine Schlussfolgerung ziehen, Skov«, sagte der Reichspolizeichef.
»Leider scheint alles zusammenzuhängen. Wir haben die ganze Zeit geglaubt, dass es sich bei dem Mord auf dem Rådhuspladsen um einen terroristischen Akt handelt. Paolo Roccas Hintergrund schien darauf hinzudeuten. Inzwischen wissen wir auch, dass das wahr ist. Die Terroristin Iman Amin hat diesen Mord verübt. Dann begann die Besetzung. Kurze Zeit später ruft Paulsen bei Tamaradze an, und in derselben Nacht beginnt sie, die Terroristen mit Waffen anzugreifen.«
»Kann es sein, dass Paulsen und diese ungewöhnliche Asylbewerberin hinter unserem Rücken einen Privatkrieg gegen die Besatzer anzettelten?«, sagte Henning. »Das ist eine unglaubliche Anklage!«
»Lass es uns einstweilen einen Verdacht nennen«, sagte Terfig.
»Und was sagt Paulsen?«
»Wir haben ihn damit noch nicht konfrontiert«, sagte Skov.
»Tut das«, sagte Henning. »Jetzt sofort.«
59. Kapitel
Møller ahnte, dass es genau wie in Kopenhagen auch in Malmö eine trostlose Jagd von Hotel zu Hotel werden würde. Außerdem ahnte er, dass die Schichtwechsel in den Hotels das Ganze noch in die Länge ziehen würden. Er konnte sich nicht damit begnügen, nur jene Personen zu befragen, die gerade Dienst hatten, er musste diejenigen finden, die in der Nacht vor dem Mord gearbeitet hatten.
Im ersten Hotel hatte die Empfangsdame zufälligerweise in der fraglichen Nacht gearbeitet. Møller deutete das als Anfängerglück. Er legte das Foto von Paolo Rocca auf den Tresen, und sie sah es sich genau an. Dann schüttelte sie den Kopf. Iman Amin. Erneutes Kopfschütteln. Der Mann mit dem Kinderwagen, eine erneute Verneinung. Møller bat, die Gästeliste der fraglichen Nacht einsehen zu dürfen. Wieder wurde der Kopf geschüttelt. Er stellte fest, dass die Frau ihm gegenüber für ihre Berufssparte ungewöhnlich einsilbig war, ihre Körpersprache ließ sich jedoch leicht deuten. Nachdem er auf die Malmöer Polizei verwiesen und alle Überredungskunst aufgeboten hatte, gewährte sie ihm schließlich Einblick in die EDV des Hotels. Keiner der Namen war darin zu finden, kein Name schien das Pseudonym eines Terroristen zu sein, wie deren falsche Namen auch immer lauten mochten. Møller bedankte sich für die Hilfe und ging.
Auf der Straße zeichnete er ein schwarzes Kreuz auf seinen Stadtplan von Malmö. Er hatte jedes Hotel und jede Pension aus dem Branchenverzeichnis herausgesucht und auf dem
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