Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
bisherigen Herrn los, boten Sigibert den Treueid an und die Krone von Neustrien.
Die ganze Stadt jubelte ihm zu.
Es gab eine großartige Siegesfeier, auf dessen Höhepunkt die Huldigungseide geleistet wurden.
„Wird Guntram das hinnehmen?“, wandte sich Wittiges an Priscus. Sie standen am Rand eines großen Platzes und sahen der Zeremonie zu. Priscus wirkte angespannt.
„Ein König kann nicht einfach abgesetzt werden. Es gibt bindende Gesetze, die das verbieten. Sigibert sollte es sich gut überlegen, ob er diese Krone annimmt und sich damit außerhalb des Gesetzes stellt, das auch seine ererbte Krone schützt. Noch lebt der rechtmäßige König von Neustrien.“
„Aber sicher nicht mehr lange.“ Herzog Lupus und sein Bruder Magnulfus traten zu ihnen. „Ich wette, in spätestens zwei Wochen ist Chilperich tot. Also macht euch keine unnötigen Gedanken über Nachfolgeregelungen. Wir löschen ihn und seine gesamte Brut aus.“
Wittiges sah sich nach Priscus um, weil er hören wollte, was er dazu zu sagen hatte, aber er war verschwunden.
„Da ist Brunichild. Sigibert hat sie nach Paris kommen lassen.“ Magnulfus stieß ihn an. „Sie sieht großartig aus. Was ist diese Hure Fredegund schon gegen unsere Königin?“
Brunichild ließ sich auf die flache Empore hinaufhelfen, die in aller Eile für die Huldigungszeremonie errichtet worden war. Sie sah sehr stolz, sehr königlich aus. Nun wird sie bald erhalten, was sie so heiß begehrt, dachte Wittiges voller Unbehagen: Chilperichs Kopf.
Fredegund kam langsam wieder zu sich. Sie hatte geschlafen, sie war noch erschöpft von der Geburt. Das Kind hatte man ihr in den Arm gelegt. Ein hübscher Junge mit einem dichten Schopf heller Haare. Ein todgeweihtes Kind. Wie gern hätte sie es aufwachsen sehen.
„Wir müssen ihn heute noch taufen lassen“, murmelte sie und wiederholte das Gesagte lauter, um den Mann am Fenster auf sich aufmerksam zu machen.
Chilperich wandte sich vom Fenster ab, wo er blicklos in die Dunkelheit nach draußen gestarrt hatte. Langsam trat er ans Bett und ließ sich auf die Kante sinken. Auch er betrachtete das Kind, seinen jüngsten Sohn. „Taufen, ja“, murmelte er. „Auf welchen Namen?“
„Einen Königsnamen. Er soll nach deinem Vater Chlotar heißen“, schlug Fredegund mit einem Anflug ihres alten Kampfgeistes vor.
„Einverstanden.“ Chilperich nickte ergeben. Er wusste, dass er geschlagen war, dass es keine Hoffnung auf Rettung gab. Ein mutiger Späher hatte ihm berichtet, was in Paris vor sich ging. Dass alles verloren war, dass niemand mehr auf ihn zählte, dass ihn alle verlassen hatten bis auf ein Häuflein Getreuer. Ein geschlagener König war kein König mehr. Das war ein altes Gesetz, nirgendwo schriftlich festgehalten, aber dennoch gültig. Das Königsgesetz schlechthin.
„Und dann schneidest du ihm die Kehle durch oder schlägst ihm den Schädel ein. Er wird nicht viel merken“, flüsterte Fredegund.
Chilperich zuckte zusammen. „Was sagst du da?“
Fredegund richtete sich halb auf und drückte das Kind an sich, das leise greinend nach ihrer Brust suchte. Bereitwillig öffnete sie ihr Hemd und legte den Kleinen an. Er trank selig. „Ich will nicht, dass er unseren Feinden in die Hände fällt und sie ihn zu Tode martern. Den Gedanken ertrage ich nicht. Deshalb musst du ihn töten. Morgen, nach der Taufe.“
Chilperich schlug die Hände vors Gesicht. „Das kann ich nicht.“
„Dann muss ich es selbst tun. Du lässt mir keine Wahl“, flüsterte Fredegund kaum hörbar, die Stimme versagte ihr vor Kummer. Es war so widersinnig, so teuflisch, auch nur daran zu denken, dieses unschuldige, neugeborene Kind zu töten. Zu töten, um es vor größeren Qualen zu bewahren. Ein Kind, das sie neun lange Monate in ihrem Leib getragen hatte. Zwei Söhne hatte sie durch tückische Kinderkrankheiten verloren. Sie wollte dieses Kind nicht hergeben, es zerriss ihr das Herz, auch nur daran denken zu müssen.
„Hast du ein Messer da? Gib es mir. Ich muss es jetzt tun, sonst habe ich nicht mehr die Kraft dazu.“
Chilperich stand auf. „Nein, warte. Du hast gesagt, erst die Taufe.“
Sie sah zu ihm auf. „Dann wirst du ihn nach der Taufe töten?“
Chilperich nickte wie unter Zwang. „Ich lasse ihn nicht lebend in die Hände unserer Feinde fallen, das verspreche ich dir.“ Er kniete am Bett nieder. „Ich schwöre es beim Blute Christi.“
Schwerfällig kam er auf die Füße und verließ das Zimmer. Die Burg von
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