Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
gegeben hatte, immer bei sich, zusätzlich zu dem, der die wenigen Solidi enthielt, die ihm selbst gehörten.
„Das Geld von Cniva. Meinst du nicht, dass fünfzig Solidi für ein Pferd reichen?“
„ Fünfzig Solidi für ein Pferd? Du bist nicht bei Trost! Aber heißt das, du willst dein eigenes Geld opfern?“, fragte Wittiges erstaunt.
„Vielleicht hast du nicht genug, um ein ganzes Pferd zu bezahlen. Sagen wir, dein Geld reicht für ein Viertel. Aber mit einem Viertelpferd wird sich die Pestbeule Falco nicht zufrieden geben. Bleiben drei Viertel, die ich beisteuern muss.“
„Findest du es richtig, dich mit deiner Rechnerei in Viertelpferden über mich lustig zu machen?“, fragte Wittiges halb gereizt, halb belustigt.
„Ich will damit sagen, dass wir die Sache gemeinsam durchstehen werden, selbst wenn wir danach ärmer als Kirchenmäuse sein sollten. Aber das macht mir weniger Sorgen als dir. Ich wüsste nach wie vor gern, wo meine Schriftrollen geblieben sind. Du hast immer noch keine Ahnung?“
Die hatte Wittiges inzwischen sehr wohl, hütete sich aber, sie preiszugeben. Mittlerweile war er zu der Erkenntnis gekommen, dass sein Gepäcksack durchsucht worden war, und zwar gleich am ersten Abend der Reise, daher die Unordnung damals. In den Sack hatte er in der Hast vor dem Aufbruch die verschwundenen Papiere gesteckt. Nur sein eigenes Schreiben, das ihn Brunichilds Eskorte zuteilte, hatte er einen Tag später eingerollt in eine seiner Tuniken vorgefunden, wusste aber, es nicht so verwahrt zu haben. Ganz sicher war er, dass Alexanders Truhe ebenfalls durchsucht worden war. Nur zu dem Zweck war sie für einen Tag abhanden gekommen. Jemand spionierte ihnen nach.
Bei der Einfahrt in den Hafen überließ Wittiges die Versorgung des kranken Fohlens einem Knecht und stellte sich neben Alexander an die Reling, um einen Blick auf Marseille zu werfen. Dort würde er also zum ersten Mal gänzlich fremden Boden betreten. Eine andere Welt mit eigenen Gesetzen erwartete ihn, eine Aussicht, die ihn mit vager Sorge erfüllte.
„Da liegt unsere Zukunft“, murmelte Alexander, als ob er Wittiges’ Gedanken gelesen hätte. „Bestimmt eine gute“, fuhr er zuversichtlich fort. „Hoffentlich bleiben wir eine Weile in Marseille und reisen nicht gleich weiter.“ Die Verfärbungen in seinem Gesicht waren fast völlig verschwunden und die frische Farbe zeigte, dass es ihm wesentlich besser ging.
„Warum? Hoffst du, neue Instrumente kaufen zu können?“
Ein Schatten glitt über Alexanders Miene. „Nein“, antwortete er leise. „Aber ich will mich auf den Märkten umsehen. Diese Stadt ist ein Wunder. Du findest dort jeden Luxusartikel, den du dir nur wünschen kannst. Vielleicht ergibt sich eine günstige Gelegenheit für dieses oder jenes Geschäft. Wie viel Geld haben wir?“
Marseille war der Haupthafen für den Handel der Franken mit den Mittelmeerländern. Syrische und griechische Fernhändler lieferten Waren von unvorstellbarem Wert, die von hier aus in alle Provinzen gelangten. Das alles wusste Wittiges von Priscus, aber es kümmerte ihn wenig. Vom Handel verstand er nichts. Alexanders Begeisterung belustigte ihn eher.
„Was hast du vor? Du hast keine Ahnung von der großen, weiten Welt. Warum sollte ich dir mein Geld anvertrauen? Du bist bloß ein Sklave, noch dazu ein Musiker. Kein Schreiber oder Verwalter, geschweige denn Händler.“
„Ich kann sehr gut rechnen, und ich wette darauf, dass ich besser mit Geld umzugehen weiß als du bäurischer Hinterwäldler. Du verstehst nur etwas von Pferden. Also, vertraust du mir das Geld an oder nicht?“
„Denk an Falcos Forderung“, mahnte Wittiges unbehaglich.
„Darum kümmern wir uns, wenn es so weit ist“, entgegnete Alexander mit einem jungenhaften Grinsen.
Bei der Ausschiffung übernahm er das Gepäck, während Wittiges mit den Pferden beschäftigt war. In Marseille wurde die Reisegesellschaft auf verschiedene Quartiere verteilt. Wittiges und Alexander sollten in den Nebengebäuden des Palastes Unterschlupf finden, in dem auch Brunichild wohnen würde.
Wittiges hatte den ganzen Tag mit den Pferden zu tun. Am Abend kümmerte er sich um das Fohlen und blieb bei ihm. Es hatte eine schlechte Nacht, atmete mühsamer und kam nicht mehr auf die Beine, obwohl sich Wittiges Kräuter beschafft hatte, die magische Heilkräfte besaßen. Leider kannte er keine brauchbare Beschwörungsformel, um die Kräfte wachzurufen. So sorgte er wenigstens für heiße
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