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Der gekreuzigte Teufel

Der gekreuzigte Teufel

Titel: Der gekreuzigte Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong'o
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worden waren. Das Haar trug er in der Mitte gescheitelt, so daß es aussah wie zwei Bergrücken, die sich auf beiden Seiten einer geteerten Straße gegenüberstehen. Er trug einen schwarzen Anzug. Die Jacke hatte Frackschöße, die den Flügeln der großen blaugrünen Fliegen ähnelten, die man in Latrinen und auf Abfallhaufen findet. Das Hemd war vom Kragen bis in die Hose hinein mit Rüschen besetzt. Dazu trug er eine schwarze Fliege. Er rollte unaufhörlich die Augen und paßte das Rollen der Geschwindigkeit und dem Rhythmus seines Sprechens an. Die Hände ruhten auf dem Bauch, den er sanft und beständig streichelte, als wolle er ihn bitten, sich nicht gar so arrogant den Leuten entgegenzuwölben.
    »Ich habe nicht viel zu sagen. Ich werde nicht irre daherreden und Diplome aufzählen, die am besten von einem Matatu transportiert werden. Das Beleidigen von Ausländern überlassen wir den Armen. Ja, denn sehen sie sich wohlgenährten Essern gegenüber, bleibt ihnen nur ihr Ausländerhaß.
    Mein Name ist Nguunji wa Nditika, Entschuldigung - Nditika wa Nguunji. Ehefrau habe ich nur eine einzige. Aber den Sugar girls gehöre ich mit Haut, Haar und Hörnern. Ich leide an zwei Krankheiten: Ich kann nie genug Sugar girls kriegen und niegenug zu essen. Ein guter und gesunder Körper kommt vom guten Essen, und eine gute gesunde Seele kommt von den glatten Schenkeln junger Mädchen.
    Autos habe ich eine ganze Menge - vom Mercedes zum Range Rover, vom Volvo zum Peugeot 604. Wenn ich auf die Jagd nach jungen Mädchen gehe, nehme ich meinen BMW … das bedeutet Be My Woman … und es stimmt, wenn eine junge Frau in den BMW einsteigt, kann sie einfach nicht mehr ›Nein‹ sagen! Der Einkaufskorb meiner Frau ist ein Fiat 1600. Aber neulich beschwerte sie sich bitter darüber, daß eine Frau, die einen Weidenkorb besitze, außerdem einen kleinen Sisalkorb haben müsse. Also kaufte ich ihr einen Mazda.
    Meine Kinder reiten. Sie erhielten ihren Reitunterricht in der Nairobi Highclass Riding School , die sich früher im Besitz von Grogan und Delamere befand. Vor der Unabhängigkeit durfte sich kein Schwarzer auch nur in der Nähe des Reitschulgeländes aufhalten. Leute! Das gibt es, und dann haben einige dickköpfige Typen den Nerv, von einem Hotel zum anderen zu gehen und lauthals zu verkünden, es gäbe noch gar keine Unabhängigkeit - not yet Uhuru ! Was für eine Unabhängigkeit wollen sie denn noch? Ich selbst freue mich immer sehr, wenn ich in der Nähe meines Hauses oder auf der Straße meinen Kindern begegne - ich, in diesem oder jenem Wagen, sie auf den Pferden; sie winken mir, strecken mir die Zunge heraus und rufen: ›Daddy! Daddy!‹, genau wie die europäischen Kinder. Uhuruuu!
    All diese Freuden sind als Ergebnis von zeitgenössischem Raub und Diebstahl wie Pilze aus dem Boden geschossen. Heute besitze ich zum Beispiel mehrere Farmen in Njoro, Elburgon und Kitale. Ich bezahle meinen Arbeitern fünfundsiebzig Shilling im Monat, dazu eine Ration Mehl am Tag und eine Flasche Magermilch in der Woche. Ha, ha, ha! … Ha, ha, ha! … Wissen Sie was? Eines Tages streikten sie, weil sie höhere Löhne verlangten! Ich sage Ihnen, denen ist Hören und Sehen gewaltig vergangen. Alle wurden auf der Stelle fristlos entlassen, und dann ging ich in die Dörfer und engagierte an Ort und Stelle neue Leute. Ha, ha, ha! … Ha, ha, ha! … Die Dörfer sind hervorragende Vorratshäuser für unsere Arbeitskraftreserve! Ha, ha, ha! … Sie möchten wissen, warum ich so lache? Entschuldigen Sie, ich muß nur eben die Lachtränen abwischen … Aber auch Sie werden lachen, wenn Sie sich vergegenwärtigen, daß die meisten von denen, dieheute auf meinen Farmen Unkraut jäten, dieselben sind, die noch vor nicht allzu langer Zeit zu stumpfen Schwertern und selbstgemachten Gewehren griffen und behaupteten, sie kämpften für die Freiheit! Selbst damals habe ich mit meiner Meinung nie hinter dem Berg gehalten und ihnen stets unumwunden gesagt: ›Wir haben Macht über euch, jetzt, während des Ausnahmezustandes, und wenn die Freiheit eines Tages da ist, werden wir noch immer Macht über euch haben!‹ Und voller Hohn erwiderten sie dann: ›Hör auf, solchen Unsinn zu reden, du verdienst eine Kugel!‹ Heute schaue ich sie mir an, wenn sie unterwürfig, den Hut in der Hand, Hände auf dem Rücken, in mein Büro kommen, um ihren Lohn abzuholen; denke ich dann an ihre Beschimpfungen von früher, könnte ich mich totlachen. Ha, ha, ha! …
    Aber das

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