Der Geist des Highlanders
blieb vor ihm stehen, verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte ihn böse an.
»Also, spuck’s aus«, verlangte sie.
»Was?«
»Stell dich nicht dumm«, fuhr sie ihn an. »Jamie war hier, und jetzt ist er weg. Wohin ist er gegangen?«
Thomas zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung.«
»Thomas!«
Er legte ihr die Hand auf die Schulter. Connor stieß einen grollenden Laut aus.
»Aus, Laird MacDougal!«, sagte Thomas. Er zwinkerte Victoria zu. »Er ist ganz schön besitzergreifend.«
»Wegen mir kann er den Touristen keine Angst einjagen. Er vertreibt sich bloß die Zeit, bis er wieder frei auf seinem Schloss schalten und walten kann. Und jetzt möchte ich endlich ein paar Details wissen, bevor er sich wirklich an dir vergreift. «
Besitzergreifend? Sie versuchte es zu vermeiden, darüber nachzudenken. Connor MacDougal hatte eben durch seine Situation eine Menge Zeit, und er vertrieb sie sich, indem er ihr Gesellschaft leistete.
Thomas legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie weg. »Komm, lass uns ein wenig spazieren gehen. Ich erzähle dir, was du wissen willst.« Er warf Connor einen Blick zu. »Ihr könnt mitkommen, MacDougal. Ihr habt bestimmt schon genug merkwürdige Dinge erlebt und werdet nicht allzu überrascht sein. Außerdem brauche ich Euch, um meine Schwester in Schach zu halten. Ihr wisst sicher, dass sie manchmal richtig ausrasten kann.« Er beugte sich vertraulich vor. »Habt Ihr das nicht auch schon zu spüren bekommen?«
Victoria stieß ihrem Bruder den Ellbogen in die Rippen.
»Es ist mir weitestgehend gelungen, ihren Zorn nicht auf mich zu ziehen«, erwiderte Connor, »aber die Schauspieler und ihre Arbeiter leben in ständiger Angst.«
»Hey!« Victoria warf ihm einen bösen Blick zu. »Ich dachte, du stehst auf meiner Seite.«
Er verzog das Gesicht, und beinahe hatte sie den Eindruck, er lächelte.
Achselzuckend sagte er zu Thomas: »Ihr müsst das Risiko schon selbst auf Euch nehmen, wenn Ihr sie provozieren wollt.«
»Wie galant von Euch.« Thomas lachte.
»Ach, haltet doch den Mund«, schnaubte Victoria.
»Sei doch nicht so, Schwesterchen.« Thomas drückte ihre Schulter. »Habe ich dir nicht ein wunderbares Schloss für dein Stück überlassen?«
»Ja, voller Gespenster, die nichts anderes im Sinn haben, als mich zu erschrecken.«
»Laird MacDougal will dich bestimmt nicht mehr erschrecken. Jedenfalls nicht, bevor die Aufführungen zu Ende sind. So ist es doch, MacDougal, oder?«
Connor murmelte nur leise vor sich hin.
Victoria stellte fest, dass sie in Richtung des Gasthauses gingen. Es kam ihr ganz normal vor, dass auf ihrer einen Seite ihr Bruder ging und auf der anderen Connor.
»Ich glaube, der Schlafmangel macht mir zu schaffen«, verkündete sie.
»Das kommt davon, wenn du meine Ratschläge nicht ernst nimmst«, brummte Connor.
»Sie hört einem nie zu«, erklärte Thomas. »Es ist reinste Energieverschwendung.«
»Ja, ich habe mich schon daran gewöhnt. Wie habt Ihr es nur mit einer derartig eigensinnigen Schwester ausgehalten? Gestern auf der Burg seid Ihr nicht wirklich mit ihr fertig geworden, und da habe ich mich gefragt, wie es früher wohl gewesen sein mag.«
»Nun, im Allgemeinen lasse ich sie einfach ins Leere laufen. Irgendwann beruhigt sie sich schon.«
»Könnt ihr zwei euch vielleicht über etwas anderes unterhalten?«, fragte Victoria spitz. »Zum Beispiel darüber, warum sich Großmutter und James MacLeod in Luft aufgelöst haben?«
»Dazu kommen wir noch früh genug.«
Victoria fragte sich, ob man sich wohl ähnlich surreal fühlte, wenn man drei oder vier Mal um die Welt geflogen war und nicht mehr wusste, in welcher Zeitzone man sich befand. Sie blickte ihren Bruder niedergeschlagen an. »Ich habe den Eindruck, mit meinem Leben stimmt etwas nicht mehr.«
»Ich glaube, das ist keine ganz neue Entwicklung«, erwiderte Thomas.
Victoria kniff die Augen zusammen. »Ich glaube, es hat etwas mit dir zu tun.«
»Mit mir?«, fragte er unschuldig. »Nicht dass ich wüsste. Aber bist du denn nicht froh darüber?«
Nun ja, unglücklich war sie nicht gerade, aber das wollte sie auf keinen Fall zugeben. »Du schuldest mir ein paar Ant-worten«, erklärte sie. »Du hast dich schon nach deiner Hochzeit um einige Erklärungen gedrückt, aber das gelingt dir dieses Mal nicht.«
»In Ordnung«, erwiderte Thomas lächelnd. »Aber jetzt lass uns erst mal Jamies Frau anrufen. Sie möchte bestimmt gerne wissen, dass er eine Zeit lang
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