Der Geist der Liebe - Miles, C: Geist der Liebe - MacGowans's Ghost
Willenskraft er in der vergangenen Nacht bewiesen hatte. Es erfüllte sie mit Stolz, dass Gabe MacGowan selbst in der elektrisierenden Hitze aufgestauter Leidenschaft seinen Schwur, nie wieder seinen Impulsen zu erliegen, nicht gebrochen hatte. Das würde sie nie vergessen.
Kaum kam das Straßenschild von Sealladh na Mara in Sicht, fühlte Allie sich gleich wieder zu Hause.
Was seltsam war angesichts der Tatsache, dass sie in Raleigh in Amerika zur Welt gekommen war.
Im Laufe des Tages war es trüber geworden, und der Wind hatte aufgefrischt. Die wenigen kleinen Fischerboote, die auf dem Loch vor Anker lagen, tanzten auf den Wellen. Die weißgetünchten Gebäude des Städtchens zeichneten sich vor dem grau bewölkten Himmel ab, und die bunten Blumenkästen mit den Stiefmütterchen und Geranien verliehen der Düsternis etwas Surreales.
Doch wenn man es recht bedachte, dann war die Düsternis gar nicht so düster.
Gabe hatte nichts mehr über Kait, deren nächtliche Besuche und seine Albträume gesagt, die ihn schon weiß Gott wie lange quälten. Er hatte mehr als deutlich klargestellt, dass er Allies Hilfe weder brauchte noch wollte.
Er erkannte einfach nicht ihr Potenzial. Schließlich war es ihre Lebensaufgabe, gequälten Seelen Frieden zu verschaffen. Und sie erreichte dies, weil sie in der Lage war, die Situation der Geister zu verstehen. Und wenn eine Seele Hilfe brauchte, dann war es die Kait MacGowans. Warum wollte Gabe leiden, wenn es nicht nötig war?
Apropos leiden. Leiden konnte man es auch nennen, wenn man in Gabe MacGowans Armen lag, seine Haut berührte, seine Lippen spürte und dann fortgeschickt wurde.
Das war Leiden.
Sie blickte ihn von der Seite an. Mit schmalen Lippen, eine steile Falte zwischen seinen Brauen, hielt er den Blick auf die Straße vor ihnen gerichtet, und seine Finger umklammerten das Lenkrad, als ginge es um Leben und Tod.
Aber dann schien er ihren Blick zu spüren, und als er sich ihr zuwandte, schenkte er ihr ein breites Lächeln. Seine grünen Augen wurden weicher, und Allie glaubte, unter seinem Blick wieder dahinzuschmelzen.
Als sie ein paar Stunden zuvor in Gabes Armen, den Kopf an seiner nackten Brust, gelitten hatte, war sie zu dem Entschluss gekommen, Gabe zu helfen - indem sie Kait zu Hilfe kam. Ob Gabe es wollte oder nicht. Die arme Frau war jetzt im Tod noch unglücklicher, als sie es schon im Leben gewesen war. Und je unglücklicher eine Seele wurde, desto böser wurde sie. Sie konnte einfach nichts dagegen tun. Allie war der Meinung, dass Kait MacGowan das nicht verdiente. Gabes Frau war noch sehr jung gewesen, und sie hatte Fehler gemacht - aber wer machte die nicht?
Außerdem war Kait Jakes Mutter. Allie war sich ziemlich sicher, dass der Junge nicht wollen würde, dass seine Mutter in alle Ewigkeit so sehr litt.
Sie bogen in die einspurige Hauptstraße von Sealladh na Mara ein und fuhren langsam die Steigung zum Odin's Thumb hinauf. Kaum hatten sie vor dem Pub gehalten, als auch schon die Tür aufgerissen wurde und eine Frau mittleren Alters, die einen schicken grauen Anzug trug, herausstürzte.
Schreiend.
Gabe sah der Frau nach, die über die Straße rannte, sich in einen zweitürigen Wagen flüchtete und davonbrauste.
»O Gott, o Gott«, murmelte Gabe und starrte dem roten Flitzer nach, der mit erhöhter Geschwindigkeit die Straße hinunterjagte.
In dem Moment kam Sean aus dem Odin's. Gabe und Allie stiegen aus und begegneten dem grinsenden jungen Mann auf dem Gehsteig.
Auch Sean blickte dem roten Sportwagen hinterher. »Gut. Da fährt schon wieder eine.«
Gabe rieb sich den Nacken. »Schon wieder eine?«
Sean nickte. »Die Zweite während eurer Abwesenheit. Die Maklerin rief gleich nach eurem Aufbruch an und fragte, ob die beiden Termine vorgeschoben werden könnten.« Er zuckte mit den Schultern. »Wir haben uns darum gekümmert.«
Gabe kratzte sich an der Stirn. »Ich glaube, ich will das gar nicht wissen ...«
»Dad!«
Sie drehten sich zu Jake um, der aus dem Odin's gerannt kam, dicht gefolgt von den fünf Hausgespenstern und natürlich Dauber.
Jake warf sich in Gabes Arme, der ihn aufhob und ihn an sich drückte.
»Wie geht es meinem Jungen?«, fragte Gabe und küsste seinen Sohn auf die Wange. »Bist du brav gewesen?«
Jake grinste. »Geht so.«
Gabe lachte. »Naja, mit deinem Onkel Sean als Aufpasser kann ich dir das nicht einmal verübeln.« Er küsste ihn erneut und ließ ihn dann herunter.
Ohne Zögern rannte Jake auf Allie zu.
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