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Der Geisterfahrer

Der Geisterfahrer

Titel: Der Geisterfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Hohler
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der mongolischen Postbehörde ein Strafportovermerk in der Höhe von 4o Y. eingetragen. Der Postverwalter würde sich also, nachdem er die mongolische Währung im Devisenverzeichnis der Schweizer Post nicht vorfände, bei der Bank in Brig erkundigen und die Auskunft erhalten, das mongolische Zahlungsmittel sei der Yau, und 100 Yau entsprächen etwa 60 Rappen. Er würde sich dann ausrechnen, dass 40 Yau 24 Rappen ergäben, würde, wie das bei Strafporti üblich ist, auf die nächsthöhere Fünfereinheit, also auf 25 Rappen aufrunden und diesen Betrag beim Ausliefern der Ansichtskarte vom Lehrer erheben.
    Der Lehrer würde das ohne weiteres bezahlen und würde, da Lehrer immer interessiert sind, zugleich fragen, wie nun diese 25 Rappen in die Mongolei kämen, und der Postverwalter würde es ihm, obwohl Postverwalter selten gesprächig sind, erklären. Er würde ihm sagen, dass er jedes
Strafporto, das er für das Ausland einziehen müsse, auf einem dafür bestimmten Formular einzutragen habe, welches am Ende des sogenannten Strafportojahres, das nicht mit dem Kalenderjahr zusammenfalle, an die Zentralverwaltung geschickt werden müsse, der man auch den Totalbetrag überweise. Diese sende dann die Summen, die sich aus den Abrechnungen des ganzen Landes ergäben, an die Postverwaltungen der einzelnen Staaten, beziehungsweise sie würden mit den Summen verrechnet, die wir von diesen zugute hätten.
     
    Hier bliebe dann die Geschichte eine Weile liegen, bis zu dem Moment, wo der Postverwalter von Grengiols sein Strafportoformular eingesandt hätte und einen guten Monat später den Bescheid bekäme, die Mongolei sei dem Strafportoabkommen von Dublin bis heute nicht beigetreten, sodass die Überweisung der 25 Rappen entfalle. Er erhalte sie hiermit wieder zur Rückerstattung an den Bezogenen.
    Hier nun würde das Pflichtbewusstsein des Postverwalters von Grengiols, welches überhaupt die treibende Kraft dieser Geschichte wäre, in Erscheinung treten. Der Postverwalter würde nochmals mit der Zentralverwaltung Kontakt aufnehmen und sie anfragen, wieso denn der Strafportovermerk von der mongolischen Post auf dieser Ansichtskarte angebracht gewesen sei, wenn man dort von vornherein gewusst habe, dass das Porto nicht bezahlt würde. Die Hauptverwaltung, wie wir die Zentralverwaltung auch nennen können, damit das Wort Zentralverwaltung nicht dauernd wiederholt werden muss, würde
dann zurückschreiben, es hätte keinen Zweck, über die Gründe zu mutmaßen, für sie sei einzig entscheidend, ob das betreffende Land das Dubliner Abkommen unterzeichnet habe, und wenn das nicht der Fall sei, dann könne ein mongolischer Postbeamter Strafportovermerke machen, soviel er wolle, die ausliefernde Post sei ihm keinen Rappen schuldig.
    Nun hätte aber gerade der Postverwalter von Grengiols eine besondere Abneigung, ja einen Hass gegen unterfrankierte Sendungen, er würde sie als Betrugsversuche dem Adressaten gegenüber und auch als Beleidigung der Post und ihrer Tarife betrachten, die schließlich nicht etwas Zufälliges , Unverbindliches darstellten. Da in diesem Fall eindeutig die mongolische Post geprellt worden wäre, die die Karte im guten Glauben befördert hätte, dafür entschädigt zu werden, beschlösse der Postverwalter von Grengiols, ihr unter allen Umständen das Strafporto zurückzuerstatten.
    Er würde in einem Brief an die Botschaft der Mongolei in Bern den Fall erläutern und sich erkundigen, wie er den Betrag der Postverwaltung zukommen lassen könne. Er erhielte dann in französischer Sprache die Antwort, dass dies, da es sich nur um 4o Yau handle, nicht nötig sei und man sich für seine Mühe bedanke. Der Postverwalter von Grengiols schriebe darauf, nicht zufrieden, zurück und bäte die Botschaft um die Adresse der mongolischen Posthauptverwaltung, wonach er aber die sehr knappe Antwort erhielte, die könne man ihm nicht mitteilen. Nachdem er sich hernach an den Weltpostverein gewendet hätte, hätte man ihm die gesuchte Anschrift tatsächlich geben können, worauf er der mongolischen
Hauptverwaltung in einem eingeschriebenen Brief, der mit »Messieurs!« begänne, den Fall mit der Postkarte erläutern würde und um Auskunft bäte, an welche Stelle er die 4o Yau überweisen solle. Dieser Brief käme jedoch nach einigen Wochen zurück, geöffnet und wieder zugeklebt, wie man leicht sähe, und mit einer Aufschrift in mongolischer Sprache versehen.
    Man erwartet nun fast, dass der Postverwalter von Grengiols bei der

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