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Der gekreuzigte Teufel

Der gekreuzigte Teufel

Titel: Der gekreuzigte Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong'o
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eigenen Tasche. Entweder du steigst aus, oder du läßt mich das süße Klingen der Münzen hören, damit wir weiterfahren können.«
    Es war der Mann im blauen Arbeitsanzug, der dem Streit ein Ende setzte. »Fahr weiter«, forderte er Mwaura auf. »Ein Tier schreit nur vor Schmerz, wenn es gebissen wird. Ich werde für sie bezahlen.«
    Plötzlich sprach der Mann, der Gatuiria hieß: »Ja, laß den Motor an, fahren wir weiter! Ich will auch einige Cents zum Fahrpreis beisteuern.«
    »Auch ich möchte etwas dazu geben«, sagte Wariinga schnell. Sie dachte daran, daß auch sie kein Fahrgeld gehabt hätte, wäre ihre Handtasche in der River Road verlorengegangen.
    »Wir werden den Betrag in drei Teile teilen, um die Last zu erleichtern. Die Arbeit vieler Hände wird nur dann zur Last, wenn einer sich weigert, seinen Anteil beizutragen«, sagte der Mann im blauen Arbeitsanzug.
    Mwaura startete den Wagen, und sie ließen Kineenii hinter sich. Schweigend fuhren sie eine kurze Strecke. Die dankbaren Worte der Frau durchbrachen das Schweigen.
    »Ich bin sehr glücklich. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, um euch für eure Hilfe zu danken. Mein Name ist Wangari und ich komme aus Ilmorog — aus dem Dorf Njeruca. Wenn wir nach Ilmorog kommen, werde ich versuchen, irgendwie das Geld zu beschaffen, um es euch zurückzubezahlen. Aber zum Zeichen des Segens für euch habe ich meine Brust mit etwas Speichel genetzt. Mögt ihr stets fruchtbare Felder bebauen!«
    »Mach dir um meinen Anteil keine Sorgen«, sagte der Mann im blauen Arbeitsanzug zu ihr. »Wenn wir uns nicht gegenseitig helfen, werden wir wie die Tiere. Deshalb haben wir in den Tagen des Mau Mau-Kampfes den Eid abgelegt und geschworen: ›Ich werde niemals alleine essen …‹«
    »Even mine, I mean , auch meinen — forget it, sorry, I mean , vergiß auch meinen Anteil«, sagte Gatuiria. Gatuiria schämte sich immer, daß er Englisch und Gikuyu durcheinanderbrachte, aber er bemühte sich sehr, es nicht zu tun. »Was mich anbelangt, so stimme ich den Worten dieses Mannes zu«, fügte Gatuiria hinzu. »Aber damit ich dich nicht länger ›dieser Mann‹ nennen muß, würde ich gerne deinen Namen wissen. My name … I mean , ich heiße Gatuiria.«
    »Und ich heiße Muturi«, erwiderte der Mann im blauen Arbeitsanzug. »Ich bin Arbeiter — ich habe mich auf Schreinerei, auf Klempnerarbeiten und auf Maurerarbeiten spezialisiert— Klempner, Schreiner, Maurer — aber ich kann auch jede andere Arbeit tun, zu der man seine Hände braucht. Arbeit ist Leben.«
    »Und wie steht es mit dir, junge Dame?« Mit dieser Frage wandte sich die Frau, die Wangari hieß, an Wariinga.
    »Ich heiße Wariinga, Jacinta Wariinga, und ich komme aus Ilmorog.«
    »Aus welchem Teil Ilmorogs?« fragte Wangari.
    »Aus dem Dorf, das Ngaindeithia genannt wird, gleich neben New Jerusalem — Njeruca«, antwortete Wariinga.
    »Übrigens, was du eben gesagt hast …« Gatuirias Worte waren an Muturi gerichtet. Er hielt inne, räusperte sich und dann fragte er Muturi: »Can you please tell me, I mean , kannst du mir sagen …« Wieder machte er eine Pause, als wisse er nicht genau, was er eigentlich fragen wollte. Er versuchte es noch einmal. »Kann man sagen, daß der Gedanke von Haraambe 5 seine Wurzeln in den Zielen und Vorstellungen der Mau Mau-Bewegung hat?«
    »Haraambe?« sagte Muturi und lachte leise. »Haraambe? Hast du nicht gehört, was die Nyakinyua-Tänzer singen?

    Das Haraambe von heute
    Das Haraambe von heute
    gehört nicht denen, die alte Geschichten erzählen
    und Gerüchte verbreiten.
    Also gehört es sich auch nicht, daß ich Klatsch und Gerüchte über irgend etwas verbreite, das mit dem Haraambe von heute zu tun hat. Modernes Haraambe? Hm! Ich will lieber den Mund halten, denn es heißt, Schweigen rettete einst die Menschen vor dem Land des Schweigens. Aber fragte man mich um Rat, würde ich den Nyakinyua-Tänzern empfehlen, ihr Lied so zu singen:

    Das Haraambe des Geldes
    Das Haraambe des Geldes
    Gehört den Reichen und ihren Freunden.
    Als wir für die Unabhängigkeit kämpften, kannten wir zwei Arten von Haraambe — oder sagen wir, zwei Arten organisierter Einheit. Auf der einen Seite stand die Organisation der Homeguards 6 und Imperialisten und auf der anderen die Patrioten, angeführt von den Mau Mau. Die Patrioten sangen dieses Lied:

    Große Liebe fand ich dort
    bei den Frauen und Kindern.
    Eine Bohne fiel auf die Erde,
    und wir teilten sie untereinander.
    Die

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