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Der Geliebte

Titel: Der Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
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undeutlich an den kurzen Anruf damals. Es war der Abend gewesen, als Eric und ich uns so heftig gestritten hatten. »Hör auf, so schnell zu reden« hatte ich sagen wollen, den Satz aber nicht zu Ende geführt, weil plötzlich Eric zur Tür hereingekommen war und ich panisch den Hörer auf die Gabel geknallt hatte. Michel hatte das offenbar als Zurückweisung aufgefasst.
    Noch einmal wurde nach ihm gerufen. Michel kümmerte sich nicht darum. Unverwandt sah er mich an, forschend. Das Schweigen, das zwischen uns im Raum hing, war fast schon mit den Händen zu greifen. »Wegen der Kinder?«, fragte er leise.
    Mit Mühe kämpfte ich dagegen an, dass meine Stimme brach. »Auch.«
    »Wegen Eric?«
    »Ja.«
    Er schnaubte leise. Blickte scheu durchs Fenster. Der Lärm der schweren Maschinen im Hof hatte nicht nachgelassen.
    Dann nickte er mehrmals und biss sich auf die Unterlippe. »Okay. Okay.« Er fuhr sich durchs Haar. » Putain «, murmelte er.
    Es war noch gar nicht so lang her, dass Louis mir ein paar französische Ausdrücke beigebracht hatte, die im Standardwörterbuch nicht verzeichnet waren. Putain bedeutete unter anderem Hure, aber das Wort war auch als unspezifischer Kraftausdruck im Umlauf. Wenn man von etwas die Nase voll hatte, sich versehentlich mit dem Hammer auf den Daumen schlug oder bei einer Sache nicht weiterwusste, fluchte man: putain !
    »Michel!«
    Michel sah auf und nahm dann die Flaschen von der Spüle. Ihrem Gewicht zum Trotz hielt er sie anscheinend mühelos beide mit einer Hand, die Flaschenhälse zwischen die Finger geklemmt.
    Im Türrahmen drehte er sich noch einmal um. »Bist du dir sicher?«
    Ich nickte und sah zu Boden. Ihn anzusehen brachte ich nicht fertig. »Tut mir leid.«
     

45
     
    Am nächsten Tag war Michel nicht da. Beim Essen erfuhr ich, warum.
    Während er mit offenem Mund meine Tagliatelle mit Speck vertilgte, schilderte Bruno in allen Einzelheiten und lebhaft gestikulierend, dass Michel gestern Abend völlig durchgedreht sei. Auf seinen Vorschlag hin waren sie noch zusammen in eine Kneipe gegangen. Michel hatte sich betrunken und dann einen Streit vom Zaun gebrochen. Die Nacht hatte er in einer Zelle auf der Polizeiwache verbracht.
    Bruno strahlte förmlich, als er das erzählte, er fand das Ganze unglaublich witzig.
    Peter rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. »Hat jemand Anzeige erstattet?«
    »Nein«, sagte Bruno, »der Typ, der es abgekriegt hat, war selbst ziemlich neben der Kappe … War voll komisch, Mann!«
    Über den Tisch hinweg sah Eric mich an. Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte.
    »Ist er jetzt zu Hause?«, fragte Peter.
    »Ja. Um sieben haben sie ihn auf freien Fuß gesetzt, und er hat mich angerufen. Ich hab ihn abgeholt und in die Heia gebracht.«
    Peter schlug einen autoritären Tonfall an: »Mir hat er am Telefon gesagt, er wäre krank.«
    »Das ist er auch. Er war aschfahl im Gesicht, Mann, Alkoholvergiftung oder so, ich sag’s dir. War voll komisch.«
    Peter ignorierte Brunos Gekicher, holte sein Handy aus der Tasche, wählte und ging nach draußen.
     
    »Wie geht es ihm?«, fragte Eric, als Peter sich wieder an den Tisch setzte.
    »Es geht wohl so halbwegs. Morgen kommt er wieder.«
    »Ist irgendwas mit ihm? Hat er Probleme?«
    Peter zuckte die Achseln. »Wer hat die nicht.«
    Schweigend widmeten wir uns wieder dem Essen auf unseren Tellern.
     
    Bastian und Isabelle saßen auf der Rückbank. In einem fort erzählten sie, was in der Schule alles passiert war. Ich gab mir die größte Mühe, Interesse zu bekunden, aber als wir schließlich zu Hause ankamen, hatte ich ihre Geschichten nicht mal in groben Zügen behalten.
    Michel war durchgedreht und hatte die Nacht in einer Zelle verbracht.
    Meinetwegen? Oder kam es öfter vor, dass er sich betrank und aggressiv wurde? Das konnte ich mir kaum vorstellen. Obwohl Peter so was ja schon angedeutet hatte: Bevor Michel angefangen hatte, für ihn zu arbeiten, hatte er anscheinend ein ziemlich zügelloses Leben geführt.
    Woran sollte ich mich nun halten? An Peters Worte oder an meine eigene, möglicherweise nicht besonders objektive Wahrnehmung? Wahrscheinlich lag die Wahrheit irgendwo in der Mitte.
    Bastian machte große Augen, als sein Blick auf die riesigen Sandberge bei uns im Hof fiel. Es sah hier wahrlich aus wie auf einem Schlachtfeld. Nicht ein einziger Grashalm hatte die Verwüstung überlebt. Mit einer selbst gedrehten Zigarette im Mundwinkel saß Louis in einem kleinen Bagger und hob eine

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