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Der gelbe Handschuh

Der gelbe Handschuh

Titel: Der gelbe Handschuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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schnell wieder ein paar Stockwerke höher.“ Er zwinkerte noch einmal durch seine dicken Brillengläser und machte sich dann zum Fahrstuhl auf den Weg.
    „Wie kommt der bloß hier runter ins B-Deck?“ fragte der Page Axel Kannengießer. „Glaubt ihr, daß er schon wieder zu lange in die Flasche geschielt hat?“
    „Er war ganz nüchtern“, stellte Peter Finkbeiner fest. „Und er hatte sich nicht verlaufen. Man fahrt aus Versehen nicht gleich fünf oder sechs Decks zu tief.“
    „Psst“, sagte Ulli, „Kommissar Maigret kombiniert.“
    „Jedenfalls würde ich sagen...“ Peter hatte jetzt die Augen geschlossen, legte den Zeigefinger an die Nase und machte den Eindruck, als ob er wie aus heiterem Himmel plötzlich hypnotisiert worden sei.
    „Was würden Sie sagen, Meister?“ fragte Ulli vorsichtig, um ihn nicht aufzuwecken.
    „... daß man sich diesen Herrn Latenser merken muß“, verkündete Peter. „Für den Fall nämlich, daß eines Tages ein Bankkassierer gesucht wird, der zu Hause ein paar tausend Mark unterschlagen hat und damit als harmloser Passagier auf irgendeine Karibische Insel türmen will!“
    „Großartig“, sagte Ulli neidlos. „Deine Phantasie könnte im Zirkus auftreten.“
    „Man soll das Känguruh nicht an die Wand malen“, bemerkte der flachsblonde Knabe namens Axel Kannengießer besorgt.
    Daraufhin stiefelten die drei zur Treppe und zum A-Deck.

Mister Palmer taucht im falschen Augenblick

    Fünf Decks höher lag Herr Wagner neben dem Apothekerehepaar Finkbeiner im Liegestuhl.
    „Nicht zu glauben, daß wir erst knappe zwei Tage von Berlin weg sind“, sagte er nachdenklich. „So zwischendurch kommt’ s mir vor, als seien wir schon wochenlang unterwegs. Was für ein Tag ist eigentlich heute?“
    „Ich glaube, Dienstag“, erwiderte Herr Finkbeiner. „Ich habe so ein Gefühl von Dienstag.“
    Sie lagen in Wolldecken eingepackt neben anderen Passagieren im geschlossenen Promenadendeck. Das gleichmäßige Rollen des Schiffes machte sie ein wenig schläfrig.
    Frau Finkbeiner blätterte in der Schiffszeitung, die nachts an Bord gedruckt worden war und die man frühmorgens unter der Kabinentür durchgeschoben hatte.
    „Der Schiefe Turm von Pisa hat sich wieder um zwei Zentimeter geneigt“, las sie vor. Sie mußte dabei beinahe gähnen. „Und in Deutschland gibt’s seit heute nacht einen Kälteeinbruch.“
    „Ausgezeichnet“, bemerkte Apotheker Finkbeiner. „Dann rennen sie uns zu Flause nach Grippetabletten und Hustensäften die Bude ein.“ Er legte die Hände unter den Kopf und blickte zufrieden in den grauen Himmel hinaus.
    Zur gleichen Zeit kam der Page Axel Kannengießer mit den zwei Berliner Landratten im A-Deck aus der Schlosserwerkstatt, die sie gerade besichtigt hatten.
    „Und jetzt gehen wir an den Süßwassertanks vorbei“, erklärte er wie ein Fremdenführer bei der Schloßbesichtigung. „Übrigens sind wir jetzt ganz vorne im Bug des Schiffes, und hinter dieser Wand da drüben ist der Kettenkasten, der wie ein Aufzugschacht bis ins D-Deck hinuntergeht. Wenn der Anker hochgezogen ist, füllt die Kette den ganzen Kasten aus. Und jetzt...“, der flachsblonde Page mit der Stubsnase blieb plötzlich stehen, „...jetzt machen wir einen Abstecher zu den Maxen nach China.“
    „Dunkel ist mir deiner Rede Sinn“, bemerkte Peter Finkbeiner und zauberte eine Falte auf seine Stirn.
    „Er wird’s uns gleich erklären!“ Ulli Wagner grinste. „Schieß los!“
    „Daß es auf einem Schiff jeden Tag eine Menge schmutzige Wäsche gibt, könnt ihr euch doch vorstellen?“ Axel Kannengießer blickte die beiden Jungen aus Berlin an, als hätte er sie nach der Hauptstadt von Abessinien gefragt.
    „Ja, das können wir uns vorstellen“, erwiderte Ulli. „Und daß diese Wäsche an Bord von irgend jemandem gewaschen werden muß.“
    „Auch das ist uns klar.“
    „Kluge Kinder“, sagte der Knabe namens Axel Kannengießer lobend und setzte sich wieder in Bewegung.
    „Nun gibt es da eine komische Sache“, erklärte er weiter. „Auf allen Schiffen in der ganzen Welt wird die Wäsche von Chinesen gewaschen, und überall an Bord sagt man ganz einfach Max zu ihnen.“
    „Wie der männliche Vorname?“ fragte Ulli ungläubig. „Wieso gerade Max?“
    „Vielleicht weil Max international ist“, antwortete der Page aus dem Speisesaal. „Ihre chinesischen Namen sind jedenfalls für andere Sprachen regelrechte Zungenbrecher, wie man weiß.“
    „Und das ist für sie kein

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