Der gehetzte Amerikaner
er schob die
Liste wieder auf ihren alten Platz zurück.
»Möchten Sie mir bitte folgen, Mister Harlow? Ich denke, ich kann Sie rasch dazwischenschieben.«
Das Mädchen hatte sich ihm lautlos von hinten her
genähert, das Geräusch ihrer Schritte war durch den dicken
Teppich erstickt worden. Sie ließ sich nicht im geringsten
anmerken, ob sie gesehen hatte, wie er die Liste durchlas, und doch
mußte sie das bemerkt haben.
Brady lächelte. »Es ist
außerordentlich nett von Ihnen, daß Sie meinetwegen soviel
Schwierigkeiten auf sich nehmen.« Sie ging ihm voran durch einen
schmalen Korridor, der zu den Anbauten auf der rechten Seite
führte, und öffnete dort eine Tür. Brady trat ein und
bemerkte, daß er sich in einem kleinen, hübsch
eingerichteten Garderobenzimmer befand.
»Es wird sofort jemand kommen und sich mit Ihnen
beschäftigen, Mr. Harlow. Vielleicht möchten Sie sich schon
ausziehen. Hinter der Tür finden Sie einen Bademantel.«
»Ausziehen?« fragte Brady. »Ist das wirklich nötig?«
»Professor Soames wünscht, daß seine
Patienten völlig entspannt sind, bevor er mit der Konsultation
beginnt«, erklärte sie. »Sie werden sich für
kurze Zeit ins Dampfbad begeben und dann eine Entspannungsmassage
bekommen. Danach wird sich der Professor um Sie kümmern.«
Sie ließ ihn allein in dem Zimmer
zurück; Brady zuckte gleichgültig die Achseln und legte das
Jackett ab. Wenn dies der einzige Weg war, der ihm verblieb, um vor
Soames zu gelangen, dann hatte er keine andere Wahl.
Nachdem er sich ganz ausgezogen hatte, band er sich
ein Handtuch um die Hüften, legte den Bademantel um und wartete.
Wenige Minuten später ging die Tür wieder auf; eine andere
junge Frau, ebenfalls in einem weißen, in der Taille eng
gegürteten Kittel, trat ein.
Sie war fast noch hübscher als die Empfangsdame
– falls das überhaupt möglich war. Ihr Kittel war
völlig durchnäßt klebte an ihrem Körper und
betonte jede Linie.
Sie strich sich eine Strähne dunklen Haars aus der Stirn und lächelte ihn an.
»Würden Sie mir bitte hier entlang folgen?«
Während er ihr nach über den Korridor
schritt, fragte sich Brady verwundert, wie sehr entspannt der Professor
seine Patienten eigentlich haben wollte… Dann öffnete das
Mädchen eine Schwingtür, und sie traten in einen langen,
gekachelten Raum, dessen Luft von heißem Dampf erfüllt war.
Das Mädchen führte ihn jetzt durch eine
andere Schwingtür, und sie betraten einen stillen,
weißgekachelten Korridor. Am Ende des Ganges war eine Tür,
auf der Brady »Privat« lesen konnte. Das Mädchen
öffnete sie, und Brady folgte ihr langsam.
Auch dieser Raum war weißgekachelt und stickig
von Dunst. In einer Ecke befand sich eine Dusche, und in der Mitte des
Raumes stand eine gepolsterte Pritsche.
Der Mann, den Brady an der Seite stehen sah, trug nur
Badeshorts. Sein Körper wirkte stark und kräftig, die Muskeln
traten wie Knoten heraus. Sein Gesicht war grobknochig und hart; er
hatte eiskalte Augen und trug sein Haar kurzgeschoren.
»Dies ist Mr. Harlow, Carl«,
sagte das Mädchen. »Wollen Sie ihn bitte vorbereiten? Der
Professor wird in zehn Minuten hier sein.«
Carls Englisch war gut, zeigte aber einen leichten
schwedischen Akzent. Höflich forderte er Brady auf: »Wollen
Sie bitte Ihren Bademantel ablegen!«
Brady gehorchte; der Schwede führte ihn zu der
Duschecke und schob ihn unter die Dusche. Die schwere Glastür
wurde geschlossen, und ein Schwall nadelfeiner Wasserstrahlen trommelte
auf seinen Körper.
Nicht nur die Eiseskälte des Wassers, sondern
auch die Strahlen als solche waren physisch qualvoll. Er hielt es etwa
zwei oder drei Minuten aus und versuchte dann, die Tür zu
öffnen.
Sie war abgeschlossen. Er hämmerte gegen das
Glas, doch Carl runzelte erstaunt die Stirn, zeigte auf seine Uhr und
schüttelte den Kopf. Dann drehte der Schwede an einem Ventil und
die Strahlen stürzten jetzt noch heftiger herab, bis Brady halb
zusammensank, nach Atem zu ringen begann und gegen eine Ohnmacht
ankämpfen mußte.
Als die Tür geöffnet wurde, fiel Brady zu
Boden. Der Schwede hob ihn auf, grinste und enthüllte seine
schlechten Zähne. »Wie fühlen Sie sich jetzt, Mr.
Harlow?«
»Mehr tot als lebendig«, japste Brady. »Soll einem das vielleicht guttun?«
Der Schwede grinste erneut. »O nein, Mister Brady. Es sollte Sie etwas weichmachen!«
Der folgende Schlag kam Brady
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