Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Titel: Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
Vom Netzwerk:
gezweifelt. Wenn sie erst in Brisbane war, konnte ihr Helene hoffentlich mehr erzählen.

    Helene hatte Katharina aus Brisbane ein Telegramm geschickt, in dem sie ihr die Anschrift des Bed & Breakfast mitteilte, wo sie mit Amarina wohnte. Hierhin führte Katharinas erster Weg. Wie froh sie war, die Schwester in die Arme zu schließen! Ungewöhnlich blass war Helene, mit müdem Blick und tiefen Augenringen. Man sah ihr an, wie sehr sie litt. Doch dass Helene im Protektorat in Ohnmacht gefallen war, erfuhr Katharina nur durch Amarina. Parri hatte ihr dann, als Helene im Schaukelstuhl auf der Veranda eingenickt war, auch ausführlich von dem Gespräch mit der Behörde berichtet, und Katharina begriff, durch welche Hölle die Schwester gerade ging. Dieser Parri, den sie hier zum ersten Mal sah, trug eine abgetragene Moleskinhose, die ihm nur bis oberhalb des Knöchels reichte, darüber ein schlichtes Baumwollhemd. Auf dem Kopf hatte er den typischen Slouchhat, einen tarnfarbenen Schlapphut, den Katharina von den australischen Soldaten kannte. Katharinas Blick wanderte zu seinen braunen Füßen. Zu einem Paar Schuhe hatte es wohl nicht mehr gereicht.
    »Schuhe machen mich krank«, sagte er, als könnte er Gedanken lesen. »Wenn ich meine Füße einsperre, können sie unser Land nicht mehr fühlen.«
    Katharina hatte sich daraufhin ein bisschen geschämt und ihren Blick in die Ferne gerichtet. Parri irritierte sie. Im Vergleich zu seinen Landsleuten sah er mit seiner hellbraunen Haut fast schon europäisch aus, hinzu kam sein lupenreines Englisch. Jetzt, da sie den stolzen Mann selbst in Augenschein nehmen konnte, musste sie zugeben, dass Helene ihn sehr gut beschrieben hatte. Auch wenn sie ihr Urteil für sich behalten würde: Dieser Parri war ein ungewöhnlich attraktiver und angenehmer Mann.
    Amarina gesellte sich zu ihnen und legte Helene eine Decke auf den Schoß. Die Augen der Aborigine waren geschwollen, ihr Gesichtsausdruck verhärtet.
    »Was wollen Sie denn jetzt tun?«, fragte Katharina.
    Amarina brach in Tränen aus und schlug die Hände vors Gesicht. Parri strich ihr beruhigend übers Haar.
    »Ich bin mir sicher, dass die Mädchen auf einer Missionsstation sind«, sagte er und blickte auf die schlafende Helene, »alle gestohlenen Kinder kommen dorthin.«
    Gestohlene Kinder. Parri hatte vollkommen recht. Die Regierung hat den Familien diese Kinder tatsächlich gestohlen. Es war ein Skandal!
    »Sie meinen, die Kinder sind in der Obhut von Missionaren?«
    Zwar hatte sich Katharina mit den Altlutheranern überworfen und traute diesem speziellen Kirchenvolk so einiges zu, aber Kinderraub? Das hielt sie für unmöglich.
    Parri nickte.
    »Das Problem ist, dass es mittlerweile viele Missionen in unserem Land gibt«, erklärte er dann, »und die meisten davon liegen sehr abgelegen. Aber ich werde mich in der Nähe von Brisbane genau umsehen, und Helene und Amarina wollen jeden Tag zum Amt.«
    »Gleich bei den Missionen zu suchen erscheint mir sinnvoll, aber glauben Sie denn, es bewirkt etwas, täglich im Protektorat vorzusprechen? So wie Sie mir diesen arroganten Beamten beschrieben haben, halte ich das für eher unwahrscheinlich.«
    Amarina hatte mittlerweile die Hände vom Gesicht genommen und ihre Fassung zurückgewonnen. Sie sah Katharina an.
    »Damit sie uns nicht vergessen«, sagte sie ernst.
    »Und damit diese Schufte wissen, dass wir sie nicht vergessen. Niemals«, ergänzte Helene. Wie lange sie dem Gespräch schon gefolgt war, wusste Katharina nicht.
    »Liebste Schwester, sei mir nicht böse, aber ich glaube, damit verschwendest du nur deine Kräfte.«
    »Ich soll klein beigeben und nicht weiter um meine Tochter kämpfen? Nein! Ich werde jeden Tag im Protektorat aufkreuzen und sie mit Fragen über Nellie, Cardinia und die anderen löchern. So lange, bis ich weiß, wo sie ist. Oder hast du vielleicht eine bessere Idee?«
    »Ja, die habe ich tatsächlich, aber darüber möchte ich mit dir unter vier Augen sprechen. Gehen wir rein?« Der strenge Ton in ihrer Stimme duldete keinen Widerspruch.
    Helene sah die Schwester aus verengten Augen an, entschuldigte sich dann bei den Freunden und folgte ihr. Bevor sie durch die Tür trat, hielt Parri sie am Ärmel fest und schaute sie mit seinen dunklen Augen eindringlich an: »Wir werden die Kinder finden, Helene.«
    Sie legte ihm die Hand an die Wange und sah ihn an. »Ich weiß, Parri, ich weiß.« Dann drückte sie seinen Oberarm und ging mit Katharina ins Haus.

Der

Weitere Kostenlose Bücher