Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
ehe Wittiges etwas entgegnen konnte.
Pontus klopfte Wittiges anerkennend auf die Schulter. „Dem kann ich mich nur anschließen. Hätte mir leid getan, wenn du dich in dieser Angelegenheit als Esel aufgeführt hättest. Und eine junge Sklavin ist viel wert.“
Wittiges wollte auch davon nichts wissen. Im Augenblick wünschte er jeden, der ihm zu seiner Entscheidung gratulierte, zum Teufel. Schließlich hatten ihn alle ja nur dazu gebracht, gegen seine Überzeugung zu handeln.
Das Mädchen war geblieben, und Aletha hatte sie sofort in ein Gespräch verwickelt.
„Sie kann weben!“ Aletha strahlte, als sie nun zu ihm trat. „Ach, das weißt du ja noch gar nicht: In einem der Grubenhäuser hinter dem Stallhof haben Alexander und ich einen fast intakten Webstuhl gefunden. Und im Keller darunter Wolle. Schau sie dir an! Sie ist ein bisschen grob, aber man kann damit etwas anfangen. Du wirst bald Kleider aus deiner eigenen Wolle tragen.“
Pontus schlug ihm noch einmal auf die Schulter. „Dummkopf. Jetzt freu dich doch endlich.“
Wittiges stöhnte nur gepeinigt auf, und ließ sich an diesem Abend ordentlich mit Wein volllaufen. Alexander und Aletha gingen bald schlafen, nur noch Pontus leistete ihm Gesellschaft. „Sag mir doch mal eins“, fragte er irgendwann, als die Trunkenheit schon einen gewissen Grad erreicht hatte, „ist es dir ernst damit, dass du dich persönlich um dieses Gut kümmern willst? Nicht nur in den paar Wochen, die wir jetzt hier sind, bis Sigibert dich wieder bei Hof haben will?“
Wittiges dachte mit der Ernsthaftigkeit des Betrunkenen über die Frage nach. „Nett, dass du mich fragst, ich frage mich das nämlich auch die ganze Zeit. Ohne es zu wollen, rutsche ich täglich ein bisschen mehr in eine Bindung hinein und kann gar nichts dagegen machen. Weißt du, es war immer mein Ziel, ein bedeutender Krieger und Heerführer zu werden. Das war mein Traum. Anstrustio , wie das schon klingt! Ja, das hat was Hehres, was Großartiges. Das sollte doch für einen Mann mit Ehrgeiz genügen. Von der Beute, die in den Kriegen anfällt, hätte ich gut leben können. Was brauche ich da noch ein Gut, das sowieso noch lange nichts abwirft? Aber zum Teufel noch mal: Ich werde fortführen, was ich begonnen hab. Das Gut ist größer als das meines Vaters, und er hat immer behauptet, ich fange vieles an, aber halte nie durch. Da irrt er sich gewaltig. Schade, dass ich ihm das nicht mehr sagen kann.“ Unversehens kippte er hintenüber und begann zu schnarchen.
13
Einige Tage später ritt Wittiges mit einem der Knechte nach Reims und kam mit einem Karren zurück, beladen mit allerhand nützlichen Waren, vor allem aber Saatgut. Er wollte neben Hafer und Gerste auch Erbsen, Zwiebeln, Lauch, Kohl und andere Gemüse auf den Feldern anbauen, die sich bis zum Sommer noch bestellen ließen. Die Woche, in der ihm die drei Knechte zur Verfügung standen, verging rasch, und die drei nahmen Abschied – ungern, wie sie bekundeten. Das Leben auf dem Gut und auch die Arbeit hatten ihnen gefallen. Und Wittiges fehlten die kräftigen Männer. Aber auch ohne sie ging es weiter, und es war erstaunlich, wie allmählich hier und dort ein Fortschritt erkennbar wurde. Das versetzte alle in Hochstimmung. Wittiges schlief zweimal mit seiner neuen Sklavin, das ergab sich so und war befriedigend für beide, aber kein Anlass, ein Gewese daraus zu machen. Aletha jedenfalls bekam nichts davon mit.
Kurz nach der Abreise der Knechte wollte Wittiges mit Pontus wieder nach Reims auf den Markt reiten, um ein zweites Paar Zugochsen zu erwerben, aber als sie gerade aufbrechen wollten, stürzte der jüngere Sohn Karls schreiend in den Stallhof.
„Arne!“, brüllte der Junge, blieb vor Wittiges stehen und schluchzte laut auf. „Arne ist ...“ Völlig außer sich brach er ab.
Schlagartig befiel Wittiges die Ahnung eines furchtbaren Unglücks. Arne war einer der Jungen, der die Grenzsteine bewachte. Eigentlich hatte Wittiges ihn von dieser Aufgabe schon vor Tagen entbinden wollen. Für einen anstelligen Jungen wie ihn gab es wichtigere Arbeit. Aber er hatte sich freiwillig dafür gemeldet und vertrieb sich die Zeit damit, eine kleine Ziegenherde auf der Wiese am Grenzstein zu hüten.
„Was ist mit Arne?“ Wittiges packte den Jungen.
Der Junge fuhr sich an die Kehle, außerstande, noch ein Wort hervorzubringen.
„Ist er am Grenzstein?“, fragte Pontus.
Der Junge nickte.
„Weiß es dein Vater?“, fragte Wittiges.
Wieder
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