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Der gelbe Handschuh

Der gelbe Handschuh

Titel: Der gelbe Handschuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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zweitenmal, und jetzt ist Inspektor Brown mein Zeuge“, erwiderte Mister Palmer, „Sie riskieren Kopf und Kragen.“ Er paffte noch zwei kleine weiße Rauchwolken in die Luft, dann stand er auf. „Und jetzt werde ich London vorschlagen, daß man den Versicherungsschutz aufhebt. Es tut mir leid, daß ich dieses Telegramm abschicken muß. Aber Sie zwingen mich dazu.“
    „Am Heiligen Abend werden Sie auch bei Lloyds nicht einmal den Pförtner erreichen“, entgegnete Monsieur Prunelle aalglatt.
    „Verdammt“, gab Mister Palmer zu. „Daran habe ich im Augenblick nicht gedacht.“
    „Jedenfalls sind Sie vorerst noch immer für das Bild verantwortlich“, stellte der Museumsdirektor fest. „Ob es Ihnen paßt oder nicht.“
    „Ich hoffe, daß wir diese Verantwortung sehr bald an Sie zurückgeben können“, entgegnete Mister Palmer. „Aber bis dahin werden Inspektor Brown und meine Wenigkeit ihre Pflicht tun.“
    „Ausgezeichnet“, sagte Monsieur Prunelle. „Das wollte ich hören.“
    Die beiden standen sich jetzt gegenüber wie zwei knurrende Hunde.

    Im Oberdeck nahm inzwischen Herr Latenser in Hosenträgern und Hemdsärmeln die Siegerehrung vor. Unter einem Sonnenschirm wartete ein Steward mit einem Tablett voller Eisbecher, und die Jungen standen naß und Luft pumpend am Beckenrand nebeneinander.
    „Was bedeutet schon ein Meter mehr oder weniger“, meinte Herr Latenser. „Für mich gibt es drei Sieger und damit basta. Darf ich also bitten.“
    Er winkte dem Decksteward, und gleich darauf hielten die drei Jungen ihre Eisbecher vor die Brust wie drei Goldmedaillen.
    „Leider fehlt jetzt eine Fanfare“, sagte der Mann mit den dicken Gläsern in seiner Brille. „Aber wer trägt schon immer eine Fanfare mit sich herum.“
    „Jedenfalls besten Dank“, sagte Peter Finkbeiner. „Wir schließen uns an“, meinten Ronny und Ulli. „Dann also guten Appetit, meine Herren“, entgegnete Herr Latenser und nahm dabei wieder sein Whiskyglas in die Hand.
    Spätestens zum Nachmittagskaffee kamen die Passagiere wieder aus ihren Kabinen und legten sich nochmals in ihre Liegestühle.
    Mister Wilkinson hatte es sich nicht nehmen lassen, Mrs. Fuller auf dem Oberdeck spazierenzufahren. Und überall, wo sie in ihrem Rollstuhl auftauchte, lächelte man ihr zu.
    „Sie waren heute mittag aber auch ganz hinreißend“, bemerkte der Streichholzfabrikant mit seiner weißen Segelmütze. „Vom Erfolg gar nicht zu reden.“
    „So etwas Ähnliches sagen Sie mir jetzt schon zum zehnten Mal“, Mrs. Fuller lachte mit ihrer tiefen Stimme, „wollen Sie mich größenwahnsinnig machen?“
    Inzwischen bastelten in der Europa-Halle zwei Monteure an der elektrischen Christbaumbeleuchtung herum. Ein paar Stewards schmückten die Tische mit Tannengrün, und die Bordkapelle übte Weihnachtslieder. Dabei saß heute Mister Hobbs mit seinem Cello für die Solostellen in der ersten Reihe.
    Als es dem Abend zuging, verfärbte sich der Himmel abenteuerlich. Die Sonne tauchte wie eine riesige Apfelsine ins Meer, und der Horizont glühte dabei, als ob er brennen würde.
    Die Passagiere schauten zu, knipsten mit ihren Fotoapparaten und warteten, über die Reling gelehnt, bis der Mond aufging.
    Während sie sich dann für den Abend in ihren Kabinen umkleideten, lächelten sie immer wieder erwartungsvoll in den Spiegel und pfiffen vergnügt vor sich hin.
    Beim Abendessen im Speisesaal fing es dann allerdings damit an, daß sie unruhig wurden wie beim Kofferpacken vor den großen Ferien.
    Und dann war es endlich soweit. Man wandelte zu den Lifts und fuhr hinauf zum Verandadeck.
    An der großen Glastür zur Europa-Halle stand der flachsblonde Page Axel Kannengießer und wünschte den Passagieren, die hereinkamen, fröhliche Weihnachten. Und weil er sich dabei jedesmal höflich verbeugte und seine Augen strahlen ließ wie zwei Christbaumkugeln, spazierte niemand ohne Trinkgeld an ihm vorbei.
    Auch die Herren Wagner und Finkbeiner griffen in ihre Taschen.
    „Besten Dank“, sagte der Junge mit der Stubsnase.
    „Na, Kollege“, Ulli grinste, „so ein Geschäft wünscht man sich.“
    „Ich bin nicht unzufrieden“, gab der Page Axel Kannengießer zu. Aber dann strahlte er schon wieder die nächsten Gäste an und wünschte auch ihnen fröhliche Weihnachten.
    Die beiden Familien aus Berlin fanden noch einen freien Tisch neben der Bar. Von hier hatten sie einen guten Blick auf die Tanzfläche mit dem Weihnachtsbaum und der Bühne dahinter. Auf ihr hatte

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