Der gelbe Handschuh
Sache von einer Dame ausgehen, habe ich mir überlegt. Aber bevor ich weiterrede...“ Er blickte Mrs. Fuller jetzt mitten in die Augen. „Der Plan kommt ganz allein von Ihnen, und ich habe nichts damit zu tun. Sie allein sind auf die Idee gekommen.“
„Machen Sie’s nicht so spannend“, erwiderte die Frau in dem Regenbogenkleid.
„Also, hören Sie zu“, flüsterte Mister Wilkinson.
Im B-Deck begegnete in diesem Augenblick der baumlange Mister Palmer dem Cellospieler mit den traurigen Fischaugen.
„Ich hoffe, es geht Ihnen gut!“ sagte Mister Hobbs im Vorbeigehen. „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“
„Gleichfalls“, erwiderte Mister Palmer und blickte hinter dem dicken Mann her, der weiter durch den schmalen Korridor ging, ohne sich umzudrehen. Es hörte sich so an, als ob er vor sich hin pfeifen würde.
„Merkwürdig“, murmelte Mister Palmer und schüttelte den Kopf. Dann klopfte er an die nächste Kabinentür. Sie hatte die Nummer 488.
„Ja, bitte?“ fragte eine Stimme von drinnen.
„Ich bin’s, Palmer.“
„Guten Morgen, Sir“, sagte Inspektor Brown, als er seinen Besucher eintreten ließ.
„Ich hoffe, Sie haben einigermaßen gut geschlafen?“ erkundigte sich Mister Palmer.
„Es geht“, erwiderte der junge Inspektor. „Diese verdammte Kabine muß genau über dem Maschinenraum liegen. Aber jetzt hab’ ich mich schon daran gewöhnt.“
„Vermutlich sind wir auf dem ganzen Schiff die einzigen, die sich über den Streik in Trinidad freuen.“ Jetzt lachte Mister Palmer und rieb sich die Hände. „Solange wir auf dem Wasser sind, kann nicht allzuviel passieren.“
„Falls sich nicht jemand schon in New York an Bord geschmuggelt hat, weil er hinter dem Bild her ist.“
„Das dürfen wir natürlich nicht ganz ausschließen“, gab Mister Palmer zu. Er holte seine Pfeife und eine Tabaksdose aus der Tasche. „Aber als die Meldung über den Transport in der Zeitung stand, war das Schiff bereits total ausverkauft und die meisten Passagiere bezogen schon ihre Kabinen. Nein, ich bin fast sicher, daß die Sache nur gefährlich werden kann, solange wir in einem Hafen liegen.“ Er zündete ein Streichholz an. „Wenn sie überhaupt gefährlich werden sollte.“
„Der Erste Offizier hat mich übrigens vor einer halben Stunde besucht.“
„Ich weiß.“
„Wir haben zusammen den Tresorraum kontrolliert...“
„...und alles war in Ordnung“, ergänzte Mister Palmer.
Der erste Pfeifenrauch ringelte sich durch die Kabine. „Ich habe mich übrigens nach dem Passagier von gestern abend erkundigt“, berichtete Mister Palmer übergangslos. „Er heißt Latenser, hat die Kabine 115 im Hauptdeck und ist Autohändler von Beruf. Es sieht so aus, als ob er wirklich nur durch Zufall in unserer Nähe war. Er soll von morgens bis abends betrunken sein. Trotzdem wollen wir ihn im Auge behalten.“
Inspektor Brown stand inzwischen am Bullauge und blickte in den strahlend blauen Himmel hinaus.
„Ein Wetterchen zum Eierlegen“, sagte er jetzt, „In London waren die Straßen voller Schneematsch, als ich zum Flugplatz fuhr.“
„Sie erinnern mich da an etwas“, Mister Palmer lächelte und paffte neue Rauchwolken in die Luft, „Sie können jetzt natürlich auch ab und zu an Deck. Im Augenblick ist nicht einzusehen, weshalb Sie wie ein Gefangener in Ihrer Kabine sitzen sollen.“
„Gegen eine Stunde Sonne und ein paar Runden im Schwimmbad hätte ich nichts einzuwenden“, grinste der junge Inspektor aus London. Er streckte die Arme aus, als wollte er Freiübungen machen.
Mrs. Fuller rollte inzwischen in ihrem Regenbogenkleid auf dem Sonnendeck von einer Gruppe von Passagieren zur nächsten.
„Entschuldigen Sie bitte, wenn ich störe“, sagte sie jedesmal zur Einleitung.
Zwischendurch meinte sie: „Also heute beim Mittagessen, und Sie dürfen mich nicht im Stich lassen.“ Am Ende bat sie schließlich jedesmal darum, auch die Passagiere auf den übrigen Decks zum Mitmachen zu überreden. „Mit meinem Rollstuhl kann ich nämlich leider keine Treppen steigen“, sagte sie entschuldigend und lachte dabei wieder mit ihrer tiefen Baßstimme, daß es nur so dröhnte.
Mister Wilkinson lag mit geschlossenen Augen in seinem Liegestuhl. Aber das sah nur so aus. In Wirklichkeit blinzelte er immer wieder zu Mrs. Fuller hinüber und machte dabei den Eindruck eines Mannes, der mit sich und der Welt zufrieden ist.
Zur selben Zeit wurde in der Europa-Halle eine grasgrüne Tanne
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