Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
Angst hatte, vor Müdigkeit von Bautos Rücken zu rutschen oder wenn ihm das Kreuz nach einem Tag harter Arbeit wehtat, hatte er Bauto mit einem Zungenschnalzen ins Tölten fallen lassen. Dabei hob und senkte sich der Pferderücken nur noch unmerklich, es war fast, als schwebte Wittiges sanft nach Hause. Dieses Geheimnis also hatte Alexander dem Stallmeister verraten. Wittiges war nicht glücklich darüber. Würde Rado ihm das Pferd nun wegnehmen? Und warum? Weil er das Futter nicht mehr bezahlen konnte? Er würde kein Futter mehr brauchen. Nicht hier.
„Diese Gangart hat überhaupt keinen Nutzen. Und nun entschuldige mich bitte. Ich verlasse Toledo und hab vorher noch einiges zu erledigen“, erklärte er hochmütig. Nur dumm, dass er beim ersten Schritt auf Bauto zu stolperte und gefallen wäre, wenn ihn der Stallmeister nicht mit einem raschen Griff daran gehindert hätte.
„Nicht so hastig. Das würde ich mir an deiner Stelle noch überlegen“, sagte er.
„Da gibt’s nichts zu überlegen“, entgegnete Wittiges störrisch und schüttelte die Hand ab, die ihn hielt.
„Verschieb deine Abreise wenigstens um zwei Wochen“, bat der Stallmeister.
„Warum?“, fragte Wittiges argwöhnisch.
„Ich hab zwei rossige Stuten, die ich gern von deinem Hengst decken lassen würde.“
Den Tölt hatte Wittiges, so angenehm er für einen Reiter gelegentlich sein mochte, bisher tatsächlich für nichts Besonderes gehalten. Eine Spielart der Natur, nichts weiter. Dass er es wert war, vererbt zu werden, wäre ihm nie im Leben eingefallen. Sein Vater, der das eine oder andere über die alten Rassen gewusst hatte und auch, dass einigen dieser seltsame Gang eigen war, hatte den Hengst nur zufällig gekauft. Die Arme über der Brust verschränkt, schwieg Wittiges und setzte eine abweisende Miene auf. Er war Rado keinen Gefallen schuldig.
„Tja, und was ich noch sagen wollte: Es wäre schön, wenn du mir bei den Pferden der Franken zur Hand gehen könntest“, hob der Stallmeister wieder an.
Wittiges zog nur die Augenbrauen hoch.
„Nein, nein“, erklärte Rado hastig, „nicht als Knecht, beileibe nicht! Du hättest die Aufsicht über die Pferdeknechte, die fränkischen und unsere eigenen. Du kannst doch Fränkisch? Hat man mir wenigstens berichtet.“
Selbst das knappe vorsichtige Nicken, zu dem sich Wittiges durchrang, schmerzte, als wollte ihm jemand den Schädel spalten.
„Du bekämst auch eine neue Unterkunft. Du hast bereits eine neue Kammer, aber da wir dich gestern Abend nicht fanden, musstest du die Nacht ... Hast du bei deinem Pferd übernachtet, um es zu bewachen?“ Unverhohlen klang Neugier aus der Stimme des Stallmeisters. Bauto musste in seinen Augen entschieden im Wert gestiegen sein.
„Ich hab im Stall genächtigt, weil mein Strohsack von einem fremden Kerl in Beschlag genommen worden war“, erklärte Wittiges würdevoll. „Und jetzt lass mich in Ruhe.“ Er unternahm einen neuen Versuch, sich Bauto zu nähern und zu seinem Glück kam er ihm entgegen und rieb den Kopf an seiner Schulter. Er strich ihm über die Stirn. „Wir lassen uns doch nicht für dumm verkaufen“, murmelte er.
„Schaust du dir die Unterkunft nicht wenigstens an?“, rief der Stallmeister flehend. „Ich bitte dich.“
Verblüfft hob Wittiges den Kopf. Tatsächlich, Rado bat ihn. „Ich hab genug von Strohsäcken voller Flöhe und Wanzen. Bei mir zu Hause leben selbst die Sklaven besser.“
„Deine Hilfe würde selbstverständlich angemessen vergütet, ebenso die Dienste deines Hengstes“, sagte der Stallmeister mit einem Anflug von Verzweiflung.
Am Ende ließ sich Wittiges überreden, einen Blick in die neue Unterkunft zu werfen. Sie lag an einem anderen Hof über einem der repräsentativen Ställe aus Backstein, die an der Vorderfront sogar Stuckverzierungen aufwiesen. Über diesen Stall, in dem nicht nur die Rosse des Königs, sondern auch die der fränkischen Edlen untergebracht waren, sollte Wittiges die Aufsicht übernehmen. Er hätte trotzdem abgelehnt, wären nicht die Stute der Prinzessin und ihr Fohlen hier eingestellt gewesen. Dieser Umstand gab den Ausschlag für seine Zusage, ohne dass er sich Rechenschaft über diesen seltsamen Beweggrund geben mochte. Die Aussicht, mit Franken zu reden, ihnen gar Anweisungen zu erteilen, flößte ihm dagegen Furcht ein. Daher vereinbarte er mit Rado am Ende doch noch einen Tag Bedenkzeit. Aufatmend gestand ihm dieser den Aufschub zu und führte ihn in seine neue
Weitere Kostenlose Bücher