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Der gelbe Handschuh

Der gelbe Handschuh

Titel: Der gelbe Handschuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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blaugefärbte Perücke von Kabine 83 für eine Dauerwelle zum Friseur bringen sollte. Mitten auf der schmalen Treppe blieb er wie vom Blitz getroffen stehen.
    „Das war doch gerade...“, flüsterte er zu sich selbst, und dann galoppierte er auch schon im Affentempo zum Verandadeck zurück.
    „Denk an deinen Kreislauf 1 , flachste Ulli Wagner, als der Knabe Kannengießer mit puterrotem Kopf angeschossen kam.
    „Du hast ja keine Ahnung, du Knallfrosch!“ keuchte Axel, und dann fragte er Mrs. Fuller: „Waren Sie gerade in Ihrer Kabine, gnädige Frau?“
    „Nicht daß ich wüßte“, erwiderte sie. „Wieso?“
    „Dann muß es Ihr Geist gewesen sein“, meinte der Junge mit der Stubsnase und berichtete im Telegrammstil, was er gerade beobachtet hatte.
    „Inspektor Brown kam aus meiner Kabine?“ fragte Mrs. Fuller verblüfft.
    „Vielleicht hat er das Gemälde gesucht?“ vermutete Frau Finkbeiner.
    „Nach dem Gespräch mit Mister Palmer glaube ich das nicht“, entgegnete Mrs. Fuller. „Und weshalb führt er Selbstgespräche mit einer leeren Kabine?“
    „Damit ich glauben soll, er hätte Ihnen gerade einen Besuch abgestattet“, antwortete der Page Kannengießer und bekam zwei steile Denkfalten über der Nase.
    „In Wirklichkeit war er heimlich in Ihrer Kabine“, kombinierte der Apotheker Finkbeiner. „Und unser Freund Axel läuft ihm über den Weg, als er sich gerade verdrücken will.“
    „Sie sprechen von Inspektor Brown“, Mrs. Fuller mahnte zur Sachlichkeit, „das ist nicht irgendein Strauchdieb oder Straßenräuber.“
    „Wo verstecken Sie eigentlich Ihre wertvolle Perlenkette?“ fragte jetzt Herr Finkbeiner wie aus heiterem Himmel. „In der Kabine, oder kommt sie jeden Abend beim Oberzahlmeister ins Schließfach?“
    „Das letztere wäre ein wenig umständlich“, bemerkte Mrs. Fuller. Und dann begriff sie endlich. „Sie nehmen doch nicht an...?“
    Im gleichen Augenblick flitzte eine knallfarbige Badehose an den Liegestühlen vorbei zum Lift. Schon drei Minuten später war sie zurück.
    „Die Kette ist weg“, japste der Junge mit dem Bürstenhaarschnitt. „Die Schublade steht noch offen, und das Schloß ist aufgebrochen.“
    „Das muß ich sofort dem Ersten Offizier melden“, sagte der Page Axel Kannengießer aufgeregt.
    „Und Mister Palmer muß unterrichtet werden“, bemerkte der Portier vom Hotel Kempinski in Berlin. „Er fallt bestimmt aus allen Wolken, wenn er erfahrt , daß der Inspektor hinter seinem Rücken die Gäste ausplündert.“
    „Ihre schöne Kette!“ jammerte Frau Finkbeiner. „Solange wir auf dem Wasser sind, kann sie ja nicht von Bord“, erwiderte Mrs. Fuller. „Das hat sie mit der Mona Lisa gemeinsam.“
    Es wurde beschlossen, daß sich die beiden Berliner Jungen zusammen mit Ronny auf die Socken machen sollten, um Mister Palmer aufzuklären.
    Axel war schon abgeschwirrt, um den Ersten Offizier zu suchen.
    Aber dann ergab es sich, daß beide Herren nebeneinander auf dem Sonnendeck an der Reling standen und dem Tontaubenschießen der Passagiere zuschauten.
    „Was Sie mir da von Mister Wilkinson erzählt haben“, sagte der braungebrannte Offizier mit den drei Goldstreifen gerade, „das macht mich nun doch ein wenig hellhörig. Haben Sie ihn zur Rede gestellt?“
    „Er würde mir nur ins Gesicht lachen“, erwiderte Mister Palmer.
    „Trotzdem gibt es zu denken“, meinte Herr Rössler. Die Bügelfalten in seiner weißen Uniform waren heute so scharf wie Rasierklingen.
    Drüben beim Tontaubenschießen hatten einige Passagiere jetzt Inspektor Brown entdeckt, der übers Deck geschlendert kam und die Augen offenhielt, so wie es mit Mister Palmer verabredet war.
    „Bitte, Sie müssen uns noch einmal zeigen, was ein richtiger Schütze ist“, rief ein dicker Mann mit einem blauen Strohhut. „Wir haben Ihre neun Treffer von neulich nicht vergessen.“
    „Kann ich Sie bitte eine Minute sprechen?“ fragte in diesem Augenblick der Page Axel Kannengießer den Ersten Offizier.
    „Können wir Sie gleichfalls sprechen, Mister Palmer?“ fragte Peter Finkbeiner, der zwischen Ulli und dem Bürstenhaarschnitt stand. „Wir glauben, daß es sehr wichtig ist, und niemand sollte uns hören können.“ Die beiden Herren blickten sich verwundert an, und dann sagte der Erste Offizier: „Ich gehe voraus.“ Er spazierte auf eine Tür zu und öffnete sie. „Bitte einzutreten!“
    Es war der Raum, in dem die Liegestühle, Wolldecken und Badetücher aufbewahrt wurden. Nach

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