Der Geist des Highlanders
sie fest, stellte jedoch im gleichen Moment fest, dass er sein Schwert nicht dabei hatte.
Bei allen Heiligen, wenn das kein Zeichen für seinen jämmerlichen Zustand war, dann wusste er auch nicht weiter.
»Holt mir mein Schwert«, zischte er. »Ihr könnt durch die Küche hineingehen. Ich werde ihn solange mit meinen bloßen Händen in Schach halten.«
»Connor ...«
»Geht!«
Seufzend gehorchte sie.
»Lauft!«, brüllte er.
Sie rannte los, aber ohne große Begeisterung. Connor fluchte und überlegte sich, ob er den Mann vielleicht allein mit dem Messer, das in seinem Stiefel steckte, überwältigen könnte. Es dauerte viel zu lange, aber schließlich kam Victoria aus der Haustür. Dieses verdammte Weib. Sie eilte an dem Mann vorbei, der mit verschränkten Armen dastand und Connor mit ausdrucksloser Miene beobachtete. Victoria reichte ihm sein Schwert.
»Hier. Und jetzt?«
Connor zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Ich verspüre das überwältigende Verlangen, diesen Mann zu töten.«
»Ihr tragt seine Kleider.«
»Sie sind mir zu klein. Vielleicht liegt es daran.«
»Das ist mein Bruder Thomas.«
»Das hat sicher auch etwas damit zu tun.«
Ihr Bruder, Thomas, tat einen Schritt auf sie zu. »Vic, hol mein Schwert, ja?«, rief er freundlich. »Es lehnt am Emp-fangstresen. Ich hatte eben schon das Gefühl, ich könnte es hier vielleicht brauchen.«
»Hast du den Verstand verloren?«, fragte Victoria entgeistert und drehte sich zu ihrem Bruder um.
Connor bewunderte die Art, wie sie die Hände in die Hüften stemmte und ihren Bruder anbrüllte. Sie war eine großartige Frau. Aber jetzt war sie ihm im Weg, deshalb schubste er sie ein wenig zur Seite.
»Geht sein Schwert holen. Wir wollen doch mal sehen, wie scharf seine Klinge ist.«
Sie blickte zwischen ihm und ihrem Bruder hin und her, dann hob sie resigniert die Hände und ging ins Haus.
Connor grinste.
Der andere Mann grinste ebenfalls.
Vielleicht erwies sich diese Zeit in der Zukunft ja als aufregender, als er vermutet hatte. Victoria McKinnon und ihre Schönheit, Thomas McKinnon und sein Schwert. Connor gluckste zufrieden. Das würde ein erfreulicher Nachmittag werden.
Über seine Heimkehr konnte er sich ja später weiter Gedanken machen.
31
Thomas’ Schwert lehnte tatsächlich an Mrs Pruitts Empfangstisch. Victoria ergriff es und betrachtete es bewundernd. Es sah so aus, als habe er schon oft damit gekämpft, wahrscheinlich damals, als er zurückgegangen war, um Iolanthe zu retten. Sie hätte ihn besser mehr über seine Eskapaden in der Vergangenheit ausfragen sollen, aber sie war leider im Mittelalter-Camp viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, ihre eigenen Fähigkeiten zu trainieren. Aber wenn Connor wieder nach Hause zurückgekehrt war und sie sich von ihrem Kummer ablenken musste, dann würde sie sich von Thomas erzählen lassen, was damals passiert war.
Sie trat aus der Haustür und warf ihrem Bruder das Schwert zu. Hoffentlich richtete Connor kein Blutbad an.
Vorsichtig zog sie sich an den Rand des Weges zurück. Sie wusste nicht, worüber sie sich mehr Sorgen machen sollte -dass Thomas Connor töten könnte oder Connor Thomas. Ihr war klar, dass zumindest Connor absolut in der Lage dazu war.
Natürlich hatte sie auch schon zugeschaut, wenn Thomas mit Jamie, Patrick und Ian trainiert hatte, und hatte dabei festgestellt, dass er auch ihnen kaum in etwas nachstand. Nun ja, abgesehen von Jamie vielleicht. Jamie hatte ganz herausragende Fähigkeiten, und allein in seiner Anwesenheit lag große Kraft.
Ähnlich wie bei Connor.
Als ihre Klingen aufeinander trafen, ertönte ein leiser Aufschrei, dann trat Iolanthe aus der Haustür.
»Bei allen Heiligen, geht mir aus dem Weg!«, verlangte sie ärgerlich.
»Oh, Entschuldigung, Liebes«, sagte Thomas und trat zur Seite, damit Iolanthe vorbeikam. »Die besten Plätze sind dort drüben.«
Iolanthe hatte sich einen Campingstuhl mit herausgebracht, den sie nun ausklappte. Als sie sich darauf setzte, drückte sie sich ein nach Lavendel duftendes Taschentuch an die Nase. »Oh, dieser elende Geruch!«, stöhnte sie.
»Vielleicht gehst du besser wieder hinein«, schlug Victoria vor.
»Damit ich das hier verpasse? Nein, da übergebe ich mich lieber in die Blumenbeete, vielen Dank.«
Victoria lachte.
Die beiden Schwertkämpfer standen sich gegenüber. »Ich habe das Gefühl, ich habe Euch einiges heimzuzahlen«, sagte Connor und kratzte sich am Kopf. »Aber ich kann mich nicht
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