Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
führte.
„Mutter, bitte!“, sagte jetzt auch Gailswintha, als sich die Königin erhob. „Du kannst uns doch nicht im Ungewissen lassen.“
Nach wenigen Schritten drehte sich Goiswintha zu ihren Töchtern um. „Wie ihr wollt. Ihr kennt den Musiker Alexander? Er kann heute beim Nachtmahl nicht auftreten. Welch ein Unglück! Er hat sich die Hand gebrochen, der arme Kerl.“
„Und das ist alles?“, staunte Brunichild.
„Deine Antwort zeigt, dass du nichts verstehst“, sagte Goiswintha belehrend. „Die Franken sind von ihm bezaubert. Sie lieben seine Musik und seinen Gesang, es stimmt sie heiter und friedlich. Und wir brauchen nichts dringender als heitere, friedvolle Gäste, die nicht daran denken, Unruhe zu stiften und Schandtaten zu begehen“, fügte sie verzweifelt hinzu. „Alexander war so wichtig, um diese ungebärdigen Fremden bei Laune zu halten. Jetzt weiß ich nicht, wen wir als Ersatz...“ Als käme ihr auf einmal zu Bewusstsein, in welch ungünstigem Licht sie die Franken schilderte, stockte sie. „Ach, es ist nicht eure Sorge“, schloss sie und rauschte hinaus.
Aletha war an der Wand zu Boden geglitten und hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen. Brunichild hockte sich vor sie hin und zog die Hände weg.
„Bitte, nimm mich mit zu den Franken“, flehte Aletha schluchzend.
„Nicht du auch noch! Seid ihr denn alle verrückt geworden?“, stieß Brunichild entgeistert hervor.
7
Bauto schnaubte ihm ins Gesicht. Wittiges fragte sich verblüfft, wie der Hengst in seine Dachkammer hinauf gekommen war und tastete mit einer Hand nach dem Maul, um es wegzudrücken. Sein Kopf schmerzte unsäglich. Wieso eigentlich? Unter ihm knisterte Stroh, als er sich mühsam auf die Seite drehte, aber das war gar kein guter Einfall. Übelkeit schwappte in ihm hoch, und gleichzeitig spürte er überall Schmerzen. Blinzelnd öffnete er ein Auge und schloss es sofort wieder. Es war zu hell. Das Licht stach wie mit Messern. Er stöhnte qualvoll auf, und jemand räusperte sich.
„Bist du endlich wach?“, knurrte eine Stimme und fügte hinzu: „Ich glaub, er braucht einen Eimer Wasser über den Kopf.“
Ein Mann lachte. Die Laute zerbarsten in Wittiges’ Kopf, Tränen schossen ihm in die Augen. Warum konnten sie ihn nicht in Ruhe lassen? Ihm war zum Sterben zumute. Bauto stupste ihn mit dem Maul an. Und während Wittiges mit einer Hand in raschelndes Stroh fuhr, meldeten sich langsam die Erinnerungen an seine Heimkehr. Er befand sich im Stall und er lag unter seinem Pferd, das sich über ihn gestellt haben musste, als drohe ihm Gefahr. Diesmal öffnete Wittiges beide Augen. Alles, was er erspähte, war ein Paar Füße in Lederstiefeln. Hatten ihn die Franken wieder aufgespürt, um zu beenden, wobei sie gestern Nacht unterbrochen worden waren?
In Wittiges regten sich Wut und Widerstand.
„Was ist? Stehst du heute noch auf?“ fragte die Stimme gelangweilt.
Sie gehörte weder zu Ingomer noch zu Falco.
Wittiges schob den Kopf so weit vor, dass er sehen konnte, wer mit ihm sprach. Es war der Stallmeister Rado. Derselbe, der ihm vor vier Wochen nicht gerade freundlich die Kammer über dem Stall zugewiesen und bei dem er das Geld für Bautos Futter entrichtete hatte, das sich Rado vermutlich in die eigene Tasche gesteckt hatte.
„Ich dachte, ich hätte für die ganze Woche bezahlt“, nuschelte Wittiges verstört. Erst hatten sie ihm die Kammer genommen, jetzt kamen sie mit ungerechten Forderungen. Sie wollten ihn zermürben, ihm den Aufenthalt am Hof endgültig vergällen. Sobald er wieder auf den Füßen stehen konnte, würde er Toledo für immer verlassen. Hier brauchte ihn niemand, stattdessen wurde nur auf ihm herumgetrampelt. Wittiges kroch ächzend unter seinem Pferd hervor und stützte sich an der Stallwand ab. Ihm schwindelte gewaltig. Zu viel Wein, dachte er. Verdammter Alexander, der ihm immer wieder nachgeschenkt hatte.
Wer war Alexander?
Rado fuhr Bauto über den dunklen Aalstrich auf der Kruppe.
„Bemerkenswertes Pferd. Scheint von einer der alten iberischen Rassen abzustammen. Sieht man selten.“
Was schert er sich plötzlich um mein Pferd?, fragte sich Wittiges und wünschte den Stallmeister recht herzlich zum Teufel. Trotz der Übelkeit meldete sich Hunger. Dem Licht nach, das bis in diesen letzten Winkel des Stalles fiel, musste es schon beinahe Mittag sein. Höchste Zeit, zu einer der Küchen zu schleichen und um einen Teller Suppe und etwas Brot zu bitten.
„Bring das Pferd
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