Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
wurden immer noch gefangen gehalten, niemand wusste, wo sie sich befanden.
Wittiges lächelte, als er das hörte.
Aletha brach nicht in lauten Jubel aus, nur eine stille Freude erhellte ihr Gesicht, als sie sich in seine Arme schmiegte. Etwas an ihr war anders. Ihr Körper fühlte sich ungewohnt weich an, ihr Blick sandte ihm eine Botschaft, die er erst noch entschlüsseln musste. Am liebsten hätte er sich mit seiner Frau zurückgezogen, aber da waren ja noch die anderen, die begrüßt werden wollten. Felix umarmte ihn stürmisch und wollte gar nicht mehr von ihm lassen.
Viola hinkte ein wenig, war aber wohlauf. Nach und nach versammelten sich alle, die vom Gesinde noch übrig waren. Cniva kam mit seinem einzigen überlebenden Knecht und freute sich sichtlich. Er hatte sogar Tränen in den Augen. Später setzte sich Wittiges zu ihm.
„Ich glaube, ich habe mich nie richtig bei dir bedankt. Mit deiner Weitsicht hast du meine Familie gerettet. Und ich muss dir Abbitte leisten, weil ich nicht erkannt habe, wie recht du hattest. Du glaubst nicht, wie oft ich mich während meiner Gefangenschaft verflucht habe, weil ich dich damals daran hinderte, das Haus zu befestigen.“
Cniva legte ihm die Hand auf den Arm. „Du hast nur getan, was du für richtig gehalten hast. Ich kann dir keinen Vorwurf machen.“ Cniva trug ihm nichts nach, weder sein Misstrauen, noch seine verächtliche Haltung ihm gegenüber, und daran erkannte Wittiges, dass er in dem alten Mann stets einen Freund gehabt hatte, während er sich von Priscus’ Freundlichkeit hatte täuschen lassen. Mit meiner Menschenkenntnis, dachte er reuevoll, ist es nicht weit her. „Könnte ich meine Dummheit nur wieder gut machen! Aber dazu fehlen mir alle Mittel.“ Er hatte sofort gesehen, dass kaum etwas von den Schäden, die Chilperichs Horden angerichtet hatten, beseitigt worden war. Aletha und die anderen hatten lediglich aufgeräumt. Es fehlte an vielem, und der nächste Winter konnte gut und gern in eine Katastrophe führen.
Tief in Gedanken versunken, sah er jemanden in den Hof hinken. Wittiges musste zweimal hinschauen, bis er den Jungen erkannte. Es war Chramm, Ingomers kleiner Bruder. „Was suchst du hier?“
Chramm sah zu Boden, und Pontus antwortete für ihn.
„Er kam eines Tages zu uns. Am Hof duldete man ihn nicht mehr, und er wusste nicht, wohin.“
„Verstehe.“
Der Bruder eines Königsmörders. Wahrscheinlich konnte er noch von Glück sagen, dass man ihn nicht umgebracht hatte. Wittiges war versucht, ihn sofort aus dem Haus zu weisen, schließlich war er selbst Zeuge gewesen, wie Ingomer König Sigibert erstochen hatte. Im Hof war es still geworden. Alle warteten darauf, dass er über das Schicksal dieses Jungen entschied. Er zögerte.
„Ich glaube, ich packe lieber meine Sachen zusammen und verschwinde. Ich möchte deine Leute nicht in Schwierigkeiten bringen. Ich hätte gar nicht herkommen dürfen“, sagte Chramm auf einmal spröde. Schwerfällig hinkte er zum Ausgang.
Wie alt war er jetzt? Wittiges rechnete. Vierzehn, fünfzehn? Jünger als er jedenfalls, als er von seinem Bruder verstoßen worden war. Die Erinnerung an die Verlassenheit von damals überkam ihn wieder und dann erinnerte er sich daran, wie Chramm im rechten Augenblick aufgetaucht war und ihn dadurch unwissentlich vor dem tödlichen Angriff seines Bruders bewahrt hatte.
„Chramm?“
Der Junge blieb stehen.
„Würdest du gern hier bleiben?“
„Ob ich gern...“ In Chramms Augen standen Tränen, er blinzelte heftig.
„Würdest du mir einen Leudeseid schwören?“
Chramm kam zurückgehinkt und ließ sich auf ein Knie nieder. „Ich würde dir jeden Eid schwören und ...“
„Ich bin sicher, du wirst ihn halten.“ Wittiges hatte die Hände des Jungen ergriffen, legte sie zusammen und barg sie in seinen. Stammelnd leistete Chramm seinen Eid. Danach ließ ihn Wittiges aber noch nicht aufstehen.
„Und was tätest du hier am liebsten? Gibt es etwas, womit du dich besonders gern beschäftigst?“
Über Chramms Gesicht breitete sich ein seliges Lächeln aus. „Darf ich mich um die Pferde kümmern? Die Falben?“
So hießen die Nachkommen von Bauto und Bella. Es gab ein neues Fohlen, das erste der nächsten Generation, und es ließ sich vielversprechend an. Eine neue Pferderasse, die diesen besonderen Gang hatte, den Tölt.
„Aber ja, um diese und die anderen Pferde. Aus dir wird mein Stallmeister. - In einigen Jahren, wenn du dich bewährt hast.“
Pontus
Weitere Kostenlose Bücher