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Der Geisterfahrer

Der Geisterfahrer

Titel: Der Geisterfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Hohler
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Statur von Rechsteiner, aber einen größeren Kopf. Seine Haare sind wellenlos und seitlich gekämmt. Er trägt unauffällige Anzüge, mausgrau oder hellblau. Er ist nicht kräftig, fühlt aber in sich denselben körperlichen Schwung wie Rechsteiner. Er ist kaufmännischer Angestellter und besorgt in einer Teilzeitstelle die Schreib- und Buchhaltungsarbeit eines Zahnarztes. Daneben lässt er sich zum Privatdetektiv ausbilden.
    Er grüßt Rechsteiner immer mit Namen, was diesem zuerst peinlich war, da er sich Starcks Namen nicht merken konnte, er nannte ihn jeweils Groß oder Lang. Jetzt hat er sich daran gewöhnt und grüßt mit Namen zurück.
Da Starck weiß, wann Rechsteiner zur Arbeit geht, richtet er es so ein, dass er sich um diese Zeit entweder im Hauseingang zu schaffen macht oder gerade vom Einkauf seines Frühstücks zurückkommt. Oft tut er so, als bemerke er Rechsteiner nur zufällig, im letzten Moment, und grüßt ihn dann, in Wahrheit wartet er bloß darauf, dass ihn Rechsteiner einmal zuerst grüßt. Aber Rechsteiner grüßt nie zuerst.
    Rechsteiner versucht Starck zu meiden, wo es geht. Er merkt, dass Starck ihn für sich einnehmen möchte, aber er will mit ihm nicht näher bekannt werden. Einmal, nachdem Rechsteiner die Milch statt drunten im Kästchen auf der Schwelle seiner Wohnungstür gefunden hat, stellt er Starck am andern Morgen deswegen zur Rede. Starck sagt, er hätte ein Stockwerk höher zu tun gehabt und habe gedacht, es gehe gerade im gleichen zu, wenn er ihm, der ja auch Junggeselle sei, die Milch hinaufbringe. Die Anspielung auf sein Junggesellentum gefällt Rechsteiner nicht. Er wittert darin einen Annäherungsversuch Starcks, und Rechsteiner, der von Zeit zu Zeit eine gutriechende Freundin nach Hause bringt, kann Schwule nicht ausstehen.
    Er ist aber etwas erstaunt, als er kurz danach beim morgendlichen Gang zur Arbeit Starck überholt, der, seinen Arm auf die Schulter eines dunkelhaarigen Mädchens gelegt, langsam denselben Weg geht und Rechsteiner nur ganz flüchtig grüßt, kaum hinschauend.
    Später, als ihn Starck zu sich einlädt, zu einem Kaffee am Abend, nimmt Rechsteiner die Einladung an, obschon ihm dabei nicht wohl ist. Er ist nämlich trotz seines forschen Aussehens ängstlich, ja fast feige und liest vor allem
Sensationszeitungen, in denen Morde in Hochhäusern keine Seltenheit sind. Dennoch beschließt er, hinzugehen, weil er das Verhältnis zu Starck einmal klären will.
    Rechsteiner versäumt es jedoch an dem Abend, die entscheidenden, deutlich formulierten Fragen zu stellen, also »Was wollen Sie eigentlich von mir?«, oder ähnlich. Statt dessen sprechen sie so lang wie möglich vom Hauswart und finden sich dann für eine Weile beim Segelsport, für den sich aber doch keiner von beiden richtig interessiert.
    Die Anregung Starcks, man könnte einmal zusammen etwas unternehmen, wendet Rechsteiner ins Allgemeine ab, auch als jener sagt, ob man sich vielleicht nächstens mit den Freundinnen treffen wolle, redet sich Rechsteiner auf die Schüchternheit seiner Bekannten heraus und sucht andere Themen. Diese sind nur schwer zu finden, und Rechsteiner verabschiedet sich bald, ohne eine Gegeneinladung auszusprechen, er nimmt an, Starck hätte nun eingesehen, dass sie nicht viel miteinander zu tun hätten.
    Wie erschrickt jedoch Rechsteiner, als er bald darauf, im Restaurant sitzend, in dem er regelmäßig zu Mittag isst, und zufällig zum Eingang blickend, hinter der Glastüre das Gesicht von Starck erblickt! Da sein Tisch frei ist, setzt sich Starck sogar ihm gegenüber und sagt auf Rechsteiners Frage, wie er hierherkomme, er arbeite jetzt ganz in der Nähe, habe seine Stelle gewechselt. Rechsteiner wird es immer unbehaglicher, als Starck das gute und preiswerte Essen in diesem Restaurant zu rühmen beginnt und mit dem Ausspruch schließt, er werde sich das Lokal merken, oder was ihm Rechsteiner sonst in der Umgebung empfehlen könne. Rechsteiner kann ihm nichts empfehlen,
weil er selber auch herausgefunden hat, dass man hier am günstigsten isst, nennt aber trotzdem einige Namen, in der geringen Hoffnung, Starck loszuwerden.
    Eine Woche lang lässt sich Starck nicht mehr im Restaurant sehen, dann erscheint er wieder und sagt zu Rechsteiner, er habe jetzt der Reihe nach alle von ihm angegebenen Speisewirtschaften aufgesucht und habe keine so gut gefunden wie diese hier.
    Von jetzt ab versucht Rechsteiner, immer schon zu zweit oder zu dritt an einem Tisch zu sitzen, bittet

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