Der gelbe Handschuh
Schlangentänzerin. „Ich kann mich doch nicht getäuscht haben.“
„Darf ich Ihnen bei dieser Gelegenheit Ihren Schmuck zurückgeben?“ lächelte jetzt der Streichholzfabrikant mit den buschigen Augenbrauen. Dabei holte er die Perlenkette aus seiner Jackentasche und legte sie auf seine Handfläche wie auf ein Tablett. „Sie müssen sie irgendwo verloren haben“, meinte er. „Aber glücklicherweise ist sie gefunden worden. Bitte sehr.“ Herr Schmidt aus Düsseldorf schnappte nach Luft wie ein Fisch ohne Wasser.
„Und wem darf ich den Finderlohn anbieten?“ fragte Mrs. Fuller inzwischen. „Etwa diesem Herrn Brown, der sich in meine Kabine eingeschlichen hat?“
Mister Wilkinson blickte auf. Für einen ganz kurzen Moment verschwand das honigsüße Lächeln aus seinem Gesicht: „Was wissen Sie von Inspektor Brown?“ fragte er scharf. Aber dann hatte er sich bereits wieder gefaßt: „Sollte es möglich sein, daß mit dem Inspektor irgend etwas nicht in Ordnung ist?“ fragte er höflich.
„Allerdings“, antwortete Mrs. Fuller und wußte schon im gleichen Augenblick, daß sie leider gerade eine Riesendummheit gemacht hatte. Und die drei Jungen in ihren Badehosen wußten es auch. Ronny biß sich auf die Unterlippe, und die beiden anderen blickten auf ihre Zehenspitzen.
Nur Herr Schmidt mit dt aus Düsseldorf war vollständig verwirrt und verstand die Welt nicht mehr. Wenigstens augenblicklich nicht.
Das Schiffstyphon röhrte wieder einmal, die Anker klatschten ins Wasser, und die Gangway senkte sich auf den Kai. Die Bordkapelle spielte „Stars and Stripes“ zur Begrüßung, und Menschen in allen Hautfarben, die an der Pier warteten, winkten hinauf, und die Passagiere winkten herunter. Anschließend schlenderten sie neugierig von Bord.
Mister Palmer hatte sich zusammen mit Inspektor Brown im A-Deck neben dem Ausgang postiert. Er wollte zumindest verhindern, daß größere Gepäckstücke unkontrolliert an Land gebracht wurden. Aber er war nur noch mit halbem Herzen bei der Sache.
Die Hafenpolizei hatte ihm wenig Hoffnung gemacht und über Funk ziemlich kaltschnäuzig und kurz erklärt, daß auf St. Thomas mehr als tausend Schiffe aller Art registriert seien, und es wäre zudem auch durchaus möglich, daß das betreffende weiße Motorboot zu einer anderen Insel getürmt sei. Etwa nach St. John, St. Croix oder auch nach Tortola. Katzensprünge für ein Boot mit einem einigermaßen starken Motor.
Für Mister Palmer gab es keinen Zweifel daran, daß die echte Mona Lisa in dem braunen Koffer entführt worden war und daß der Chinese aus der Wäscherei gemeinsam mit diesem Herrn Latenser die Hand im Spiele hatte.
Wenn überhaupt noch etwas zu retten war, dann mußte Mister Palmer jetzt alles versuchen, um herauszukriegen, welche Personen sonst noch an der ganzen Geschichte beteiligt waren. Ganz allein von ihnen waren Hinweise zu erwarten, die vielleicht doch noch zu einer Spur des verschwundenen Gemäldes führten. Und einer, der bis über beide Ohren mitten in der Sache drinsteckte und bestimmt eine ganze Menge wußte, war dieser angebliche Inspektor Brown.
Mister Palmer hätte ihn mit dem Ellenbogen berühren können, wenn er sich nur zwei Zentimeter nach links bewegt hätte. So dicht wollte er ihm auf der Haut bleiben, und er hatte sich auch so gestellt, daß der andere an ihm vorbei mußte, falls er mit dem Gedanken spielen sollte, sich aus dem Staub zu machen. Dann würde er ihm blitzschnell seinen Fuß zwischen die Beine knallen und ihm mit der Handkante über den Nacken streicheln. Schließlich war er noch vor ein paar Jahren in London zweimal hintereinander Karatemeister geworden.
Jetzt kam Mister Wilkinson in seiner weißen Seglermütze zusammen mit der Schlangentänzerin Liranda zur Gangway.
„Guten Morgen, Mister Palmer“, grüßte der Streichholzfabrikant. „Bis heute abend.“
„Bis heute abend“, erwiderte Mister Palmer ziemlich unhöflich.
Gleichzeitig sagte Inspektor Brown: „Viel Vergnügen an Land.“
Aber Mister Wilkinson und Fräulein Liranda taten so, als hätten sie ihn gar nicht gehört. Sie blickten ihn auch nicht an. Er war ganz einfach Luft für sie oder so etwas wie das Zeug, aus dem Wolken gemacht sind. Ohne sich noch einmal umzudrehen, wanderten die beiden zum Kai.
„Wir fangen jetzt mit dem Ausladen an“, sagte kurz darauf der Erste Offizier in seiner frischgebügelten weißen Uniform. „Sie haben gewünscht dabeizusein.“
„Wir kommen“, erwiderte
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