Der gekreuzigte Teufel
schieben? Ich will ganz offen mit Ihnen reden, denn wie das Sprichwort sagt: Wer sich liebt, der neckt sich, aber: Eine zu heiße Flamme betrügt das Feuer um seine Nahrung …
Ich bitte Sie, ich flehe Sie an, tafadhali, please , seien Sie geduldig bis zum Ende. Jedem Bewerber wird genug Zeit auf dem Podium eingeräumt, um sein Bekenntnis abzulegen und um mit seiner Kunst im Rauben und Stehlen zu prahlen. Wir wollen uns nichtgegenseitig geringschätzen. Zeugnis ist Zeugnis. Es darf nicht dazu kommen, daß Zeugnis gegen Zeugnis steht. Kein Habicht ist zu klein, um seine Beute zu holen — moderne Beute.
Aber damit Leib und Seele wieder zur Ruhe kommen und Frieden hier einkehrt, würde ich jetzt eine kleine Unterbrechung vorschlagen, um unsere Bäuche zu bewirten, denn ein Räuberbauch ist nicht so dumm, daß er Ruhe gibt, wenn Essen im Überfluß vorhanden ist — er läßt sich auch nicht mit einem oder zwei Bissen zum Schweigen bringen. Sie können sich entweder hier in der Höhle etwas zum Mittagessen besorgen — es gibt ein besonderes Internationales Gericht — oder sonst irgendwo in Ilmorog zum Essen gehen. Aber ich bitte Sie sehr, beeilen Sie sich mit Essen und Trinken, damit wir um 14.30 Uhr hier wieder zusammenkommen können. Es stehen noch viele Zeugnisse aus.
Ehe wir nun zum Essen auseinandergehen, möchte ich unsere Damen — ob es nun Ehefrauen, Freundinnen oder Sugar girls sind — darauf aufmerksam machen, daß nach dem Wettbewerb eine Modenschau stattfinden wird; das ist Ihre Chance, Ihren Schmuck zu zeigen — Gold, Brillanten, Silber, Rubine, Tanzanite, Perlen —, denn unsere Kultur muß weiterentwickelt werden. Wie die Damen sich kleiden und welchen Schmuck sie tragen, zeigt, welchen Kulturstandard wir erreicht haben, das ist Ihnen ja wohl allen bekannt … Wenn Sie also zurückkommen, halten Sie Ihre Colliers, Ohrringe, Ringe und Broschen bereit, damit wir bei unseren ausländischen Gästen Eindruck machen und ihnen zeigen können, daß auch wir auf dem Weg zur modernen Zivilisation sind … Um 14.30 Uhr also und nun namtakieni , Guten Appetit, bon appétit, mes amis …«
Der Zeremonienmeister bekam stehenden Beifall. Die Leute waren nun zufrieden und unterhielten sich fröhlich und unbeschwert. Die Hell's Angels Band spielte kongolesische Melodien.
Babanda nanga bakimi na mobali
Mobali oyo toto ya matema
Nakei koluko mobali nangae …
Einige blieben bei ihren Gläsern und Flaschen sitzen und diskutierten noch weiter über das Pistolendrama. Andere wandten sich dem Ausgang zu …
Kirie — kirie — Leison
Kirie - kirie — Leison …
Gatuiria nahm Wariingas Hand und sagte zu ihr: »Wir sollten auch hinausgehen … komm, wir gehen, sonst ersticke ich noch in dieser Luft!«
»Ja, mir ist auch ganz übel«, erwiderte Wariinga und stand auf.
»Wir müssen die freie Luft atmen, solange sie nichts kostet — ehe sie von Kihaahu und Gitutu vermarktet wird«, fügte Wariinga hinzu, als sie hinausgingen.
Kirie — kirie — Leison
Kirie — kirie — Leison …
Mwaura wandte sich an Muturi und sagte: »Was weißt du über die Devil's Angels , was hast du mit ihnen zu tun?«
Muturi nahm den Papierfetzen heraus, den die Gangster, die Wariinga aus ihrer Wohnung in Nairobi hinausgeworfen hatten, hinterlassen hatten.
»Hier!« sagte Muturi und gab Mwaura das Stück Papier. »Ich glaube, es gehört dir.«
Mwaura las es und runzelte die Stirn.
»Woher hast du das?« fragte er.
»Ich fand es gestern abend in deinem Wagen«, erwiderte Muturi.
Mwaura schaute Muturi an, und bittere Fragen standen in seinen Augen: Was hat Muturi hier zu suchen? Wen jagt er mit seinen ruhelosen Augen? Ist er hinter mir her? Warum hat er diesen Zettel geschrieben, nur um mir vorzumachen, er habe ihn im Wagen gefunden? Oder wollte er sehen, wie ich darauf reagiere? Wer ist Muturi und wer ist Wangari? Muturi konnte die Bitterkeit in Mwauras Augen nicht sehen, denn er hatte sich im selben Augenblick nach Wangari umgewandt:
»Wir sollten auch hinausgehen«, sagte er zu Wangari.
Die Hell's Angels Band spielte noch immer dieselbe kongolesische Melodie:
Nakai Koluka banganga
Po ya Kosongisa mobali nangai …
In diesem Augenblick beschloß Mwaura plötzlich, Muturi und Wangari zu fragen, wer sie nach Ilmorog geschickt habe — ichmuß ihnen zeigen, daß ich ihren geheimen Auftrag kenne; daß ich mich von ihren großartigen Geschichten gestern abend nicht täuschen ließ …
»Sagt mal«, begann er, fuhr dann
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