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Der Geliebte

Titel: Der Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
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mitten durch den Hof verlaufende Rinne aus. Die anderen waren mit Schaufeln und Spitzhacken zugange. Obwohl es erst April war, brannte die Sonne ihnen erbarmungslos auf die verschwitzte Haut.
    »Wow!«, rief Bastian. »Mama, darf ich neben Louis sitzen?«
    »Nein, ihr bleibt jetzt lieber mal drinnen. Das ist gefährlich.«
    Bastian bedachte mich mit einem überheblichen Blick. »Du findest immer alles gefährlich. Ich bin doch kein Baby mehr.«
    »Ich möchte trotzdem gern, dass ihr drinnen bleibt.«
    »Aber Mama«, kam Isabelle ihrem Bruder zu Hilfe, »es ist so schönes Wetter! Wir waren schon den ganzen Tag drinnen!«
    »Ich schneide etwas Obst für euch, und einen Lolly gibt es auch. Dann setzt ihr euch vor den Fernseher, und nachher, wenn die Jungs weg sind, könnt ihr immer noch draußen spielen.«
    Isabelle verdrehte die Augen und stöhnte. »Das ist ja noch so ewig lang hin!«
    Wie Recht sie hatte. Und wie froh ich wäre, wenn wir die Sanierung erst hinter uns hätten und die Kinder überall frei herumlaufen könnten. In den ersten Monaten hatte ich sie immer vom Haus fernhalten müssen, und jetzt durften sie vorerst wieder nicht draußen spielen. Sie taten mir leid. Nicht nur in der Schule mussten sie sich ständig an irgendwelche Regeln halten, sondern auch hier.
    »Wisst ihr, was wir dieses Wochenende machen?«, fragte ich mit gespielter Fröhlichkeit. Ich fasste die Kinder an den Händen und dirigierte sie zwischen den Sandhaufen hindurch zur Haustür.
    »Öfen angucken, Gardinen aussuchen, in blöde Läden gehen«, vermutete Bastian resigniert.
    Er wollte bestimmt nicht frech sein, sondern hatte einfach von allem genug. Nicht nur Eric und mir fielen diese letzten zwei Wochen schwer.
    »Nein, wir fahren Kanu.«
    »Kanu? Was ist das?«
    »So ein schmales Boot, wie es die Indianer haben. Damit paddeln wir einen wilden Fluss hinunter. An lauter großen Felsen vorbei.«
    »Cool!«
     

46
     
    Michel würdigte mich keines Blickes.
    Er hatte mich nicht mal begrüßt.
    Er ignorierte mich vollständig.
    Neben seiner linken Braue prangte ein violetter Fleck, das Auge war teilweise zugeschwollen. Auf der Wange sah man die Fäden einer Wundnaht. Tiefe, dunkelrote Schrammen zierten die Handoberfläche seiner Rechten, und er hatte eine dicke Nase. Mechanisch schaufelte er das Essen in sich hinein. Fragen über die Prügelei und seinen Aufenthalt in der Zelle beantwortete er nur mit Ja oder Nein. Er war zum Arbeiten hier und basta.
    Ein dumpfer Schmerz stand in seinen Augen. Am liebsten hätte ich ihn in die Arme genommen, aber das durfte ich mir nicht anmerken lassen.
    Eines war mir mittlerweile allerdings schmerzhaft deutlich geworden: Michel war wütend. Wütend und enttäuscht.
    Und das hatte mit mir zu tun.
    Was, wenn Peter nicht die Wahrheit gesagt hatte, als er mir auf so charmante Art und Weise mitgeteilt hatte, Michel könne »seinen Schwanz einfach nicht im Zaum halten«? Wenn die Gefühle, die Michel mir entgegenbrachte, doch aufrichtig waren? Vielleicht war er aber auch bloß in seiner Männlichkeit gekränkt, weil ich ihn zurückgewiesen hatte.
    Rundheraus fragen konnte ich ihn nicht, schon weil es mir nicht gelingen würde, ihn von den anderen loszueisen. Den ganzen Vormittag über mied er mich wie die Pest. Ich konnte natürlich Freitagabend nach dem Einkaufen zu ihm nach Hause fahren. Aber was dann?
    Bei Worten allein würde es dann nicht bleiben. Dafür gab mir mein Körper allzu deutliche Signale. Ich spürte ein Kribbeln im ganzen Leib, als könnte mein Körper es kaum erwarten, dass ich mich endlich auf ihn stürzte. Seine Wunden leckte. Seine Schmerzen linderte.
    Wenn ich Michel zu Hause aufsuchte, führte ich mich selbst in Versuchung.
    Ich sah zu Eric hinüber und auch zu Isabelle und Bastian, die, weil heute Mittwoch war, mittags zu Hause waren und mitaßen. Dann wanderte mein Blick zu Peter, der anscheinend von Michels Sturköpfigkeit alarmiert war und ihn scharf im Auge behielt. Ich wusste, was ich tun musste: durchhalten. Nur noch eine Weile, dann würde ich ihn nie wiedersehen.
    »Eric, hast du heute Abend schon etwas vor?«, fragte Peter plötzlich.
    »Nichts Besonderes … wieso?«
    »Bei mir kommen heute Abend ein paar Geschäftsfreunde vorbei. Es geht um die Hütten. Das Ganze nimmt allmählich Gestalt an, die Entwürfe sind abgesegnet … Ich hab mich gefragt, ob du auch vorbeischauen willst.«
    Ich erstarrte und heftete den Blick auf Eric. Er erwiderte ihn nicht.
    »Gern«, sagte er

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