Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Titel: Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
Vom Netzwerk:
das sie bezog. Die Kinder? Schloss Charlies Bemerkung die Mutter ein?
    »Da gibt es auch ganz andere«, meinte Charlie dann. Er zerdrückte seine leere Dose und warf sie in die Böschung.
    Charlie schien eine besondere Stellung in der Gemeinde zu haben, denn aus den Tiefen seiner schmutzstarrenden Jeans kramte er einen dicken Schlüsselbund hervor. Nach einer Weile bildreichen Fluchens fand er den passenden Schlüssel.
    Das Gemeindehaus war nicht mehr als ein Betonklotz mit Wellblechdach. Zwei Fensterscheiben waren zerbrochen, die Fenster von innen mit Pappe abgedeckt. Drinnen stand ein leerer Schreibtisch aus Resopal, dahinter ein wackliger Stuhl, und von der Decke baumelte eine nackte Glühbirne. Ein paar ergraute Plastikstühle stapelten sich in einem schiefen Turm an der Wand, in deren Ecken schwarzer Schimmel wucherte. Hierhin würde es sicherlich keine Touristen verschlagen, vermutete Natascha und verglich den traurigen Bunker mit dem Kulturzentrum der Orta.
    Charlie stieß eine zweite Tür auf und winkte sie in den engen Raum.
    »Bitte sehr, das Museum. Wenn ihr Broschüren oder so etwas wollt, müsst ihr ein andermal nachfragen. Miss Spencer kommt nur zweimal im Monat für ein paar Stunden aus Townsville rüber, um den Papierkram zu erledigen. Den Schlüssel für den Schreibtisch hat nur sie.« Onkel Charlie zog eine Dose aus dem restlichen Sixpack, das er mitgenommen hatte. Es knackte, und Charlie schlürfte sein nächstes Bier.
    »Wenn ihr Fragen habt: Ihr findet mich draußen.«
    »Danke.« Natascha sah ihm nach, wie er davontrottete. An seinem Daumen baumelte an einem Plastikring der Rest des Sixpacks, mit der linken Hand, in der er die Bierdose hielt, fingerte er umständlich in der Brusttasche nach Zigaretten. Sie wandte sich den Fotos an der Wand zu. Es sah nicht danach aus, als würde sie an diesem trostlosen Ort etwas finden, was sie nicht schon gesehen hatte. Sie besaß ja ein Foto von Maria auf Palm Island.
    Dieses Foto, auf dem die Missionare ihre Großmutter an den Händen hielten, hatte, seit sie denken konnte, im schweren Silberrahmen im Wohnzimmerregal ihrer Mutter gestanden, neben einigen Fotos von ihrem Vater und dem offiziellen Hochzeitsbild der Eltern. Vor ihrer Reise nach Australien hatte Natascha die Klemmen hinter dem staubigen Samtpolster geöffnet und das Foto vorsichtig aus dem Rahmen gleiten lassen. Um Eselsohren zu vermeiden, hatte sie die Schwarzweißfotografie in ein gebundenes Buch gelegt. So hatte sie Maria mit auf die Reise genommen, zurück nach Australien, zurück nach Palm Island.
    Natascha nahm nun das Bild und verglich es mit denen, die vor ihr an der Wand hingen. Die kleine Holzkirche, vor der Maria mit den Missionaren gestanden hatte, als der Fotograf abdrückte, war offenbar Kulisse für ganze Generationen von Palm Islandern gewesen. Was ihrer Großmutter passiert war, war offensichtlich kein Einzelschicksal, wie sie es all die Jahre naiverweise angenommen hatte. Natascha erkannte gleich auf mehreren der alten Aufnahmen das Ehepaar aus Berlin. Herbert und Irmtraud. Sie, stets mit einem angedeuteten Lächeln und weißem Hut, er, stattlich mit Schnauzer unterm Tropenhelm. Kein Mensch sonst trug einen Tropenhelm auf diesen Bildern.
    Natascha erblickte schwarze Kinder in adrettem Sonntagsstaat: Steif und ernst sahen sie aus in ihren nicht ganz passenden Anzügen und Kleidchen. Wie lange sie da wohl in der sengenden Hitze hatten still halten müssen, bis das Bild endlich im Kasten war? Natascha schaute sich die Mädchen genauer an, aber ihre Großmutter konnte sie unter all den dunklen Gesichtern nicht finden. Außer dem Missionarsehepaar waren nur drei, vier weitere Erwachsene zu sehen, und Natascha hätte gerne gewusst, wer sie waren. Ob sie die Antwort in ihrer Suche weiterbringen würde? Wahrscheinlich nicht, aber da sie nun einmal hier war, konnte sie auch gleich Charlie fragen. Sie wollte ihn gerade holen, da schlurfte er bereits in ihre Richtung.
    »Können Sie mir sagen, wer die Leute auf den Fotos sind? Was ist zum Beispiel mit dem hier? Dieser Mann ist gleich mehrfach abgelichtet worden.« Sie zeigte auf einen hageren Mann, der dem Ehepaar die Hand schüttelte. Die Kinder hatte man um die Erwachsenen herum gruppiert. Charlie neigte sich vor und kniff die Augen zusammen. Er schob die Unterlippe vor.
    »Hm. Bin mir nicht sicher, wird wohl dieser Pfaffe aus SA sein.«
    »SA?«
    »Südaustralien«, erklärte Alan.
    »Einige Jahre lang hat sich der Typ hier ziemlich

Weitere Kostenlose Bücher