Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)
mulmig zumute, obwohl es zunächst nur in den Pool gehen sollte. Doch der Gedanke, unter Wasser zu atmen, trieb ihr Schweißperlen auf die Stirn.
»Wollen wir?«
Natascha blickte hoch, sie musste ihre Augen mit der Hand vor der Sonne abschirmen. Fast hätte sie Alan nicht erkannt. Er trug wie sie jetzt einen Shortie, das nasse Haar hatte er zurückgestrichen.
»Regel Nummer eins. Jeder Tauchschüler ist für seine eigene Pressluftflasche verantwortlich.« Er schlug mit der Hand leicht gegen einen der zerkratzten Stahlzylinder neben sich. »Hier, das ist deine. Zum Pool geht’s da lang.« Mit einem geübten Griff schulterte Alan seine eigene Flasche und setzte sich in Bewegung. Natascha war nicht ganz klar, wie sie neben Flossen und Maske auch noch den schweren Tank tragen sollte. Sie hatte doch nur zwei Hände. Mit dem schicken Schulterwurf würde es also nichts werden. Sie bog den Oberkörper hinunter, um den Tank hochzuziehen, doch als sie sich wieder aufrichten wollte, hörte sie hinter sich Hannes Stimme.
»Abstellen! Stell den Tank wieder hin!«
Vor Schreck hätte Natascha das Ding beinahe fallen lassen. Sie setzte es ab.
»So machst du dir ruckzuck den Rücken kaputt. Hier, pack deine Sachen in dieses Netz und hänge es dir über die Schulter. Dann zeig ich dir, wie du den Tank richtig hochhebst.«
Aus dem Augenwinkel sah Natascha, dass Alan stehen geblieben war und sich zu ihnen umgedreht hatte. Aus der Entfernung war sie sich nicht sicher, ob er grinste. Natascha fühlte sich tolpatschig und warf die Sachen in die Netztasche. Hanne trug ein knappes Bikini-Top und Shorts, die nicht viel Raum für Phantasie ließen. Hanne legte die Flasche der Länge nach hin, ging in die Knie, um in einer eleganten Bewegung das Gewicht auf ihre rechte Schulter zu stemmen.
»Voilà«, strahlte sie. »Und jetzt du.« Sie stellte Natascha die Flasche direkt vor die großen Füße. Alan war mittlerweile zurückgekehrt. Während Natascha sich damit abmühte, dass ihr die Netztasche beim Hochheben des Tanks nicht vom Arm rutschte, flüsterte Hanne ihm etwas ins Ohr. Dabei hatte er seinen Arm locker um ihre Taille gelegt und beugte den Kopf seitlich zu ihr herunter. Jetzt warf er den Kopf zurück und lachte, wobei er zwei perfekte Zahnreihen entblößte. Hanne lachte nun auch, und Natascha fühlte sich wie damals in der Grundschule, als die Klassenkameraden sie auslachten, weil sie die falsche Jeansmarke trug. Einen Unterschied zu früher gab es allerdings, dachte sie und zog grimmig die Augenbrauen zusammen. Heute würde sie ganz sicher nicht mehr weinend davonlaufen. Entschlossen stemmte sie ihre Hände in die Seiten.
»Was bitte ist denn da gerade so lustig? Ich würde gerne mitlachen.« Hanne und Alan verstummten und schauten zu ihr rüber.
»Oh, sorry, du denkst hoffentlich nicht, dass wir über dich gelacht haben? Hanne hat nur wieder mal einen Anruf von einem hartnäckigen Verehrer erhalten. Ein ehemaliger Schüler, er ist über siebzig.«
»Ja, er kann’s einfach nicht lassen, obwohl ich ihm schon mehrfach angedeutet habe, dass ich vergeben bin.« Hanne hob entschuldigend die Hände. »Tut mir auch leid. Viel Spaß im Pool!« Dann schenkte sie Alan wieder dieses Beach-Babe-Lächeln und ging zurück zum Tauchshop. Ehe Natascha etwas erwidern konnte, schnappte sich Alan ihren Tank und plazierte ihn auf seiner anderen Schulter.
»Wie war das noch gleich mit Regel Nummer eins?«, fragte sie, während sie versuchte, mit ihm Schritt zu halten.
»Die wird ausnahmsweise ausgesetzt, wenn der Tauchlehrer was wiedergutzumachen hat. Na, komm schon. Sonst trocknet der Pool noch aus, ehe wir überhaupt begonnen haben.«
Entgegen ihren Erwartungen war das Atmen unter Wasser gar nicht so schlimm. Im Gegenteil, es war eine tolle Erfahrung. Erst als sie unter Wasser die Maske abnehmen und über den Atemregler Luft holen sollte, hatte sie Schwierigkeiten bekommen. Doch Alan stellte sich als geduldiger Lehrer heraus, und beim dritten Anlauf klappte es dann auch. Am Ende der Stunde zeigte er ihr noch, wie man den Atemregler von der Flasche schraubte und wo sie die Sicherheitsweste zum Trocknen aufhängen sollte.
»Morgen machen wir die gleichen Übungen im Meer, aber vorher gibt’s die erste Stunde Theorie. Natürlich nur, falls du es dir mit dem Tauchenlernen nicht anders überlegt hast. Manche haben nach dem Schnupperkurs im Pool genug.«
Natascha schüttelte den Kopf und wrang sich das Haar aus. »Nein, ich freu mich schon
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