Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Geheimnisvolle Eremit

Der Geheimnisvolle Eremit

Titel: Der Geheimnisvolle Eremit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
Vom Netzwerk:
antwortete Hugh, der bei diesem Gedanken, den er nicht ganz von der Hand weisen konnte, die Stirn runzelte. »Wir haben ihn noch nicht gefunden, und ich war inzwischen schon der Überzeugung, daß er nach Westen gegangen und nach Wales entkommen sei. Aber es ist möglich, daß er in der Nähe geblieben ist. Es mag Menschen geben, die ihm Schutz gewähren und an ihn glauben; wir haben jedenfalls einige Hinweise dafür. Wenn er tatsächlich der Leibeigene ist, der vor Bosiet floh, dann hatte er einen guten Grund, sich seines Herrn zu entledigen. Und nehmen wir einmal an, Cuthred, der sich von ihm getäuscht sah und ihn hinauswarf, fand sein Versteck – ja, dann könnte er auch einen Grund gehabt haben, Cuthred zu töten. Das sind nur Mutmaßungen, die man aber nicht ganz von der Hand weisen kann.«
    Nein, dachte Cadfael, das kann man nicht, solange Aymer Bosiet nicht nach Northamptonshire zurückgekehrt ist und Hyacinth für sich selbst gesprochen hat. Eilmund und Annet und Richard, auch sie würden natürlich für Hyacinth sprechen.
    Die drei zusammen konnten ohne jeden Zweifel belegen, wo Hyacinth die ganze Zeit über gewesen war; und er war gewiß nicht in der Klause. Nein, um Hyacinth brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Aber ich wünschte, dachte Cadfael bedauernd, ich wünschte, die drei hätten mir erlaubt, Hugh ins Vertrauen zu ziehen.
    Die Sonne, die jetzt höher am Himmel stand, fand mehr und mehr Lücken im Blattwerk der Bäume und warf ein immer stärkeres Licht auf den gekrümmten, bedauernswerten Körper.
    Die Falten des dunklen Gewandes waren an einer Seite zusammengerafft, als hätte dort eine große Faust die Kutte gepackt, und dort war das Wolltuch auch von einem klebrigen dunklen Fleck verschmutzt. Cadfael kniete nieder und zog die Falten auseinander. Sie lösten sich widerstrebend und mit einem schwach knisternden Geräusch.
    »Hier hat er seinen Dolch abgewischt«, erklärte Cadfael, »bevor er ihn wieder in die Scheide steckte.«
    »Zweimal sogar«, sagte Hugh, indem er auf eine zweite, kaum wahrnehmbare Verunreinigung deutete. Kühl und ordentlich, ein methodischer Mann, der sein Handwerkszeug nach der Arbeit reinigt! »Und schaut hier, der Schrein auf dem Altar.« Er hatte vorsichtig den Leichnam umrundet, um die geschnitzte Holzkiste genau zu betrachten und mit einem Finger über die Kante des Deckels und das Schloß zu fahren.
    Die Stelle war nicht größer als ein Daumennagel; doch es war deutlich zu sehen, daß eine Dolchspitze in den Spalt gedrückt worden war, um die Kiste aufzubrechen. Er nahm das Kreuz herunter und hob den Deckel, der sich mühelos öffnen ließ. Das Schloß war aufgesprungen und zerbrochen, die Kiste leer. Nur der schwache Duft des Holzes stieg ihnen entgegen. Im Innern war keine Staubschicht; die Kiste war gut gebaut.
    »Also wurde doch etwas entwendet«, stellte Cadfael fest.
    Das Brevier erwähnte er nicht, doch er zweifelte nicht daran, daß Hugh sein Fehlen ebenso bemerkt hatte wie er selbst.
    »Aber nicht das Silber. Was könnte ein Einsiedler bei sich haben, das wertvoller ist als Frau Dionisias Silber? Er kam zu Fuß nach Buildwas, er hatte nur einen Ranzen wie jeder andere Pilger, wenn auch sein Junge Hyacinth den größten Teil seiner Utensilien trug. Nun frage ich mich«, sagte Hugh, »ob auch diese Kiste ein Geschenk der Dame war, oder ob er sie mitbrachte.«
    Sie hatten sich so sehr auf das Innere der Hütte konzentriert, daß sie nicht mehr auf die Geschehnisse draußen geachtet hatten, und es hatte kein warnendes Geräusch gegeben. Und im Schrecken nach dieser Entdeckung hatten sie fast vergessen, daß zu diesem Treffen zumindest noch ein weiterer Zeuge kommen sollte. Doch es war eine Frau und nicht Fulke, die plötzlich hinter ihnen in der Tür das Wort ergriff; sie sprach hochmütig und selbstbewußt und mit arroganter Mißbilligung.
    »Was sollt Ihr lange grübeln, Herr, es wäre viel einfacher und höflicher, mich zu fragen.«
    Die drei Männer fuhren erschrocken herum und starrten Frau Dionisia an, die hoch und aufrecht und herrisch zwischen ihnen und dem Tageslicht stand, aus dem sie geblendet ins Halbdunkel der Klause getreten war. Sie versperrten ihr den Blick auf den Toten, und außer der Tatsache, daß das Kreuz beiseite gerückt war und Hugh die Hand auf die offene Kiste gelegt hatte, war für sie nichts zu sehen, was sie erschrecken oder beunruhigen konnte. Dies aber sah sie sehr deutlich, während die winzige Altarlampe den Rest der

Weitere Kostenlose Bücher