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Der gekreuzigte Teufel

Der gekreuzigte Teufel

Titel: Der gekreuzigte Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong'o
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Fertigung von unzähligen Dingen herzustellen - Stecknadeln, Rasierklingen, Scheren,Buschmesser, Hacken, Äxte, Schüsseln, Wasserbehälter, Blech und Wellblech; Motorfahrzeuge, Traktoren, Dampf- und Dieselmotoren für Eisenbahnzüge, Schiffe und Flugzeuge; Speere, Schwerter, Kanonen, Bomben, Raketen, Trägerraketen oder Raketen, die Menschen ins Weltall befördern - all diese Waren, die jetzt von den Ausländern gemacht werden, könnten wir selbst herstellen, und es würde sich zeigen, daß auch wir von der modernen Wissenschaft und Technologie profitieren. Liebe Freunde, denken Sie darüber nach!
    Kenia mit seinen eigenen Millionären, Milliardären, Multimillionären, Multimilliardären, Kenia mit seinen eigenen Industriekapitalisten … wie in Japan … und all das aufgrund von Eisenerz und maintenance technology , reingewaschen vom Schweiß und Blut der Arbeiter! Was wünschen Sie mehr?
    Räuber unseres Landes! Diebe unseres Landes! Ich habe Ihnen den Weg gezeigt! Jeder Dieb soll seine Talente mit nach Hause nehmen und sehen, was er dort damit anfängt!
    Wem gebührt nun die Ehrenkrone? Sie gebührt allein Mwireri wa Mukiraai, denn er hat Worte der Weisheit des Herzens und der Weisheit des Verstandes gesprochen.
    Ich bin nicht umsonst zur Schule gegangen. Zum Schluß soll mein Ruf an Sie alle sein: Jeder Räuber gehe hin und beraube seine eigene Mutter … das ist wahre Demokratie und Gleichberechtigung der Nationen … Amen … Per omnia saecula saeculorum. Amen.«

Siebentes Kapitel
1
    Ein Traum. Ein Traum am hellichten Tage. Gatuiria kniff sich ins Bein, um festzustellen, ob er den Schmerz fühlen konnte, ob er träumte oder nicht. Er fühlte, daß es schmerzte. Nein, es war kein Traum. Aber trotzdem konnte Gatuiria kaum glauben, daß das, was sich vor seinen Augen abspielte, Wirklichkeit war. Es mag durchaus vorkommen, daß ein Mann träumt, er kneife sich und fühle den Schmerz; oder er träumt, er sterbe und er sieht sogar seine eigene Beerdigung und wie er in den Himmel oder in die Hölle kommt.
    Gatuiria schaute sich nach Wariinga um. Er streckte seine Hand zu ihr hinüber, nahm ihre Finger, drückte sie ein wenig, und da spürte er, daß Wariinga leibhaftig neben ihm saß. Gatuiria glaubte nun, daß auch er selbst da war und daß die Höhle nicht der Fieberwahn eines Malariapatienten war.
    Selbst heute noch erinnert sich Gatuiria mit Schaudern an das Chaos, das nach dem Zeugnis von Mwireri wa Mukiraai in der Höhle ausbrach. Es stimmt, daß einige wenige ihm tatsächlich Beifall spendeten. Aber die Mehrheit knirschte mit den Zähnen und schrie und brüllte vor Wut. Auch Frauen waren darunter. Eine kleine Gruppe der Frauen ehrte ihn mit Trillergesang, aber die große Mehrheit protestierte schreiend.
2
    Der Sprecher der ausländischen Delegation, der Mann, der das Zeichen der USA im Gesicht trug, meldete sich als erster zu Wort. Lärm und Chaos ebbten ab, als die Leute die Ohren spitzten, um ja keines seiner Worte zu verpassen.
    »Herr Vorsitzender, ich spreche für mich selbst und für die anderen ausländischen Experten, wenn ich hier unseren tiefsten Abscheu angesichts der Beschimpfungen und Beleidigungen, die Mwireri wa Mukiraai uns an den Kopf geschleudert hat, zum Ausdruck bringe. Wir sind weder hierher gekommen, umbeschimpft und beleidigt zu werden, noch um uns widerwärtige Unterstellungen gefallen lassen zu müssen. Wir sind gekommen, um Möglichkeiten ausfindig zu machen für die Festigung der Partnerschaft zwischen amerikanischen, europäischen und japanischen Dieben und Räubern einerseits und den Dieben und Räubern der Entwicklungsländer andererseits, das heißt jener Länder, denen erst vor kurzem die Unabhängigkeit gewährt wurde. Wir aus der entwickelten Welt verfügen über langjährige Erfahrungen in zeitgenössischem Raub und Diebstahl. Ich darf Sie außerdem daran erinnern, daß wir die Eigentümer aller Gebäude, aller Lagerhäuser und aller Silos sind, in denen das gesamte Geld aufbewahrt wurde. Sie können sich ja selbst davon überzeugen, daß sogar unsere Anzüge aus nichts anderem als aus Banknoten bestehen. Heutzutage ist Geld der beherrschende Faktor in den vielfältigen Bereichen von Industrie und Handel; man könnte sagen, Geld ist heute zum weltweiten Oberbefehlshaber aller Streitkräfte geworden, die sich Raub und Diebstahl verpflichtet haben. Money is supreme. Money rules the world. Wir sind nur gekommen, um festzustellen, ob wir einige von Ihnen in unsere Geheimnisse

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