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Der gehetzte Amerikaner

Der gehetzte Amerikaner

Titel: Der gehetzte Amerikaner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Haupttrakt des neuen
Gebäudes zeichnete sich schon deutlich in seinen Grundzügen
ab, aber am Stahlgerüst für das vierte Stockwerk war noch
eine Menge Arbeit zu verrichten.
    Evans hatte da oben als Schweißer und Nieter gearbeitet, und
    Brady wurde ihm zugeteilt. Nachdem der alte Mann erst einmal
gesehen hatte, mit welcher Geschicklichkeit der Amerikaner den
Schweißbrenner bediente, lehnte er sich zurück und
ließ den anderen allein arbeiten.
      »Donnerwetter, Söhnchen«, schrie er
im Baulärm. »Ich sehe, ich kann dir nichts mehr beibringen
im Umgang mit dem Brenner. Du bist ein Naturtalent.«
      Brady grinste und schob die Brille von den Augen auf die Stirn.
      »Du bist einfach unverbesserlich, du alter Rabe.
Mit dir wird es noch mal ein schlechtes Ende nehmen!« scherzte
er.
      Evans reichte ihm eine Zigarette, und dann krochen sie
hinunter in einen Winkel zwischen zwei sich kreuzenden Trägern und
schauten hinaus über die Dächer der Stadt. Es war ein
frischer Herbsttag; in der Luft schwang schon ein kleiner Hauch des
kommenden Winters. Jenseits der rauchgeschwärzten Schornsteine der
trübseligen Industriestadt erstreckten sich die Moore in purpurnen
Flächen und verschwammen fast unmerklich fern am Horizont.
      »Weiß der Himmel, aber es ist doch
verdammt schön, an so einem Tag wie heute zu leben«, meinte
Evans. »Selbst hier im Gefängnis noch!«
      Brady nickte und schaute kurz hinunter in den
Zentralhof. Er beobachtete die Häftlinge, die dort unten unter der
Aufsicht eines Wachtmeisters Ziegelsteine stapelten. Nein, die Illusion
der Freiheit konnte nicht lange erhalten bleiben, jedenfalls nicht mit
den dunklen Uniformen, die so auffällig überall herumstanden.
    Sein Blick wanderte hinüber zur
Glaskuppel der Zentralhalle und folgte der Dachrinne, die etwa elf
Meter von der Kuppel bis zum Dach des Blockes D herabführte.
Dieser Block zweigte vom Zentralturm ab wie ein ausgestreckter
Zeigefinger und reichte bis auf etwa zehn oder elf Meter an die
Außenmauer heran.
      Brady seufzte und schnippte seine Zigarettenkippe
hinaus in die freie Luft. Um hier aus dieser festen Anstalt
herauszukommen, hätte man Flügel haben müssen…
      Evans gab ein meckerndes Lachen von sich. »Ich
weiß, was du jetzt denkst, mein Söhnchen, aber es ist ganz
unmöglich. Du hast übrigens einen bevorzugten Posten, weil
hier die ganze Gegend vor dir ausgebreitet daliegt wie eine Landkarte.
Wenn du mir einen Weg hier herausfindest, werde ich dir jederzeit
fünfhundert auf den Tisch legen für den Tip!«
      »Vielleicht komme ich auf dein Angebot noch
einmal zurück…«, entgegnete Brady. Dann nahm er den
Schweißbrenner wieder auf und meinte: »Machen wir uns
wieder an die Arbeit.«

    Während der nächsten zwei Wochen behielt Brady seine
Gedanken für sich. Aber während er täglich hoch oben in
schwindelnder Höhe arbeitete, ließ er seine Blicke
ständig umherwandern und prägte sich jede Einzelheit der
Anstalt ein, bis deren Grundriß seinem Gehirn wie eingeätzt
war. Wahrscheinlich würde er sorgfältig planen müssen,
aber ganz im Hintergrund seines Geistes dämmerte schon eine Idee,
und ein Plan begann Gestalt anzunehmen.
      Eines Donnerstags kurz vor dem Mittagessen rief ihn
ein Wachtmeister herunter und erklärte ihm, daß er Besuch
habe. Während er sich vor dem Besuchszimmer in die Schlange der
Wartenden einreihte, fragte er sich, wer ihn wohl besuchen wolle. Er
hatte keine Freunde in England, und seine beiden Eltern waren tot. Er
hatte nur noch eine Schwester, die in Boston lebte und während des
Prozesses in England gewesen war.
    Als er an die Reihe kam, führte ihn
der Wachtmeister in den Raum und ließ ihn in einer kleinen Kabine
Platz nehmen. Brady wartete ungeduldig. Zu beiden Seiten wurden
angeregte Unterhaltungen geführt, die ihm zu einem sinnlosen
Wortgeschwirr verschmolzen. Dann öffnete sich die Tür, und
ein junges Mädchen trat ein.
      Sie mochte etwa zwanzig Jahre alt sein. Ihr dunkles
Haar war kurz geschnitten wie das eines Jungen; ihre Haut spannte sich
blaß über etwas vorstehenden Wangenknochen; die Augen waren
dunkelbraun. Man konnte sie nicht gerade schön nennen, aber in
einer Menge beliebiger Leute wäre sie aufgefallen.
    Etwas zögernd setzte sie sich und sah sich unsicher um.
      »Mr. Brady, Sie werden mich nicht kennen. Mein Name ist Anne Dunning…«
      Brady legte die Stirn in Falten. »Ich fürchte, ich verstehe das alles nicht.«
      »Sie haben meinen

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