Der gekreuzigte Teufel
menschenverschlingenden Menschenfresser hören können. Machen Sie sich keine weiteren Gedanken um Mwireri wa Mukiraai. Wir werden uns schon um ihn kümmern - sein Schicksal wird sich noch heute hier entscheiden. Ich meine, eine Entschuldigung ist angemessen. Was noch bleibt, ist eine Entschuldigung, die in entsprechenden Taten ihren Ausdruck findet.«
Der Meister setzte sich. Der Sprecher der ausländischen Delegation der Diebe und Räuber nahm die Entschuldigung entgegen und sagte, daß sie nun gewillt seien, auf die Entschuldigung zu warten, die sich in Taten manifestieren würde. Er sagte weiter: »Der Gerechtigkeit muß nicht nur stattgegeben werden, sondern es muß auch sichtbar sein, wie ihr stattgegeben wird. Ich danke Ihnen. Asante.«
Der Applaus, der daraufhin in der Höhle ausbrach, glich einem Donnerschlag, der fast die Decke und alle vier Wände einstürzen ließ.
4
Gatuiria hielt noch immer Wariingas Hand. Ihm war nach wie vor zumute, als träume er. Auch Wariinga ließ seine Hand nicht los. Und so blieben sie, ein jeder in seine eigenen Gedankenverstrickt, und sich doch bewußt, ließe einer den anderen los, würden sie in der Finsternis der Höhle ertrinken.
Gatuiria gelang es nicht, auch nur einen Gedanken zu Ende zu denken. Ein Gedanke kam, tanzte eine Weile und wurde von einem neuen aus der Arena gejagt. Und der neue Gedanke hüpfte einige Augenblicke umher, bis auch er vom nächsten verjagt wurde. Und so ging es immer weiter. Er schien nicht mehr nach einem passenden Thema für seine Musik zu suchen. Vor allem bedrängten ihn Wariingas schmerzliche Erfahrungen. Aber noch ehe er damit zu einem Ende gekommen war, wurde ihm bewußt, daß Wangari die Polizei und Muturi die Arbeiter hierher bringen wollten, und das beunruhigte ihn. Was würde geschehen, wenn es in der Höhle zu handgreiflichen Auseinandersetzungen käme? Auch der Lärm beunruhigte ihn, und das Chaos, das nach dem Zeugnis von Mwireri wa Mukiraai entstanden war. Er hat nicht einmal das System des Rauhens und Stehlens verurteilt. Er sagte nur, daß jeder Dieb bei sich zu Hause stehlen sollte. Was würde erst geschehen, wenn ein Mann wie Muturi herkäme und das ganze System des Raubens und Stehlens verurteilte ?
Plötzlich meinte Gatuiria, er müsse Wariinga sagen, sie sollten fliehen, denn seine Augen begannen Bilder zu sehen, die ihn erzittern ließen. Am Anfang der Bilder stand Mwaura.
Gatuiria war, als sähe er Mwaura, der ihn mit gierigen Blicken anstarrte. Dann wurde er gewahr, daß ihn nicht nur Mwaura so anstarrte. Alle, die um ihn herum saßen, hatten diesen Blick. Jedesmal, wenn einer der Diebe gähnte, dachte Gatuiria, er sähe an Stelle ihrer Zähne blutige Fänge, die sich auf ihn und Wariinga richteten. Er hörte eine Stimme, die ihm zuflüsterte: Das sind sie, die Menschenfleisch essen; das sind sie, die Menschenblut trinken - dies sind die modernen Nding'uris; nimm das Mädchen und verlasse diesen Ort!
Aber eine andere Stimme hieß ihn bleiben, hieß ihn das Ende abwarten, damit sie sich in Zukunft nicht alle möglichen Geschichten über den Ausgang des Wettbewerbs in der Höhle anhören müßten. Denn hätte man Gatuiria vor den Ereignissen jenes Tages gesagt, daß es auf der Welt noch immer professionelle Mörder und Menschenfleischfresser gäbe, so hätte er dies nicht geglaubt - so hatte ihm der alte Mann aus Bahati in Nakuru also doch Geschichten von modernen menschenfressenden Ungeheuern erzählt?
Gatuiria schüttelte den Kopf, um sich von solchen Gedanken abzulenken. Er starrte unverwandt aufs Podium, um nicht die furchterregenden Bilder, die sich für ihn auf den Gesichtern der Menschen um sich herum abzeichneten, anschauen zu müssen.
Er begann über Mwireri wa Mukiraai nachzudenken, und er verglich dessen Zeugnis mit der Geschichte, die er ihnen während der Nacht erzählt hatte - mit der Geschichte von dem Mann, der in ein fernes Land ging und seinen Knechten fünf, zwei und ein Talent anvertraute; nachdem er einige Zeit weggeblieben war, kehrte er zurück und rief seine Knechte zu sich …
… Da trat auch herzu der … Talente empfangen hatte und sagte …
DAS ZEUGNIS VON NDITIKA WA NGUUNJI
Nditika wa Nguunji war ungeheuer dick. Sein riesengroßer Kopf war wie ein Berg, und sein Bauch ragte massig und unverschämt hervor. Seine Augen glichen zwei übergroßen roten Glühbirnen, die anscheinend von einem ungeduldigen Schöpfer, der mit einer anderen Arbeit weitermachen wollte, ins Gesicht gesetzt
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