Der gekreuzigte Teufel
ich meinen Waigoko mit der behaarten Brust geheiratet, hätte ich dann jemals einen jungen Mann wie dich kennengelernt? Aber da war noch einer, der sagte mir, daß es der Zauber des Geldes sei, der den Waigokos unserer modernen Zeit die Haare auf der Brust abrasiert … Geld steht heutzutage für Jugend …«
»Geld ist nicht das ganze Leben«, sagt Wariingas Mutter. »Es ist nicht so wichtig, ob ein Mann nun alt oder jung ist - allein wichtig ist das Glück, das den Taten entspringt, die ein Mensch hier auf Erden vollbringt … Wariinga, warum macht ihr nicht einen Spaziergang, und ich werde in der Zwischenzeit etwas kochen … Wenn ihr dann zurückkommt, ist auch dein Vater wieder da, und du kannst ihm alles von dir erzählen!«
»Das ist gut, Mutter«, sagt Gatuiria und steht auf. »Seit jenem Fest bin ich nicht mehr durch Ilmorog gegangen …«
3
Und wieder einmal sind Wariinga und Gatuiria auf dem Weg nach Golden Heights. Es ist Abend, und sie wollen die kühle, frische Luft genießen. Der Rasen im Park von Ilmorog ist weich und grün, und die Bäume breiten wie Schirme ihre Zweige und Blätter.
Gatuiria läßt den Toyota an der Straße stehen, denn sie möchten lieber über das grüne Gras unter den Bäumen gehen. Sie steigen den Bergrücken hinauf, bis sie oben auf dem Kamm sind und sich unter ihnen die Ebene mit den Weizen- und Gerstenfeldern erstreckt, die der Theng'eta-Brauerei gehören.
Freude besteht darin, wenn sich die warmen Ströme junger Lebenskraft finden und im Einklang das Tal der Liebe durchfließen. Wariinga und Gatuiria stehen beisammen, ihre Schultern berühren sich und sie schauen hinaus in die Ebene und weiter zu den fernen Hügeln.
»Ich bin jedesmal froh, wenn ich von dir das höre, was du eben zu Hause gesagt hast«, beginnt Wariinga.
»Was habe ich denn gesagt? Wir haben doch über vieles geredet«, fragt Gatuiria.
»Daß es nichts Unsauberes ist, wenn ein Mädchen schwangerwird. Daß nichts Aussätziges daran ist, wenn ein Kind unehelich geboren wird«, erwidert Wariinga rasch.
»Ich habe dich doch gebeten, die Vergangenheit zu vergessen«, sagt Gatuiria. »Laß uns heute und morgen unser Glück genießen. Auf unserer Reise haben wir bereits eine Hürde genommen - deine Mutter hat uns ihren Segen gegeben. Das Herz geht mir über vor Freude. Gibt es einen glücklicheren Menschen als mich? Ich habe die Musik komponiert, die ich mir von jeher zum Ziel gesetzt hatte, und nun steht für mich noch ein besonderes Geschenk bereit - eine Schönheit, die alle anderen Schönheiten in den Schatten stellt.«
»Du legst ja ein Selbstzeugnis ab wie jene, die damals in Ilmorog an dem Wettbewerb im Rauben und Stehlen teilnahmen«, sagt Wariinga lachend zu ihm. »Du solltest abwarten, bis ein anderer dein Loblied singt!«
»Aber ich sage doch nur die Wahrheit! Ich singe das Lob der Freude. Auf was, glaubst du wohl, warte ich jetzt noch, um meine Freude zum Überfließen zu bringen, damit meine Freude komplett ist?«
»Ich kann den Brief nicht lesen, der in einem Umschlag in deinem Herzen verschlossen liegt«, sagt Wariinga und kann sich des Lachens kaum erwehren, weil ihr eingefallen ist, was Boss Kihara damals im Büro zu ihr gesagt hatte. »Sag mir, worauf du noch wartest, damit ich zur Seite springen kann und nicht von der Flut hinweggeschwemmt werde, wenn deine Freude über die Ufer tritt!«
»Ich warte auf den Segen meiner Eltern morgen in Nakuru!« gibt ihr Gatuiria zur Antwort.
»Wie sehen deine Eltern aus?« fragt Wariinga unvermittelt. »Gleichst du deinem Vater oder deiner Mutter?«
Eine solche Frage hat Wariinga Gatuiria noch nie gestellt. Er weiß nicht, was er antworten soll. In seinem Innern schämt sich Gatuiria zutiefst seiner Eltern, denn in all ihrem Tun hatten sie die ausländischen Sitten angenommen, und die Kultur Europas war für sie gleichbedeutend mit einer von Gott gewollten Kultur geworden. Gatuiria ist sich auch jetzt noch nicht sicher, wie seine Eltern Wariinga morgen aufnehmen werden, zumal wenn sie erfahren, daß sie ein Kind von einem anderen Mann hat. Aber eines hat er beschlossen. Wie auch immer seine Eltern sie aufnehmen werden, er hat sich für Wariinga entschieden. Noch deutlicher jedoch ist ihm die Tatsache gewärtig, daß er nicht weiß, wie Wariinga selbst auf seine Eltern reagieren wird. Wenn Wariingamorgen ihren Lebensstil sieht, wird sie die Eltern dann verachten? Würde sie es sich vielleicht doch noch anders überlegen, wenn ihr klar wird, daß
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