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Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Titel: Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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sagte nichts weiter, und Helene war es, als fiele sie in ein tiefes Loch. Sie wollte nicht glauben, dass ihre Eltern nur deshalb zurückblieben, um ihren Reichtum zu mehren.
    Johannes machte ihr dann wieder Hoffnung, dass alles auch ganz anders sein konnte. Obwohl das Bild, welches er von den Beweggründen ihrer Eltern zeichnete, vielleicht nicht völlig verschieden von dem war, was Gottfried für wahrscheinlich hielt, so war es doch ein Bild, das ihre Eltern in einem vertrauteren, einem freundlicheren Licht erscheinen ließ. Johannes nahm Helene in ihrem kleinen Büro in der Kirche in den Arm, als ihr gegen ihren Willen heiße Tränen über beide Wangen liefen. In ihren Händen hielt sie den Brief der Eltern, der nichts, aber auch gar nichts darüber verriet, ob und wann sie nach Australien nachkommen wollten.
    »Sie müssen Nachsicht mit ihnen üben, Helene. Sicherlich bewundern sie ihre Tochter sehr für ihren Mut, den sie selbst vielleicht nicht mehr aufbringen können. Alles, was sie sich im Leben aufgebaut haben, ist in Salkau. Glauben Sie mir, Helene. Es war sicher nicht leicht für Ihre Eltern, Sie ziehen zu lassen. Wenn es so wäre, könnten sie darüber reden. Ihr Schweigen erzählt mir mehr über ihre Gefühle als tausend Worte.«
    Er strich ihr sachte über die Wangen. Helene nickte und schaute ihn dankbar an.

    Gottfried war auf seinen eigenen Wunsch hin die vollständige Leitung des Missionarsdorfes übertragen worden, und auch wenn er es nicht sagte, so schien er doch froh, zumindest an drei Tagen in der Woche Helene an seiner Seite zu haben, weil sie Englisch sprechen konnte.
    Die Fahrt von Neu Klemzig nach Zionshill führte in einer langen Schleife am Mount Barker vorbei und dann hinunter in Richtung Tal, wo erhabene Eukalypten den gewundenen Weg durch die Ebene säumten. Die Februarhitze des Hochsommers trübte die Aussicht auf eine Landschaft, die in den regenreicheren Monaten sonst so idyllisch anmutete. Dort, wo im Frühling Gruppen von Schafen auf grünen Weiden zwischen den Hügeln grasten, brannte nun die Sonne gnadenlos aufs verdorrte Land. Und dort, wo überhaupt noch etwas vom eigentlich sehr widerstandsfähigen Kängurugras stand, war es nun bräunlich verfärbt, wenn nicht schon gelb. Zwischen diesen traurigen Büscheln leuchtete die rote Erde, hart und trocken wie gebrannter Lehm.
    Die armen Schafe, dachte Helene, als sie beobachtete, wie sich die Tiere im spärlichen Schatten der Bäume drängten, die gottlob nie ihr Grün abwarfen. Sie hoffte, dass der Schafzüchter die Tiere an ein Bohrloch führen würde, denn der Onkaparinga River, der sich im Frühling und Herbst als beachtlicher Strom durch das malerische Tal wand, war nun zu einem dünnen Rinnsal vertrocknet. Hier und da hatte das stehende Gewässer warme Wasserlachen gebildet. Helene nannte sie lieber Miniaturseen, was irgendwie ein wenig kühlender klang. Kaum vorzustellen, dass sie noch vor wenigen Monaten genau an dieser Stelle nach den großen Regenfällen einen reißenden Fluss gesehen hatte.
    Helene hob ihren Blick zu der Bergkette, die das Tal umrahmte. Ihre Gipfel waren noch grün. In den Baumkronen über ihr sah sie ganze Legionen von Kakadus und Papageien, die unter den dichten Blättern der Eukalypten Schutz vor der intensiven Hitze und dem grellen Licht suchten wie sie unter ihrem Hut. Sie fächelte sich mit der Hand die heiße Luft zu.
    Helene trug einen schlichten knöchellangen Baumwollrock, darüber eine karierte Bluse, deren oberste Knöpfe, wie sie es den Männern abgeguckt hatte, geöffnet waren.
    Jetzt beugte sich Gottfried nach vorne zum Fahrer. Helene konnte seinen heißen Atem spüren und drehte unwillkürlich ihren Kopf zur anderen Seite.
    »Wann werde ich meinen eigenen Wagen haben, Bruder? Ich kann doch als Leiter von Zionshill unmöglich dauerhaft auf Transport von Neu Klemzig angewiesen sein.«
    Er verharrte gespannt in seiner Position, während er auf Georgs Antwort wartete.
    »Eigentlich war ein eigenes Gespann für die Station nicht vorgesehen, Gottfried. Dafür haben wir die Mittel nicht, und wir sorgen ja dafür, dass jeden Morgen und Abend eine Kutsche den Hin- und Rückweg macht.«
    Georg schaute weiterhin auf den Weg und sah deshalb nicht, was Helene in dem Moment beobachten konnte, als sie ihren Blick ebenfalls wieder nach vorne richtete. Gottfried hatte seine Faust erhoben! Sie sah, dass seine Knöchel weiß waren. Was war nur in diesen Mann gefahren? Was brachte ihn nur so auf? Gottfried

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