Der Geheimtip
runzelte die Brauen. »Gutt arrabisch und deutsch!« Seine Stimme rollte. Egon beeilte sich zu nicken.
Es war alles etwas sonderbar. Aber ›erstens kommt es anders, und zweitens, als man denkt‹, hatte schon sein Opa immer gesagt. Er würde aufpassen und das Beste aus allem machen.
Was Egon Meier nicht wissen konnte, war dies:
Silvia Buttrich hatte auf Pettenkamps Anweisung hin unverzüglich nach Portugal telegrafiert, an Herrn Rodrigo del Parlango, Funchal, Santo da Serra, um ihm die Ankunftszeit des Herrn Egon Meier aus Aberlingen mitzuteilen. »Anstelle des erkrankten Herrn Balk in Sachen Alarmanlage«, hatte sie großzügig auf Pettenkamps Kosten hinzugefügt. Dafür hatte sie das umständliche und sicher unnötige ›y Gosset‹ weggelassen. Ihre Freundin Linda zum Beispiel hieß nach ihrer Heirat offiziell ›Linda Schmidt-Schlemiehl‹ , aber keiner nannte sie so. Alle sagten weiter Linda Schmidt zu ihr.
Diese an sich löbliche Regung selbständigen Denkens sollte jedoch eine Lawine von Katastrophen in Gang setzen.
In Funchal empfing ein eifriger Nachwuchspostler die Botschaft. Und da es einige Zeit dauern konnte, bis sie in den Bergen ausgeliefert wurde, entschloß er sich, sie durchzutelefonieren. Schließlich war Señor Miguel Pallando eine stadtbekannte Persönlichkeit.
Daß da ›Rodrigo‹ als Vorname stand, beachtete er nicht weiter. Das Telegramm kam von weit her, da waren Irrtümer schon möglich. So wählte er die Nummer der Villa, die der reiche Großhändler Miguel Pallando gemietet hatte, und ließ sich mit dem Herrn des Hauses persönlich verbinden.
Das Originaltelegramm wurde etwas später vorschriftsmäßig an Señor Rodrigo del Parlango y Gosset zugestellt, der allerdings verreist war. Ein reizendes Stubenmädchen nahm es mit einem Knicks in Empfang und legte es in die Schale zur anderen Post. In vier Tagen wurde Señor Parlango zurückerwartet.
In der Villa Miguel Pallando dagegen herrschte nach dem Telefonat helle Aufregung. Pallando versammelte seinen Stab um sich. Er saß im schwarzen Ledersessel und strich sich sein schwarzes, glänzendes Oberlippenbärtchen. Seine drei Musketiere standen aufmerksam um ihn herum.
»Freunde«, sagte er und meinte es ganz und gar nicht, »ich habe durch eine glückliche Fügung ein Telegramm erhalten, das eigentlich für den dicken Parlango bestimmt war. Irgendein Trottel bei der Post in Funchal dachte wahrscheinlich, daß es keine Rolle spiele, weil Parlango y Gossets protziger Besitz hier ganz in der Nähe liegt.«
»Wie lautete das Telegramm, Chef?« fragte José.
»Anstelle des erkrankten Vertreters kommt ein neuer Mann zu Verhandlungen über diese Alarmanlagen, hinter denen ich her war. Aber Parlango hat sich beim Regionalsekretär derartig lieb Kind gemacht, daß ich in die Röhre guckte.«
Er machte eine Pause und blickte in drei reichlich verdutzte Gesichter.
»Merkt ihr nichts?« fragte er.
Sie schüttelten die Köpfe. Pedro blies statt einer Antwort den Qualm seiner Zigarre an die weiße Decke, wo ihn ein Ventilator sofort verteilte.
»Diese Alarmanlagen haben Akkus zum Aufladen! Na?!«
Sie glotzten ihn an.
»Der Kerl kommt morgen an. Parlango ist nach Kuwait gereist. Wir haben, mit ein wenig Glück, freie Bahn. Diese Alarmdinger sind doch total unverdächtig. Wir werden sie über Bordeaux vertreiben. Natürlich in leicht veränderter Qualität!«
Pallando lachte laut. Seiner Truppe ging langsam ein Licht auf.
»Jawohl. Wir werden Sie ein bißchen präparieren. Kuljowitsch, setzen Sie sich bitte mit unserem Spezialisten in Verbindung. Pedro, deine Leute können sofort beginnen, den Stoff locker zu machen. Erstklassiges Heroin bitte ich mir aus, sonst könnten einige Schlauberger wenig Gelegenheit bekommen, ihren Schwindel zu bereuen. Ehrlichkeit gehört, wie ihr wißt, zu meinen Geschäftsprinzipien. Ehrlichkeit der anderen.«
»Das klappt nie, Chef«, sagte Pedro mit Grabesstimme.
»Und warum nicht?«
»Wir müssen den Mann täuschen. Er müßte doch mitspielen, bis wir Exportpapiere und Verträge unter Dach und Fach hätten. Das dauert aber bekanntlich. Außerdem brauchten wir die Muster, bevor wir überhaupt mit dem Präparieren beginnen könnten. Und eine Generalprobe mit ein paar Probeexemplaren wäre unumgänglich, um die Reaktion der Zollbeamten zu prüfen.«
Eine Ader an Pallandos Schläfe schwoll ein wenig an. Nur eine Spur, aber seine Getreuen nahmen sofort Haltung an.
»Herr Meier bleibt unser Gast, bis alles
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