Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
Dämpfe, angereichert mit Baldrian-, Lavendel- und Pinienduft, die die Qualen des Tieres ein bisschen linderten.
Früh am Morgen schaute Alexander kurz herein, äußerte sein Mitgefühl und luchste dem von der Nachtwache erschöpften Wittiges so gut wie alles Geld ab. Im Augenblick war es diesem gleichgültig, was Alexander damit anstellte.
4
Am späten Vormittag des zweiten Tages in Marseille begrüßte Brunichild den ehrwürdigen Bischof, der mit zwei Priestern ihr Gemach betreten hatte, mit einer höflichen Verneigung. Als er ihr aber die Hand hinhielt, kniete sie nicht nieder, um den Ring zu küssen. Sie übersah die Geste und kehrte zu ihrem Stuhl zurück.
Unwillig presste Bischof Gundoin die Lippen zusammen. Von der Aufsässigkeit der Prinzessin hatte ihm Vater Remigius bereits berichtet. Aber dass sie sich auch von der bischöflichen Autorität nicht einschüchtern ließ, überraschte ihn. Umständlich nahm er auf einem Armlehnstuhl Platz. Seine Begleiter, einer davon Vater Remigius, mussten stehen.
„Wie ich höre, weigerst du dich beharrlich, der wahren Kirche beizutreten ...“, begann Gundoin in leicht vorwurfsvollem Ton.
„Der römischen Kirche“, stellte Brunichild unbeeindruckt richtig.
Eine Zornesfalte erschien auf Gundoins Stirn. „Du hast mich unterbrochen!“
„Entschuldige“, erwiderte Brunichild höflich. „Ich wollte es nicht an Respekt fehlen lassen, aber ich möchte die Dinge beim richtigen Namen genannt wissen. Vater Remigius hat sich die Mühe gemacht, mir die Unterschiede unserer Bekenntnisse zu erläutern. Dazu möchte ich Folgendes sagen: Der Glaube gibt mir Kraft, Halt und Trost, ich würde ihn niemals verleugnen. Und ich glaube an Gott, den Vater, und Jesus Christus, seinen Sohn. Das ist alles, was mir wichtig ist.“
„Das ist zu wenig. Der Arianismus ist eine Irrlehre!“, fuhr Gundoin heftiger auf, als ihm lieb war. „Er leugnet die wahre Natur Christi. Du brauchst dringend Unterweisung, Tochter“, fuhr er gemäßigter fort.
Brunichild empörte die Anrede „Tochter“. Da sie kein Kind der römischen Kirche war, durfte sie der Bischof nicht als solches vereinnahmen. „Ich hatte genügend Unterweisung, denn mein Vater legte den größten Wert darauf. Auch meine Mutter ist eine gute, fromme Christin. Was meine Belehrung im Einzelnen betrifft, möchte ich auf die Bibel des Bischofs Wulfila verweisen, die ich gründlich studiert habe. Wulfila übersetzte, wie du weißt, die Heilige Schrift für uns ins Gotische.“
„Wulfila bezog keine klare Position zur Natur Christi.“ Entsetzt hielt Gundoin inne. Jetzt ließ er sich doch tatsächlich mit dieser Sechzehnjährigen auf eine theologische Diskussion ein! „Du hast selbst gerade gesagt, dass dir die Einzelheiten des christlichen Bekenntnisses nicht wichtig sind. Was hindert dich dann am Übertritt?“
Brunichild lächelte unmerklich. „Träte ich zu deinem Glauben über, würde ich das Band zwischen mir und meinem Vater Athanagild zerschneiden.“
„Du wirst fränkische Königin sein, und die Franken gehören der wahren ...“ Gundoin hüstelte, „... bekennen sich zur römischen Kirche.“
„Ich bin, die ich bin: Westgotin und Angehörige des königlichen Hauses. Nie werde ich meine Herkunft verleugnen. Alles andere kann nur dazukommen, aber nicht das Alte verdrängen oder ersetzen.“ Sie sprach ruhig und bestimmt, und zeigte nicht die geringste Unsicherheit. „Es tut mir leid, wenn du die Reise meinetwegen auf dich genommen hast. Deine Diözese ist Toul, hat man mir berichtet.“ Sie hatte nicht die geringste Absicht, sich von diesem Mann zu etwas zwingen zu lassen. Als fränkische Königin würde sie dem Bündnis zwischen Westgoten und Franken dienen, aber sich nicht von vornherein durch ein Bekenntnis unterjochen lassen, zu dem sie nicht gewillt war. Von ihrem Vater wusste sie, dass man Bischöfen nicht zu viel Macht einräumen durfte. Sie neigten dazu, immer mehr zu wollen.
„Ich nahm ganz in der Nähe an einem Konzil teil. Als König Guntram mich bat, dieses Gespräch mit dir zu führen, bin ich seiner Bitte natürlich gern nachgekommen. Es ist ihm wichtig, dass Einheit im Glauben besteht – sowohl im ganzen Frankenreich als auch in der königlichen Familie“, erklärte Gundoin.
Guntram war der zweitgeborene der vier Clothar-Söhne. Sein Reich war das südlichste der fränkischen Teilreiche und umfasste auch Burgund.
„So? Aber gerade in Burgund gehört wenigstens die Hälfte der Bevölkerung
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