Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
brachte das Mädchen, das ihm einer der Dörfler als Sklavin gegeben hatte, zu Karl.
„Karl, du brauchst jemanden, der ganz für dich da ist und nach dir sieht“, erklärte er verlegen. „Willst du sie haben? Ich schenke sie dir.“
Karl sah aus wie ein verwahrloster Hund. Wenn jemand Trost brauchte, dann er. Wittiges verzichtete nicht gern auf das Mädchen, mit dem er sich so angenehm vergnügt hatte. Wehmütig dachte er an ihre vollen Brüste und die molligen Schenkel, die Frische der Haut und vor allem die Bereitwilligkeit dieser Sklavin, die nicht lange über etwas nachdachte und ein natürliches Bedürfnis nach Zärtlichkeit hatte. Karl kannte sie natürlich, sie war schließlich in seinem Dorf aufgewachsen.
„Sag was, Karl“, flehte Wittiges.
Karls Blick huschte über das anschmiegsame Geschöpf an Wittiges Seite, dann wandte er den Kopf ab. Sanft schob Wittiges das Mädchen auf ihn zu. „Kümmere dich um ihn!“
Das Mädchen streckte die Hand aus und legte sie Karl unter dem Ohr an den Hals und Wittiges sah, wie sich Karls Kopf unmerklich der Hand zuneigte, als wüsste sein Körper, was ihm gut tat, auch wenn er selbst noch sehr weit davon entfernt war, es zu erkennen.
Als Wittiges Aletha eingestand, was er getan hatte, sprühte sie vor Zorn. „Du hast ihm meine Sklavin gegeben? Es war doch meine Sklavin, oder habe ich das missverstanden? Wie kommst du dazu, in meinen Haushalt einzugreifen?“
Der Streit hatte auch etwas Gutes, denn Wittiges erkannte, was er an Aletha hatte: eine Hausfrau, die wusste, wo ihre Pflichten und Rechte lagen. Zumindest die meisten.
14
„Ein Teil von mir ist stets bei dir, versichere ich dir, und du kommst zu mir als die Hälfte meiner Seele ... “ Brunichild hielt inne und überlas das Geschriebene. Es klang so schön empfindsam. Die Redewendung hatte sie von Venantius übernommen, etwas Ähnliches hatte er in einem Brief an einen Bischof im Süden geschrieben, den er nicht einmal kannte. Das Schreiben hatte er ihr gezeigt, voller Stolz auf seinen Stil.
Sie schrieb an ihre Schwester, einen längst überfälligen Brief, der sich jedes Mal verändert hatte, sooft sie über den Inhalt nachgedacht hatte. Jetzt endlich hatte sie sich zum Schreiben aufgerafft. Es war eine Methode, sich einem Menschen nahe zu fühlen. Sonst hatte sie niemanden. Sigibert beschäftigte sich neben anderen Angelegenheiten mit der Bischofsweihe, Gogo war für einige Tage nach Reims gereist. Mit Sidonia plauderte sie oft, aber es waren jene oberflächlichen Gespräche, die das Herz nicht erwärmten. Sie vermisste Aletha. Ihr hätte sie ihre Sorgen offen mitteilen können. Ihre neueste galt der Schwangerschaft, die sich in nichts aufgelöst hatte. Eine leichte Blutung hatte eingesetzt, die eindeutig bewies, dass sie nicht schwanger war. Sigibert hatte sie ihren Irrtum noch nicht eingestanden. Sidonia aber hatte alles mitbekommen, vermutlich spionierte sie die Wäscherinnen aus. Sie hatte mitleidig reagiert, aber ein Trost war das nicht.
Sie konzentrierte sich wieder auf den Brief. Würde der Satz in Gailswintha die Hoffnung auf ein Wiedersehen wecken? Würde er ihre Gedanken in diese Richtung lenken? Sie hatte mit Sigibert nicht mehr über die Schwester gesprochen, hoffte aber zuversichtlich, dass er den Gedanken an eine Heirat mit ihr aufgegeben hatte. Aber vielleicht besann er sich anders, wenn er erfuhr, dass er nicht Vater wurde. Trotzdem klang der Satz zu gut, um ihn wieder vom Pergament zu kratzen.
„Ich kann dir die Arme nicht um den Hals schlingen, umarme dich aber dafür im Geist .. .“, fuhr sie flott fort. Über ihr Leben mit Sigibert schrieb sie nur Konventionelles, sie wollte weder den Eindruck erwecken, dass es ihr bei ihm schlecht erging, noch wollte sie dieses Leben in verführerischen Farben schildern. Am Ende war sie einigermaßen zufrieden. Den Brief würde sie einem Kurier mtgeben, der noch andere Post in den Süden zu befördern hatte.
Die Zeit bis zu Alethas Rückkehr dehnte sich unerträglich. Anfang Juni war ihre Magd immer noch nicht da. Trier hatten sie eine Woche nach der pompösen Bischofsweihe verlassen und waren nach Mainz weitergereist. Der dortige Bischof hatte sie in seinem Palast einquartiert und die besten Zimmer für sie geräumt. Sie schlief mit Sigibert im Bett des Bischofs! Und eines späten Nachmittags war Aletha dann endlich zurück. Eine veränderte Aletha. Sie redete anders, sie wirkte anders. Aber das merkte Brunichild erst nach und nach.
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