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Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Titel: Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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sortieren. Dann blieb sie stehen.
    »Ich weiß nicht so recht. Hammerton erschien mir irgendwie verängstigt. Ich fürchte, aus ihm holen wir nicht mehr heraus.«
    Sie hielt sich die Faust vor den Mund und dachte angestrengt nach. Sie spürte, wie wichtig es war, dass sie sich zusammennahm. Was ging hier nur vor? Sie hatte schreckliche Angst um Nellie, aber sie durfte sich nicht von diesem Gefühl unterkriegen lassen. Sie würde ihr Kind finden, koste es, was es wolle. Wenn man ihr hier in Innisfail dabei nicht half, dann musste sie eben dorthin gehen, wo man es tun würde. Der Hinweis des Constable war allerdings äußerst mager, und das machte sie zornig. Warum sagte ihr die Polizei nichts? Konnten oder wollten sie nicht? Sie hatte das unbestimmte Gefühl, dass die Zeit gegen sie arbeitete. Wieder schoss Panik durch ihren Körper und ließ sie flach atmen. Die Uhr tickte. Da hatte es keinen Sinn zu erforschen, weshalb die Polizei sie im Stich ließ. Während sie in Innisfail festsaß, konnten sie ihre Tochter längst an einen entfernten Ort verschleppt haben. Was dann? Bei diesem Gedanken holperte ihr Herz einen Schlag lang, und sie fühlte, wie der Druck in ihrem Inneren wuchs. Sie musste etwas tun. Sofort. Endlich nahm sie die Faust vom Mund und ging auf John zu, dessen Arm tröstend um Amarinas Schulter lag.
    »Ich will keine Zeit verlieren. Ich fahre mit dem nächsten Schiff nach Brisbane. Allein.«
    »Nicht allein. Amarina auch.« Die junge Aborigine schaute Helene voller Hoffnung an. »Ich sagen Parri, er auch sollen kommen nach Brisbane. Vielleicht kann helfen. Parri kennen weiße Mann.« Helene warf Amarina einen dankbaren Blick zu.
    Tanner, der sich zunächst über Helenes Worte sehr erschrocken zeigte, seufzte, als er erkannte, wie unerwartet entschlossen die Frauen waren.
    »Na gut. Wenn Sie unbedingt wollen. Erkundigen wir uns also im Hafen nach der nächsten Passage. Sind Sie auch sicher, dass Sie allein zurechtkommen? Soll ich nicht mitkommen?«
    Helene legte ihre Hand auf seinen Arm.
    »Lassen Sie nur, John. Sie haben schon so viel für mich getan. Mir wäre wohler, wenn Sie in der Nähe meiner Schwester blieben. Sagen Sie ihr, Sie soll sich keine Sorgen um uns machen, wir kommen zurecht.« Sie schaute Amarina an, die zustimmend nickte. »Amarina und ich, wir schaffen das schon.«

Brisbane, 14. März 1911
    H elene hatte ihr Gesicht in den Händen vergraben. Niemals zuvor hatte sie größere Hoffnungslosigkeit verspürt, nie hatte sie sich dermaßen am Boden gefühlt wie jetzt. Sie konnte sich nicht vorstellen, jemals wieder aufstehen zu können. Ein Gefühl der Leere breitete sich in ihrer Brust aus. Als hätte man ihr das Herz bei lebendigem Leibe herausgerissen und sie gleichzeitig mit dem Fluch belegt, weiterleben zu müssen.
    Heute Morgen hatten sie sich beim Chief Protector of Aboriginals eingefunden und saßen dann in einem einschüchternd großen Raum vor einem mächtigen Schreibtisch. Amarina, Parri und Helene. Das Ergebnis ihres Besuchs war niederschmetternd. Was die Kinder der Orta anbelangte, so wollte ihnen die Behörde erst gar keine Auskunft erteilen. Der Protector selbst hatte keine Zeit für sie gehabt, sie hatten nur mit seinem Assistenten gesprochen. Dieser wand sich ein wenig unter ihren Blicken, doch dann präsentierte er ein Dokument, aus dem er ihnen vorlas, ohne sie anzusehen. Als er damit fertig war, sah er für einen Moment auf. Seine Augen trafen auf eine fassungslos schweigende Runde. Helene brach schließlich die gespannte Stille.
    »Wenn ich Sie recht verstanden habe, meinen Sie, dass die Regierung von Queensland das Recht hat, den Aborigines jederzeit ihre Kinder wegzunehmen, und zwar ohne dass es dazu eines Gerichtsbeschlusses bedarf?«
    Der junge Mann zerrte an seinem gestärkten Kragen, suchte im Papier nach einer Stelle, auf die er dann den Finger legte. Dann sah er sie an.
    »Das sind Ihre Worte, Frau Junker, aber sinngemäß steht es so im Queensland Protection Act, ja. Und dort steht auch, dass Gleiches für Mischlingskinder gilt. Fließt schwarzes Blut in einem Kind, und sei es auch nur zu einem geringen Anteil, so hat die Regierung Queenslands jederzeit ein Recht auf den Zugriff, und zwar wiederum ohne das Einverständnis der Eltern.« Er räusperte sich und schwieg dann.
    Helene atmete heftig und griff nach Amarinas Hand, deren Nägel sich in ihre Finger gruben. In Helenes Schläfen pochte der Schmerz, oder war es ihr Herzschlag? Plötzlich wurde ihr

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