Der Geist von Tatooine
kribbelten nicht, und seine Sicht war so klar wie sie nur sein konnte, wenn um einen herum nichts als gelbes Wirbeln war. Er schätzte, dass ihm noch zehn bis zwölf Stunden blieben. Falls der Sturm bis dahin nachgelassen hatte, könnte Leia ihn noch rechtzeitig finden, falls nicht … Nun, Tatooine war ein Planet wie ein Ofen, und er wurde gerade gebacken.
All das für ein Gemälde – nun, eigentlich mehr für Leia und die Spione. Davon abgesehen durfte er nicht vergessen, was für ein Meisterwerk dieses Gemälde war.
Er überwachte weiter das Komlink in seinem Helm, setzte aber keinen Hilferuf ab. Selbst wenn es ihm gelungen wäre, die Statik zu durchdringen und Leia zu erreichen, wollte er doch nicht, dass sie und Chewbacca nach ihm suchten. Nicht in diesem Sturm. Die ganze Nacht über war das statische Rauschen aus dem Empfänger gedrungen, ohne dass jemals eine Stimme hörbar wurde, und mittlerweile war daraus ein beständiges Zischen geworden, wie Han es noch nie in einem Sandsturm vernommen hatte. Um so viel willkürliche Statik zu erzeugen musste es sich um ein wahres Monster von einem Sturm handeln, selbst nach tatooinischen Maßstäben.
Eine weitere Stunde war vergangen, da ertönte ein seltsames Heulen aus dem Komlink. Han drehte sich herum und schaufelte den Sand unter der Schutzscheibe fort, während er nach dem Stummschalter für das Kom-System suchte – doch dann erkannte er das Geräusch, und ihm wurde bewusst, dass es überhaupt nicht aus seinem Helm stammte. Er erhob sich auf die Knie und sah, wie ein verschwommener, H-förmiger Schatten aus dem Sturm auftauchte. In dem gelben Dunst schien es, als würde er nicht näher kommen, sondern nur größer werden, doch Han hatte diese Silhouette schon zu oft gesehen, um an seinen Augen zu zweifeln. Es war ein TIE-Jäger.
Die imperiale Maschine schoss jaulend über ihn hinweg, verwandelte sich in einen schrumpfenden Ball aus Ionenenergie und verschwand wieder im Sturm.
Han kroch zurück unter das Swoop und fragte sich, wie hoch wohl die Chancen standen, dass der TIE die Maschine übersehen hatte. Nicht sehr hoch. Vermutlich war der Jäger mit fortschrittlichen Sensoren ausgestattet, andernfalls könnte er sich niemals in der Weite der Wüste und dem Wirbeln des Sturms zurechtfinden.
Gerade, als Han zu dieser Schlussfolgerung gelangt war, erklang wieder dieses Heulen, aus der anderen Richtung diesmal. Eine schemenhafte, H-förmige Silhouette schälte sich aus dem Sturm, und diesmal flog sie so tief, dass er versucht war, seinen Blaster zu ziehen.
Doch bevor er Gelegenheit dazu hatte, machte der Sternenjäger kehrt, nur ein Dutzend Meter entfernt, und raste zurück in den Sturm. Hinter ihm sauste eine knapp einen Meter lange Kapsel aus dem heulenden Sand, und sie flog in einem Bogen auf das Swoop zu. Mit wild schlagendem Herzen sprang Han über die Maschine hinweg und rannte davon, den Oberkörper nach vorne gegen den Wind gebeugt, mit rudernden Armen, als wollte er durch die Sandböen hindurchschwimmen.
Erst als er bereits ein Dutzend Schritte entfernt war und schwitzte und keuchte, erkannte er, dass er bereits tot sein müsste, wenn es sich bei der Kapsel tatsächlich um eine Bombe gehandelt hätte. Er kam sich wie ein Narr vor, dachte entsetzt an die Flüssigkeit, die er verloren hatte, und stolperte zu seinem Swoop zurück. Die Kapsel hatte sich daneben bis zu den Leitflossen in den Sand gebohrt, und an ihrer Unterseite blinkte ein helles, weißes Licht. Zweifelsohne sandte gerade ein leistungsfähiger Transmitter in ihrem Inneren ein Positionsmeldesignal aus.
»Nun, jetzt wird mich zumindest jemand finden.«
Han sank zurück unter die Schutzscheibe und blickte ein paar Minuten lang zu dem Leuchtsignal hinüber. Ob die Imperialen wussten, wen sie jagten, vermochte er nicht zu sagen, aber ganz offensichtlich war ihnen das Killik-Zwielicht so wichtig, dass sie ihre wertvollen Sternenjäger auf der Suche danach riskierten. Wenn er überleben wollte, musste er nur warten, bis eine Einheit der Sturmtruppen auftauchte, um das Swoop zu untersuchen. Natürlich müsste er die Erniedrigung ertragen, gefangen genommen zu werden, gefolgt von ein paar Tagen der Folter, aber Han hatte schon schlimmere Situationen überstanden – und er war schon aus schlimmeren Situationen entkommen.
Es war der Gedanke an die Verhöre, der ihm Kopfzerbrechen bereitete. Leia hatte sich zwar schon mehrmals der Befragung durch die Imperialen verwehrt – aber das war Leia.
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