Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
jetzt für sich behalten, um die jüngere und schwächere Schwester nicht über Gebühr mit ihren Ängsten zu belasten.
Im Schlafgemach herrschte noch eine gewisse Ordnung. Alle anderen Räume sahen wie Rumpelkammern aus. Geöffnete Truhen standen herum, Sklavinnen begutachteten kostbare Gewänder und falteten sie zusammen. Auf einem Tisch häufte sich Schmuck, auf einem anderen goldenes Geschirr. Schreiber mit Wachstafeln vermerkten jedes Stück, das in die Truhen gepackt werden sollte. An der Größe und dem Wert von Brunichilds Mitgift bemaß sich ihr Rang, und daher konnte sich Athanagild keine Knauserigkeit leisten. Goiswintha selbst, die Mutter der Schwestern, wachte persönlich darüber, dass jeder Ring, jeder Vorhang, jedes Tuch von allererster Güte waren. Sie schritt von Raum zu Raum.
„Mutter, darf ich Brunichild begleiten?“, rief Gailswintha ihr zu, sobald sie das Schlafzimmer betrat.
„Hier finde ich euch“, murmelte die Königin. „Ich wollte nur nach euch schauen, bevor das Gastmahl für die Franken beginnt.“
„Nimmst du daran teil?“, fragte Brunichild überrascht.
„Nein.“ Goiswintha schauderte unmerklich. „Ihr wisst doch, sie haben keine Frauen mitgebracht – keine Edelfrauen. Also werde ich auch nicht teilnehmen. Aber ich wollte vorher noch kurz mit eurem Vater reden.“
„Fragst du ihn wegen Bella und dem Fohlen?“, warf Brunichild hoffnungsvoll ein.
„Närrchen!“ Liebevoll strich Goiswintha ihrer Tochter über das vom Bad noch feuchte Haar. „Dein Vater hat dir eine Antwort gegeben, und du weißt, er ändert seine Meinung nie.“
Eine junge Dienerin huschte herein. Als sie die Königin sah, blieb sie erschrocken stehen.
„Aletha!“, rief Brunichild. „Woher kommst du und wo bist du bloß gewesen?“
Das Mädchen drückte eine Hand auf den Leib, als ob es Schmerzen hätte. „Entschuldige, Herrin, ich hab mit den Kindern im Hof gespielt und die Zeit vergessen.“
Brunichild mochte das Mädchen, das erst vor drei Wochen von einem der königlichen Landgüter in die Stadt geholt worden war. Eine Sklavin, die stets gut gelaunt war und willig alle Aufträge erledigte. Sie hatte ein erstaunlich gutes Auge, wenn es um Mode ging, und war auch für ungewöhnliche Einfälle wie zum Beispiel einen Ausflug in die Ställe zu einer fohlenden Stute zu haben.
Jetzt aber wirkte sie völlig verängstigt. Dabei wollte Brunichild sie gar nicht ausschelten. Sie betrachtete das Mädchen genauer und entdeckte Flecken auf dessen leichtem Gewand. Brunichild erriet, was dies zu bedeuten hatten. „Aletha, deine Monatsblutung hat eingesetzt. Hast du das nicht gemerkt? Geh dich waschen und umziehen.“ Und an die Mutter gewandt, fügte sie hinzu: „Sie ist noch so unerfahren.“
„Ja, geh, Mädchen, mach dich sauber“, sagte Goiswintha zerstreut und beachtete die Kleine nicht weiter. Schon seit Monaten war die Königin von Schwermut befallen. Sie hatte nur noch diese zwei Töchter, an denen ihr Herz hing. Vor allem an Gailswintha, aber es konnte nicht ausbleiben, dass sie auch diese hergeben musste. Schon bald. Ihre Jüngste, ihr letztes Pfand. Oft, wenn sie sie sah, war ihr zum Weinen zumute, so auch jetzt. Sie zog sie an sich.
„Ich möchte Brunichild begleiten“, wimmerte Gailswintha. „Bitte, Mutter, sag Vater, dass ich mit Brunichild zu den Franken will.“
„Unfug“, wies Goiswintha sie zurecht. „Sag nicht so etwas Dummes.“
Durch die angelehnte Tür trat Cniva herein und verbeugte sich.
Die Königin stand von der Bettkante auf und strich sich das Gewand glatt.
„Was gibt es?“
Der Blick des Eunuchen schweifte umher und blieb an Aletha hängen. „Etwas Unangenehmes.“
Die junge Sklavin erstarrte, ihre Hand, mit der sie das Gewand hielt, verkrampfte sich so, dass die Knöchel weiß hervortraten.
Beunruhigt trat die Königin an den Eunuchen heran. Er flüsterte ihr etwas zu, bevor er sich verneigte und mit grimmiger Miene den Raum verließ. Sein letzter Blick galt Aletha.
„Was hat er gesagt?“, fragte Brunichild geradeheraus.
Die Königin ließ sich auf einen Schemel sinken. „Eine dumme Geschichte, die aber nicht euch betrifft.“
Aletha wimmerte und ihr Gesicht war kalkweiß geworden.
„Nun geh schon!“, herrschte die Königin sie auf einmal an. „Ich muss dringend mit dem König reden“, setzte sie wie nur zu sich selbst leiser hinzu.
Aletha rührte sich nicht, sondern presste sich mit dem Rücken an die Wand neben der Tür, die in den Baderaum
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