Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der gekreuzigte Teufel

Der gekreuzigte Teufel

Titel: Der gekreuzigte Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong'o
Vom Netzwerk:
Haraambe-Spendenaktionen der Kirchen?
    Gitutu, lassen Sie mich in Ruhe. Aber sollten Sie noch immer Lust auf ein Pistolenduell haben, würde ich Ihrem Wunsch nur zu gerne nachkommen — Ihr Bauch gäbe ein erstklassiges Ziel ab, und ich würde zu gerne wissen, ob ich ihn mit zwei oder drei Schüssen zur Strecke bringen kann. Aber vielleicht würden Sie auch einen Krieg zwischen unseren Söldnern vorziehen, das gäbe uns die Gelegenheit festzustellen, welches Kommando, Ihres oder meines, den stärksten Hasch raucht. Auch ich bin beschnitten worden. Wenn Sie sich bei den Frauen erkundigen, so können diese Ihnen bezeugen, daß meine Vorhaut nicht ausgeliehen oder künstlich an meinem Penis befestigt ist!
    Und zum Schluß möchte ich Ithe wa Mbooi antworten, dem, der sich darüber beschwerte, daß ich Angehörige meiner eigenen Klasse beraube und bestehle. Ihm möchte ich folgendes sagen: Was für ein Dieb und Räuber sind Sie eigentlich? Was sucht er überhaupt hier bei diesem Wettbewerb, wenn er noch nie etwas von der elementaren Wahrheit gehört hat, daß es Stahl gibt, der anderen Stahl mit Leichtigkeit durchbohren kann? Ithe wa Mbooi, ich sage Ihnen, es gibt Diebe, die besser stehlen als andere, Räuber, die besser rauben als andere, und Könige, die besser herrschen als andere. Sollte Ithe wa Mbooi dies unbekannt sein, so täte er besser daran, seinen Kram einzupacken und nach Hause zu fahren, um Nyina wa Mbooi beim Kartoffelschälen zu helfen und sich mit ihr am Feuer über Glut und Asche zu unterhalten. Ein Stahl, der einen anderen Stahl durchbohren kann, ist doch wohl von besonderer Qualität und Härte, oder etwa nicht? Was wünschen Sie noch mehr? Die Krone gehört mir. Warum noch mehr Zeit vergeuden — geben Sie mir die Siegeskrone … jetzt!«
    Es schien, als habe er sich mit dieser letzten Rede noch mehr Feinde gemacht. Viele sprangen gleichzeitig auf und schrien sich gegenseitig an, einige standen auf Kihaahus Seite, andere auf Gitutus oder Ithe wa Mboois Seite. Man hätte meinen können, in der Höhle würden sieben Märkte auf einmal abgehalten.
    Und dann wurde es mit einem Schlag ganz still in der Höhle. Kihaahu, Gitutu und Ithe wa Mbooi hatten Pistolen gezogen!
    Die Leute standen stillschweigend auf und versuchten, sich aus der Schußrichtung zu entfernen. Einen Augenblick lang hörte man weder husten noch niesen, das einzige Geräusch war das Rücken der Stühle und Tische, als die Leute weggingen und auf das Pfeifen der Schüsse warteten.
    Das ganze Fest wäre aufgeflogen, wenn der Zeremonienmeister nicht auf das Podium gesprungen wäre, ehe die Schießerei losging. So laut er konnte, schrie er die Leute an, bis sie auf ihre Plätze zurückkehrten. Sich gegenseitig noch immer bitterböse Blicke zuwerfend, nahmen auch Kihaahu wa Gatheeca, Gitutu wa Gataanguru und Ithe wa Mbooi ihre Plätze wieder ein. Und ebenso plötzlich, wie es still geworden war, nahm der Lärm in der Höhle wieder zu. Mit beruhigenden Handbewegungen bemühte sich der Zeremonienmeister, die Ruhe wiederherzustellen. Als er dann zu sprechen begann, klang seine Stimme beschwichtigend und versöhnlich.
    »Stecken Sie Ihre Pistolen wieder ein. In aller Höflichkeit möchte ich Sie bitten, sich den Anlaß unseres heutigen Zusammentreffens ins Gedächtnis zu rufen. Wir sind nicht zu einem Duellwettbewerb hierher gekommen, sondern einzig und allein, um an einem Wettbewerb in modernem Raub und Diebstahl teilzunehmen. Außerdem möchte ich Sie daran erinnern, daß wir Gäste unter uns haben — sieben Abgesandte des Internationalen Verbandes der Diebe und Räuber; sie sind hier, um alles, was wir tun, zu überwachen. Möchten Sie sich denn gegenseitig vor unseren ausländischen Gästen bloßstellen? Wie werden sie jetzt wohl über uns denken, nachdem sie am hellichten Tag Zeugen eines lärmenden Chaos und einer dramatischen Schießerei geworden sind? Es könnte durchaus möglich sein, daß sie wegen unseres Verhaltens den Glauben an uns verlieren und es sich noch einmal anders überlegen: Können diese Leute wirklich auf alle Produkte unseres Raubens und Stehlens in ihrem Land aufpassen? Sind sie in der Lage, sich unserer Finanzinstitutionen und Geldvorräte und der davon abhängigen Industriebetriebe anzunehmen? Stellen Sie sich vor, was wir verlieren würden, wenn die Gäste ihre Überbleibsel in ein anderes Dorf brächten! Welch ein Verlust für Ilmorog! Und wem, außer uns selbst, könnten wir die Schuld dafür in die Schuhe

Weitere Kostenlose Bücher