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Der gelbe Handschuh

Der gelbe Handschuh

Titel: Der gelbe Handschuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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schlackern...“
    Aber dazu kam es nicht mehr.
    Der Kapitän, sein Erster Offizier und Monsieur Prunelle steckten noch einmal die Köpfe zusammen, und dann rückte der Direktor des Pariser Louvre seinen Sessel zurück und stand auf: „Meine Damen und Herren!“
    Es dauerte eine ganze Weile, bis sich der Saal beruhigt hatte.
    „Meine Damen und Herren“, wiederholte Monsieur Prunelle. „Sehr geehrte Mrs. Fuller“, jetzt verbeugte er sich vor der Frau im Rollstuhl, „es ist nicht gerade eine Kleinigkeit, um die Sie bitten. Wie Sie wissen, ist die Mona Lisa ein Millionenobjekt und der Stolz unsres Louvre in Paris. Trotzdem…“
    „Um Himmels willen, ich warne Sie“, zischte Mister Palmer. „Sie riskieren Kopf und Kragen!“
    „Trotzdem...“, fuhr Monsieur Prunelle fort, als hätte er kein Wort gehört. Und vielleicht war er in diesem Augenblick vor lauter Eitelkeit tatsächlich so gut wie taub. „Trotzdem, meine Damen und Herren, soll Ihr Weihnachtswunsch in Erfüllung gehen.“
    Der ganze Speisesaal sprang auf und jubelte. Die Bordkapelle spielte einen Tusch, und Mrs. Fuller schwang ihre Serviette durch die Luft wie eine Fahne. Die Passagiere trampelten, klatschten, pfiffen und riefen immer wieder: „Bravo Prunelle!“ oder „Bravo, Mrs. Fuller!“ Einige kletterten jetzt sogar vor Begeisterung auf ihre Sessel.
    Als fünf Minuten später endlich der Wiener Apfelstrudel serviert wurde, hatte Mister Palmer den Speisesaal längst verlassen.

Der gelbe Handschuh

    Nach dem Essen zogen sich die meisten Passagiere zum Mittagsschlaf in ihre Kabinen zurück.
    Die Decks waren plötzlich wie ausgestorben, und die Liegestühle standen leer in der Hitze.
    Nur Herr Latenser lag in seinem altmodischen Anzug unter einem Sonnenschirm und schaute den drei Jungen zu, die ganz allein durch das Schwimmbassin tobten.
    „Was haltet ihr davon, wenn ich beim nächsten Wettschwimmen den Schiedsrichter mache?“ rief er jetzt zu ihnen hinüber. Dabei zog er auch schon sein dunkles Jackett mit den grauen Nadelstreifen aus und lockerte seine Krawatte ein wenig. Er nahm noch schnell einen Schluck aus seinem Whiskyglas, und dann stellte er sich mit seinen Hosenträgern über dem weißen Hemd breitbeinig an den Beckenrand.
    „Also auf die Startplätze, wenn ich höflich bitten darf‘, sagte er. „Und daß mir keiner mogelt. Ich habe nämlich ein regelrechtes Falkenauge.“ Er blinzelte vergnügt durch seine dicken Brillengläser. „Ich schlage vor, drei Bahnen Brust, drei Bahnen Rücken, drei Bahnen Kraulen. Der Sieger ist von mir zu einem Eisbecher mit Sahne eingeladen.“ Er kam jetzt einen kurzen Augenblick ins Schwanken. „Hoppla“, murmelte er und stützte sich auf die Leiter am Sprungbrett. Aber gleich danach richtete er sich wieder auf: „Einverstanden?“
    „Einverstanden!“ Die drei Jungen lachten durcheinander und kletterten klitschnaß aus dem Wasser.
    „Dann würde ich vorschlagen, Luft zu tanken“, grinste Herr Latenser. Er hob den rechten Arm steil in die Luft:
    „Auf die Plätze!“
    Die drei Jungen stellten sich nebeneinander an den Beckenrand.
    „Fertig“, rief Herr Latenser.
    Jetzt gingen die drei in die Hocke und nahmen die ausgestreckten Arme zurück.
    „Los!“ kommandierte der Mann mit den Hosenträgern.
    Die Jungen flogen durch die Luft, streckten sich — und keiner schlug früher auf als der andere.
    „Fabelhaft“, rief der Mann, der ein wenig wie ein getürmter Bankkassierer aussah. Er ging am Beckenrand neben den drei Jungen her und paßte an der Wende genau auf, daß auch jeder richtig anschlug. „Wir nähern uns dem Ende der ersten Runde“, gab er jetzt bekannt.
    Zur gleichen Zeit ließ sich zwei Decks tiefer Mister Palmer in der Kabine von Monsieur Prunelle in einen Sessel fallen. „Und das ist also Ihr letztes Wort?“ stöhnte er dabei.
    „Ich kann nicht mehr zurück“, sagte der Direktor des Pariser Louvre bedauernd. „Das ganze Schiff würde mich auslachen.“
    „Aber es ist so verantwortungslos wie Sie nur wollen“, entgegnete Mister Palmer und zog grimmig an seiner Pfeife.
    Inspektor Brown stand mit dem Rücken an der Tür.
    „Sie sehen zu schwarz“, versuchte Monsieur Prunelle einzulenken. „Aber vielleicht müssen Sie in Ihrem Beruf die Dinge so schwarz sehen.“ Er wippte jetzt auf seinen blitzblanken Lackschuhen. „Trotzdem bin ich nach wie vor der Meinung, daß uns nicht das geringste passieren kann, solange das Schiff auf dem Wasser ist.“
    „Ich warne Sie zum

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