Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
nicht.“
Zögernd nahm Wittiges die Urkunde an sich. „Hast du etwas von Ingomer und Falco gehört?“ Wie kam er bloß auf die beiden? Weil Priscus von einem Streich gesprochen hatte?
Ein wenig fahrig wirkte Priscus nun doch. „Nein. Sollte ich das? Aber ich habe eine andere Neuigkeit für dich. Du kannst mir gratulieren: Ich habe geheiratet.“
„Ich dachte, du bist längst verheiratet.“
„Bin ich auch“, Priscus grinste. „Können wir gehen? Oder suchst du hier noch etwas?“
„Bestimmt nicht.“ Wittiges strebte zur Tür. „Und wer ist die Glückliche, die du zu deiner Nebenfrau gemacht hast?“
Priscus hielt ihm die Tür auf. „Sidonia, eine von Brunichilds Kammerfrauen.“
„O!“ Mehr fiel Wittiges dazu nicht ein. Aus irgendeinem Grund mochte er die Frau nicht. Er war ihr einige Male begegnet, aber zu kurz, um sich wirklich ein Urteil zu erlauben. Was hatte ihn an ihr gestört? Vielleicht ihre Art, eine Vertrautheit vorzutäuschen, die nicht bestand. Ja, das war es. Die Frau war aufdringlich in ihrer unbestreitbaren Freundlichkeit. Jetzt hatte sie sich also Priscus geangelt. „Herzlichen Glückwunsch“, sagte er etwas spät. Er ließ Priscus zur Ratsversammlung vorausgehen und eilte zur Kanzlei, um die Sendschreiben loszuwerden. Auf dem Weg zur Ratsversammlung, fiel ihm eine Frage ein, die er Priscus noch hatte stellen wollen: die nach dem zweiten Schreiben, das vor vier Jahren verloren gegangen war, dem Brief, in dem Cniva Alexanders Herkunft erklärte. Vielleicht das wichtigere Schreiben.
Im Frühjahr 570 gebar Brunichild einen Sohn, der den alten Königsnamen Childebert erhielt, und im gleichen Monat fällte Guntram seinen Schiedsspruch: Er verfügte, dass Brunichild die Morgengabe ihrer Schwester, fünf Städte im Süden, darunter Bordeaux, als Wergeld erhalten sollte. Mit Guntrams Schiedsspruch stand fest, dass Chilperich ein Mörder war, gleichgültig, ob er auch weiterhin jede Mitschuld an Gailswinthas Tod leugnete.
Chilperich unterwarf sich dem Spruch, weil seine Streitmacht von Guntrams Truppen bei Tours bedrängt wurde und er keine großen Aussichten hatte, die Stellung gegen beide Brüder zu halten. Sigibert erklärte sich bereit, die Umgebung von Soissons und Paris zu räumen, sobald sich Chilperich aus der Umgebung von Tours zurückgezogen und die Städte aus der Morgengabe an seine Bevollmächtigten übergeben hatte.
Wittiges war froh über diese Entscheidung und den Frieden, den sie brachte. Endlich durfte er sich für einen langen Sommer nur seinen Gütern widmen. Er brachte Felix das Reiten bei, schlief so oft wie nur möglich mit Aletha, die aber dennoch nicht schwanger wurde, legte bessere Wege zwischen den Dörfern an und genoss die ländliche Ruhe. Bellas älteres Fohlen hatte sich zu einer ausdauernden, leicht lenkbaren Stute ausgewachsen und zeigte die erstaunliche Eigenschaft ihres Vaters: den Passgang oder Tölt. Wittiges war gespannt, wie sich der kleine Hengst entwickeln würde.
Die Ernte sollte die üppigste werden, die er bisher erzielt hatte, und so musste er zusätzliche Scheunen bauen oder die alten erweitern. Alexander richtete neue Räume her und sonderte sich immer mehr ab. Seit seiner Freilassung war er bei Hof nicht mehr als Sänger aufgetreten, das gehörte, wie er einmal knapp erklärte, zu seinem Sklavendasein, und das war nun vorbei. Wittiges vermutete, das Alexander nicht wusste, was er nun mit sich und seinem Leben anfangen sollte. Das musste er selbst herausfinden, er konnte und wollte ihm dabei nicht helfen.
Im Sommer gab Wittiges ein großes Fest für alle Dörfler und den Nachbarn Theodo samt Gesinde und Familie. Er erlaubte sich sogar, Sigibert und Brunichild dazu einzuladen, rechnete aber nicht mit den beiden.
Am frühen Nachmittag näherte sich ein prächtiger Reisekarren, begleitet von einer großen Reiterschar Casa alba . Ein Dorfjunge, der geholfen hatte, Fässer mit Bier in den hinteren Garten zu rollen, wo für das Gesinde lange Tische unter den Obstbäumen aufgestellt worden waren, überbrachte Wittiges die Nachricht, dass sich Fremde dem Gut näherten. Wittiges kam gerade zurecht, um Sigibert und sein Gefolge zu begrüßen. Gogo, Lupus, alle waren gekommen. Angesichts seiner hohen Gäste wurden Wittiges die Knie ein wenig weich.
„Schön ist es hier.“ Sigibert sah sich staunend um, dabei standen sie noch im Stallhof. „Ich habe dein Land gesehen. Prächtige Wiesen mit hohem Gras, gesundes Vieh, das Korn auf den Äckern
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