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Der Geist des großen Büffel

Der Geist des großen Büffel

Titel: Der Geist des großen Büffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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Wir
beschlossen, mit der Postkutsche abzureisen. Irgendwie aber hatte der Tödliche
Colt das erfahren, und das war nicht gut für den Postkutscher...“
    „Schon
wieder eine Kugel in den Rücken?“
    „In
die Stirn, Mylord . Wir waren die einzigen
Fahrgäste...Tja, und nun bin ich ehrlich gespannt, was sich die Teufel da
draußen für uns ausgedacht haben.“
    Wir
brauchten nicht lange zu rätseln. Vier abenteuerlich bemalte Krieger kamen bald
in unser Zelt und rissen uns an den Armen in die Höhe.

Am Marterpfahl
     
    An
der Feuerstelle waren inzwischen sechs neue Marterpfähle aufgerichtet worden.
Mit dem, an welchem mein roter Bruder sein Lied gesungen hatte, waren es nun
also sieben. Mit verschränkten Armen und höhnischem Blick erwartete uns der
Tödliche Colt. Häuptling Kleiner Stier verzog keine Miene.
    Ein
wenig abseits stand unser Planwagen, daneben unsere Pferde Pfefferkorn und Tatatita und als Dritter im Bunde der Mustang, mit dem der
Tödliche Colt aus Western-Town geflohen war.
    Die
am ganzen Körper bemalten Indianer — alles kräftige Kerle — gingen nicht gerade zart mit uns um. Mich hatte Piepsende Maus am Kragen, und
ich sah es ihm an, daß er sich für mich bereits die schönsten Quälereien
ausgedacht hatte. Man erwies mir die Ehre, mich an den Pfahl meines roten
Bruders zu schnüren.
    Am
meisten bedauerte ich Little Byrd, die sichtlich geschwächt war, und ich machte
den Versuch, ihr die Schmerzen zu ersparen. Ich wandte mich an den Häuptling:
„Halten es die tapferen Kalbfell-Indianer für ehrenhaft, ein Mädchen an den
Marterpfahl zu binden? Sind sie selbst Weiber? Bisher habe ich immer gehört,
daß nur dem ebenbürtigen Gegner diese Ehre erwiesen wird!“
    „ Uffuff “, rief Häuptling Kleiner Stier. Meine Worte machten
ihn nachdenklich. Aber der Tödliche Colt fuhr ihn an: „Vor allen Dingen das
Mädchen! Es muß besonders leiden! Der schlotternde Lord muß es mit ansehen...“
    Ich
verfluchte diesen Unmenschen, überwand mich aber und fragte ihn: „Ich sehe
keinen Sinn in dem, was Sie vorhaben, Mister. Sie haben mich und meinen Wagen
und alles, was Sie sonst noch wollten, ja bereits in Ihrer Gewalt...“
    „Vollkommen
richtig, Euer Lordschaft“, antwortete er herablassend. „Ich habe alles, was ich
will. Nur eines nicht, und daran liegt mir genausoviel wie an dem Gold in Ihrer Kiste: Ich will meine Rache, Rache für jede Schmach,
die Sie mir angetan haben. Ich will Sie leiden sehen. Und am meisten leiden
Sie, wenn Sie das Mädchen winseln hören.“
    „Teufel!“
rief ich. Er lachte. Ich warf Onkel Berni einen fragenden Blick zu. Dieser
zwinkerte mir beruhigend zu und rauchte genauso unbeteiligt seine Pfeife, wie
er es immer tat. Übrigens erkannte ich daran, daß der Tödliche Colt weder meine
Wunderwaffen noch die Schatzkarte erwähnte, erneut, daß er den Indianern nichts
verraten hatte und alles für sich behalten wollte.
    Aber
warum war er so versessen auf die Kiste, deren Inhalt, wenn es wirklich Gold
war, doch so lächerlich wenig wert war, im Vergleich zum Schatz des Großen
Häuptlings? Freilich, wer wußte, ob dessen Platz nicht längst ausgeraubt war.
    Ich
hatte den Großen Kojoten schon früher in der Nähe des Tödlichen Colts bemerkt.
Jetzt sah ich ihn wieder, er saß bei einer dunklen, hohen Tanne, und seine
Augen glühten Onkel Rab an.
    Wir
sieben an den Marterpfählen gaben wohl ein belustigendes Bild ab. Von Little
Byrd und Zirkus-Joe will ich nicht reden, sie wirkten bejammernswert. Und was
ich für eine Figur machte, in meinem nicht mehr ganz taufrischen Frack, mit dem
Zylinder, den man mir nachlässig auf den Kopf gestülpt hatte, kann ich auch
nicht beurteilen. Cookie mit seinem Kugelbäuchlein aber nötigte mir ein Lächeln
ab.
    Am
sonderbarsten jedoch hingen meine Vorfahren in den Schnüren. Onkel Berni hatte
man die Pfoten über den Kopf gerissen, er sah aus wie ein Kalb, das geschlachtet
vor der Tür eines Fleischerladens hing. Auch Onkel Rab erinnerte mich an ein zum Häuten vorbereitetes Kaninchen. Und Tante Turkie bot ein Bild des Schreckens. Halb schwebte sie, kaum
daß ihre Krallen den Erdboden berührten, ihr Truthennenleib trat gewaltig gewölbt hervor, während ihr kleiner Kopf auf dem schlackernden
Hals lang ausgestreckt nach oben gezerrt und mit Stricken umwickelt worden war.
Ihr Schnabel klebte, senkrecht zum Himmel zeigend, am Stamm.

    Der
Tödliche Colt genoß es, uns so hilflos in seiner Gewalt zu sehen. Vielleicht
hatte er das nicht

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